Heute vor 60 Jahren fand das Leben von Josef Wissarionowitsch Stalin ein unfreiwilliges Ende.
Wollte man alle Unwahrheiten korrigieren, die über Stalin geschrieben wurden, so würde ein Menschenleben nicht ausreichen. Das Bild, welches die Gegner des Kommunismus zu zeichnen versuchen, ist das eines despotischen Herrschers, eines roten Zaren, der mit ganzer Machtfülle über Menschenleben bestimmte.
Dieses Bild könnte nicht verkehrter sein. Eine Richtigstellung kann nur in Schritten möglich sein.
Deshalb können hier nur kleine Schlaglichter auf Stalins Verhalten geworfen werden.
Grundlage ist der Briefverkehr zwischen Molotow und Stalin. Molotow war unter anderem Außenminister der Sowjetunion und ein Weggefährte von Stalin. Er übergab die Briefe 1969 dem Zentralen Parteiarchiv. Erst mit Öffnung der Archive gelangten die Papiere Anfang der 90er Jahre an die Öffentlichkeit und sind auf Deutsch im Siedler Verlag 1996 erschienen.
Da diese Briefe absolut vertraulich waren geben sie einen ungeschminkten Einblick.
Wie wichtig Stalin die internationale Solidarität war belegt ein Brief Stalins an Molotow vom 27.08.1926. Darin schreibt er unter anderem:
„In den nächsten Tagen wird wohl eine Delegation der britischen Kohlekumpel in der UdSSR eintreffen, wenn sie nicht schon angekommen ist. Man muss sie empfangen, ‚wie es sich gehört‘, und für die Kohlekumpel so viel Geld wie möglich sammeln. (…) Die Lage in England ist ernst und verpflichtet uns zu ernsten ‚Opfern’“.
In einem Brief vom 30.08.1926 regt Stalin Neuerungen in den Gewerkschaften an:
„Meinst du nicht, es wäre zweckmäßig, in der Praxis der Gewerkschaften das ‚System‘ oder die ‚Einrichtung‘ eines Aktivs der Gewerkschaft oder vielleicht der verschiedenen Branchengewerkschaften einzuführen? Wenn ein solches System noch nicht eingeführt ist, dann sollte man es tun, denn es könnte dazu beitragen, neue Leute zu fördern, die Gewerkschaften näher an die Produktion heranzubringen und sie überhaupt zu beleben. Es wäre aber notwendig, dass dieses Aktiv (in den Textil-, Erdöl-, Kohlegewerkschaften usw.) breit angelegt ist, dass es nicht nur aus Gewerkschaftsbeamten besteht und auch nicht nur aus Parteimitgliedern, sondern auch aus Parteilosen (etwa 50 zu 50 Prozent) usw. Was hältst du davon?“
Im Brief vom 16.09.1926 wird deutlich dass Stalins Sparmaßnahmen in der Sowjetunion gänzlich anders verlaufen als bei uns:
„Was die Planzahlen betrifft, so denke ich, man muss jetzt Druck machen und unbedingt die Stellenpläne der Volkskommissariate und der selbstfinanzierten Organe von oben kürzen. Sonst werden die Debatten über Einsparungen hohles Geschwätz bleiben. Der Anteil der Industrie muss unbedingt erhöht werden.“
Der Brief vom 2.09.1930 behandelt unter anderem Umstrukturierungen in ländlichen Gebieten:
„Ich halte es nicht für richtig, das neue Statut der Siedlungsgenossenschaften so feierlich herauszugeben und darüber solchen Rummel in der Presse zu veranstalten. Man hat den Eindruck, dass die Losung: ‚Hinein in die Siedlungsgenossenschaften!‘ der Losung ‚Hinein in die Kolchosen!‘ entgegengesetzt wird. Es ist die Illusion entstanden, wir bliesen zum Rückzug von dem Aufruf: ‚Für die Kolchosen!‘ zu dem Aufruf ‚Für die Siedlungsgenossenschaften!‘. Ob man das nun in Moskau gewollt hat oder nicht, in der Praxis ist es dazu gekommen, dass die lebendige und siegreiche Losung ‚Für oder gegen die Kolchosen‘ durch die undefinierbare und künstliche Losung: ‚Für oder gegen die Siedlungsgenossenschaften‘ ersetzt wird. Und das alles jetzt, da wir es mit einem wachsenden Zustrom der Bauern zu den Kolchosen zu tun haben. Ich denke, dieser Versuch, uns in einem Augenblick des zunehmenden Aufschwungs der Kolchosbewegung zurück zu zerren, nur Verwirrung in die Köpfe tragen und den Zustrom zu den Kolchosen schwächen kann. Ich habe Dir dazu schon ein Telegramm geschickt. Vielleicht hätte ich keins schicken sollen, aber schelte mich nicht dafür: Ich dachte, je früher ich Dir meine Meinung mitteile, desto besser.“
Auch im Brief vom 22.09.1930 schreibt Stalin über Probleme in der Wirtschaft:
„Im Ural sieht es schlecht aus. Millionen Pud Erz lagern bei den Bergwerken und können nicht abtransportiert werden. Es fehlt an Schienen, um Zweigstrecken und Gleise für Betriebsbahnen zu legen. Das ist das ganze Problem. Warum können wir nicht den Neubau von Eisenbahnstrecken irgendwo in der Ukraine oder einem anderen Ort für ein Jahr einstellen und die frei werdenden 200 bis 300 Werst (1 Werst = 1,06 Km Anm. d.A.) Schienen unverzüglich dem Ural zur Verfügung stellen? Ich denke, so etwas könnte man tun. Das würde die Metallindustrie im Ural von der Abhängigkeit (einer verhängnisvollen Abhängigkeit!) von Pferd, Hafer und ähnlichen Idiotien befreien. Kannst du nicht darauf drängen?!“
Im Brief vom 28.09.1930 erörtert Stalin weitere Probleme:
„Hast Du meinen Brief vom 22.09. erhalten? Ich habe ihn über Jagoda geschickt. Dort habe ich u.a. über die Schaffung einer ‚Durchführungskommission‘ geschrieben. Ich denke, wenn Sergo sich aus irgendeinem Grund weigern sollte, Vorsitzender dieser Kommission zu werden, müsstest du diesen Posten übernehmen, und Sergo könnte dein Stellvertreter für die Durchführungskontrolle sein. Ich halte eine solche Kommission für absolut notwendig als Maßnahme für die Gesundung unserer Apparate und für den Kampf gegen den Bürokratismus, der uns förmlich auffrisst.
Die ‚Durchführungskommission‘ ist aber nur eine SEITE der Sache; ihre Spitze zielt vor allem gegen den Bürokratismus in unseren Apparaten. Um die Sache unseres Aufbaus richtig auf den Weg zu bringen, müssen wir noch eine ANDERE Seite der Sache anpacken.
Ich spreche von der ‚Fluktuation‘ in den Betrieben, von den ‚Zugvögeln‘ (häufig wechselnde Arbeitsstellen Anm. d.A.) , von der Arbeitsdisziplin, vom Rückgang der Stammarbeiter, vom sozialistischen Wettbewerb und der Bewegung der Stoßarbeiter, von der Organisation der Arbeiterversorgung. Gegenwärtig sieht es so aus, dass einige Arbeiter ehrlich und nach dem Wettbewerbsprinzip arbeiten; andere aber (die Mehrheit) arbeiten liederlich und ‚flattern‘ von Betrieb zu Betrieb; sie sind aber genauso (wenn nicht sogar besser) versorgt wie die ersteren, nutzen die gleichen Privilegien, was Urlaub, Sanatoriumsaufenthalte, Versicherungen usw. betrifft. Ist das nicht eine Schande? So kann man doch jede reale Basis für sozialistischen Wettbewerb und Stoßarbeit untergraben! Zusätzlich zu diesem Unfug reißen wir auch noch alle Arbeiter, die nur irgendwie Initiative zeigen, aus der Produktion heraus (‚Beförderung!‘) und stecken sie in irgendwelche Kanzleien, wo sie in der ungewohnten Umgebung vor Langeweile umkommen; zugleich bauen wir aber damit den Facharbeiterstamm in der Produktion ab. Das heißt, wiederum untergraben wir die Basis des Wettbewerbs, indem wir seine Bataillone schwächen.
Diese Zustände weiter zu dulden hieße, gegen die Interessen des sozialistischen Aufbaus zu handeln. Was ist zu tun?“
Stalin führt hier auch Lösungsvorschläge an, doch deren Betrachtung sollte besser in eigenständigen Artikeln erfolgen. Die Briefe, die nie für die Öffentlichkeit bestimmt waren, geben einen Einblick in die Arbeitsweise der Führung des ersten sozialistischen Staates.
Die Lektüre dieser Briefe, wie auch der veröffentlichten Werke Stalins, die der Verlag Roter Morgen in 15 Bänden herausgegeben hat, ist nur zu empfehlen, um sich selbst ein Bild über den Genossen Stalin zu machen. Aus den Erfolgen und Fehlern gilt es zu lernen und dem Sozialismus, wie ihn Genosse Stalin anstrebte, zum Sieg zu verhelfen.
(J.T.)
Leserbrief:
Werte Genossen,
vielen Dank für die Zusendung aktueller AZ-Ausgaben!
Ich habe bereits reingelesen und bin begeistert von den umfangreichen Artikeln über Betrieb&Gewerkschaft wie auch zu Nordkorea.
Zum Stalinartikel: Sein Leben fand „ein unfreiwilliges Ende“?
Was hat es mit dieser Behauptung auf sich? Ferner halte ich die Intention des Artikels zwar für gut, halte es aber für höchst problematisch aufgrund von persönlichen Briefen Aussagen über die Arbeitsweise der damaligen Führung zu treffen. Denn diese sagen m. M. nach noch nichts über die tatsächliche Praxis – auch hinsichtlich der Methoden der Umsetzung – aus.
Den letzten Satz sehe ich auch kritisch:
Es sollte nicht zwingend einer konkreten Sozialismusvorstellung einer Person zum Sieg verholfen werden, sondern vielmehr sollte ein nach den Vorstellungen der Volksmassen erbauter Sozialismus erstrebt werden, ein Sozialismus, welcher das Ergebnis eines langen Klassenkampfes ist und nicht ein in das Ideal einer Person gepresstes Modell. Außerdem bin ich nicht der Meinung, dass die Entartung des Sozialismus einzelnen Personen
(Chruschtschow usw.)zuzuschreiben ist, sondern dessen Ursache im (politischen) System selbst
zu suchen ist.
Zum letzten Artikel (S.16):
Hier verstehe ich nicht, warum definitiv *linke *Organisationen als „sogenannte „linke“ Organisationen“ bezeichnet werden. Außerdem: Ich persönlich halte Umweltpolitik nicht für einen obligatorischen Schwerpunkt von Arbeiterparteien.
Die Energiewende ist mit Preiserhöhungen und anderen volksfeindlichen Ergebnissen verbunden. Atomkraft ist nicht per se negativ! Auch im Sozialismus wurde sich der Atomenergie sinnvoll bemächtigt. Erneuerbare Energieträger sind z. T. nicht weniger problematisch (Silicium in Solaranlagen…).
Rote Grüße
AdR.
Antwort des Autors:
Lieber A.
Als Autor des Artikels zum 60. Todestag Stalins will ich gerne versuchen, dir eine Antwort zu geben.
Die Behauptung, dass Stalins Leben „ein unfreiwilliges Ende“ nahm, bedeutet, wie du richtig vermutest, dass er ermordet wurde.
Schon 1976 erschien im Possev Verlag und später als Taschenbuch im Ullstein Verlag das Buch „Das Rätsel um Stalins Tod“ von Awtorchanow. Mittlerweile gibt es unzählige Bücher zu diesem Thema, da durch die Öffnung der Archive natürlich nun viel mehr Material herangezogen werden kann. Allerdings ist die Forschung zum größten Teil in Russisch.
Das Beste ist immer, sich eine eigene Meinung zu bilden, und Dank des Internets wirst du viele Informationen finden und selber prüfen können, wie überzeugend sie für dich sind.
Es sei nur erwähnt, dass Wassilij Stalin, umgehend Berjia und seine Mitverschwörer, unter anderem Chruschtschow, Malenkow und Bulganin, beschuldigte, seinen Vater ermordet zu haben. Wassilij war immerhin Generalleutnant und befehligte die Luftstreitkräfte im Moskauer Militärbezirk. Er wurde dann, wie viele ehrliche Kommunisten, verhaftet und starb unter jämmerlichen Bedingungen im Gefängnis. Berjia selbst wurde daraufhin von Marshall Shukow arretiert, der dazu zwei Armeen einsetzen musste. Berjia wurde umgehend als Agent des englischen Geheimdienstes erschossen und sein Prozess fand posthum statt.
Diese Stichworte und die Tatsache, dass Chruschtschow drei Jahre später auf dem XX. Parteitag auch Stalins Politik beendete, zeigen mehr als deutlich, dass es reichliches Material gibt, was die Behauptung von Stalins „unfreiwilligem Ende“ untermauert.
Du fragst, ob persönliche Briefe überhaupt über eine Person Auskunft geben können, und stellst die Frage, ob die Umsetzung der Politik in der Praxis nicht kritischer gesehen werden muss.
Stalin gehört wohl zu den wenigen Staatsmännern über die so viele Biographien verfasst wurden. Jeder stellt ihn anders dar; also wo ist die Wahrheit zu finden? In seiner eigenen Biographie? Die könnte geschönt sein. In den meisten Biographien, die in Deutschland veröffentlicht wurden, wird das Bild eines herzlosen, blutrünstigen Machtmenschen gezeichnet, eines Diktators mit absoluter Befehlsgewalt.
Mit diesen absolut vertraulichen Briefen haben wir Dokumente, die zeigen, dass Stalin sehr respektvoll mit den Genossen umgegangen ist. Es sind eben keine Telegramme im Befehlston, sondern sogar teilweise Vorschläge, die nachweislich nicht angenommen wurden.
Es zeigt sich dadurch, dass das allgemeine Vorurteil nicht stimmt.
Welchen Wert hätte es jetzt, Zeugenaussagen aus seinem Umfeld anzuführen? Gar keinen geringen, denn es gibt viele Berichte von „einfachen“ Menschen aus Stalins Umfeld, vom Filmvorführer, Schuhputzer, Koch und anderen, die ihre Erinnerungen aufgeschrieben haben und einen Menschen beschreiben, der immer ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte hatte. Da diese Aussagen natürlich persönlich gefärbt sind und hier die Bewunderung, vielleicht sogar Liebe, zu Stalin durchschimmert, sind diese Zeugen natürlich nicht objektiv, weshalb ich mich dann doch auf die Dokumente im besagten Artikel begrenzen wollte.
Wenn du dich, lieber A., allerdings für diese Dinge interessierst und selber Nachforschungen anstellst, dann wirst du das Bild eines Menschen finden, der alles für das Volk gegeben, aber einen erbitterten Kampf gegen feindliche Elemente in der Partei geführt hat.
Er wollte den Weg zum Kommunismus gehen, was Bürokraten und Parteifeinde erfolgreich verhindert haben. Für weitere Forschungen hier ein Link zu sehr aufschlussreichem Material, allerdings in Englisch: http://clogic.eserver.org/2005/furr.html
Du schreibst, dass nicht der „Sozialismusvorstellung einer Person“ zwingend zum Sieg verholfen werden muss, sondern einem Sozialismus der Volksmassen.
Damit hast Du Recht. Doch Stalin hatte keine andere Vorstellung vom Sozialismus als das Volk.
Wenn du dich durch das Material im obigen Link arbeitest, wirst du sehen, dass Stalin einen erbitterten Kampf für REFORMEN geführt hat, die das Volk stärken und die Partei schwächen sollten.
Die Beliebtheit Stalins kam ja nicht von ungefähr. Es gibt eine Gruppe die Stalin gehasst hat: die Bürokraten und eine Gruppe, die keinem unbekannt sein sollte, wer sich mit dem Kampf Stalins gegen den Trotzkismus beschäftigt hat. Diese Gruppe hatte kein Interesse, als Partei die Herrschaft über das Volk herzugeben.
Falls du die Vorstellung hast, dass Stalin vielleicht hier und da gute Reden gehalten hat, aber ansonsten Befehle erteilt hat, die im Terror gegen das Volk endeten, dann ist das Bild verkehrt.
Gerade Chruschtschow, wie natürlich auch Berjia, Yagoda, Jeschow haben grausam unter der russischen Bevölkerung gewütet. Viele Hingerichtete sind mit Stalins Namen auf den Lippen gestorben, weil sie wussten, dass Stalin dies nie zulassen würde.
Es geht nicht darum, Stalin zum Heiligen zu verklären. Aber wenn man versucht, sich ein Bild von der damaligen Zeit zu machen, dann wird man keinen Beleg finden, dass Stalin das Volk oder den Kommunismus verraten hat.
Es würde mich interessieren, wie du dir die „Vorstellung der Volksmassen“ hinsichtlich des Sozialismus vorstellst.
Wenn der Sozialismus der Sowjetunion in der Stalinzeit nicht im Sinne der Volksmassen gewesen wäre, dann hätte es wohl im Zweiten Weltkrieg kaum die Möglichkeit eines Siegs geben können. Hitler selbst glaubte ja, mit Stalin einen Gauner vor sich zu haben, der über keinen Rückhalt in der Bevölkerung verfügt. Den Ausgang der Geschichte kennen wir.
Die Sowjetunion stand zu keinem Zeitpunkt im luftleeren Raum. Kurz nach der Oktoberrevolution fielen internationale Truppen über die Sowjetunion her, der Kampf gegen den Trotzkismus, die fast totale Zerstörung im Zweiten Weltkrieg mit über 27 Millionen Toten. Die Schwerindustrie musste dadurch fast zweimal aufgebaut werden. Dann folgte unmittelbar der Kalte Krieg, der schon mit dem Koreakrieg abermals drohte zum Weltkrieg zu eskalieren. Die Sowjetunion hat in unfassbar kurzer Zeit das Land wiederaufgebaut, eine moderne Armee mit Atomwaffen geschaffen, die ihr Überleben sicherte. Von der führenden Raumfahrttechnik gar nicht zu sprechen, die zu Stalins Zeiten in Angriff genommen wurde.
Ich kenne kein Land auf diesem Planeten, das solche Erfolge in so kurzer Zeit vorzuweisen hat. Womit die Überlegenheit des sozialistischen Wirtschaftssystems bewiesen ist. Die Notwendigkeit zur zentralistischen Führung infolge des Krieges und Wiederaufbaus stand tatsächlich im Widerspruch zur allgemeinen Vorstellung vom Sozialismus. Und kaum waren die gröbsten Schäden und der Hunger besiegt, da war es Stalin, der demokratische Reformen durchzusetzen versuchte und damit bestimmt die Interessen des Volkes verkörperte.
Du bist der Meinung, dass „die Entartung des Sozialismus“ nicht „einzelnen Personen
(Chruschtschow usw.)zuzuschreiben ist, sondern dessen Ursache im (politischen) System selbst zu suchen ist.“
Das ist richtig. Das sehe ich genauso.
In dem Artikel ging es vor allem um Briefe, die „Alltagsprobleme“ behandeln und dass die Führung sich mit dem Bürokratismus täglich herumschlagen musste. Dies ist wohl offenkundig eine Quelle, die zur Entartung führen kann. Über die Ursachen der Entartung gibt es natürlich noch mehr zu sagen. Doch neben einigen Büchern zu dem Thema würde sich auch anbieten, unser dreitägiges Seminar vom 4. bis 6. Oktober in Berlin zu besuchen.
Im persönlichen Dialog lassen sich die Dinge auch meist besser besprechen als in viel zu langen Texten.
Deshalb will ich hier auch enden, allerdings mit dem Hinweis, dass eine Begrenzung der Ursachenforschung über die Entartung des Sozialismus allein auf Ursachen „im politischen System“ auch nicht zum Ziel führen kann.
Wenn Stalin als größte Gefahr den Kosmopolitismus beschreibt, den wir heute besser unter dem Namen Globalisierung kennen, dann kommt man schnell dahinter, dass es hier nicht um rein historische Dinge geht, sondern um Dinge mit höchst aktuellem Bezug zu unserer heutigen Welt.
Wenn bestimmte Gruppen, und nennen wir hier mal Goldman Sachs, offenkundig die Herrschaft über die Welt anstreben, dann können die keine unabhängigen Staaten gebrauchen. Und wenn diese Staaten wirtschaftlich auch noch gut gedeihen, dann wird alles getan um diese Länder von Innen und wenn nötig von Außen zu zerstören.
Frage dich, wieso ein hohes Mitglied der KPdSU, Jelzin das „Volksvermögen“ acht Oligarchen zugeschanzt hat? Wieso haben die USA, nach dem Ende des sogenannten Sozialismus, Russland weiter zerstört? Ging es gar nicht um ein politisches System? Warum werden Länder wie Libyen, Syrien zerstört und Venezuela, Iran etc. bedroht?
Es gilt, sowohl die inneren Ursachen als auch die äußeren Ursachen zu analysieren.
In Russland haben immer mehr Menschen, vor allem junge Menschen, verstanden welchen Kampf Stalin geführt hat und so belegt Stalin heute bei Umfragen nach beliebten Persönlichkeiten in Russland immer die vordersten Plätze.
Du hast viele Fragen gestellt, die ich natürlich nicht erschöpfend beantworten kann. Es würde mich freuen, wenn du weiter forschen würdest und du mithilfst Klarheit in diesen wichtigen Punkten zu bekommen.