Etwas über 60 Personen kamen zu der Informationsveranstaltung über Tunesien mit Genossen Jilani Hammami, Sprecher der Tunesischen Arbeiterpartei Tunesiens (POT) und Mitglied der Führung der Volksfront Tunesiens.
Genosse Hammami berichtete zunächst über die aktuelle Lage in Tunesien. Er hob dabei hervor, dass die linken, fortschrittlichen und revolutionären Kräfte in Tunesien im Gegensatz zu vielen anderen arabischen Ländern eine lange Tradition und eine starke Verankerung in der Arbeiterklasse und im Volk haben. Dies hätte entscheidend dazu beigetragen, dass die Revolution in Tunesien einen anderen Verlauf genommen habe als in Ägypten, Libyen oder gar in Syrien. Hier hätten die fortschrittlichen Kräfte in der Revolution den Ton angegeben, während sich in den anderen Ländern die EU und die USA deutlich stärker hätten einmischen und den Verlauf entsprechend ihren Interessen hätten steuern können. Zudem seien die imperialistische Mächte vom Aufstand in Tunesien überrascht worden, während die revolutionären Kräfte aktiv und gut vorbereitet aufgetreten seien. So habe die POT schon längere Zeit vor dem Sturz Ben Alis die Parole „Ben Ali muss weg!“ im Volk verbreitet und dort viel Anklang gefunden. Die enge Verbindung zur Arbeiterklasse und zum Volk sei eine wichtige Grundvoraussetzung für den Erfolg gewesen.
Nach dem Sturz Ben Alis hätten die EU und vor allem die USA die islamistische Ennadha-Partei mit Geld und Beratern unterstützt und als Alternative aufgebaut. Diese habe mit vielen Versprechungen die Wahlen gewonnen. Ein Fehler der linken, fortschrittlichen und revolutionären Kräfte sei ihre Zersplitterung gewesen. Das habe sie erheblich geschwächt. Durch intensive Gespräche untereinander sei dieser Fehler mittlerweile korrigiert. Heute umfasse die Volksfront über 40 verschiedene Parteien und Organisationen.
Unter der Herrschaft der Ennadha habe sich die soziale Lage der Menschen dramatisch verschlechtert und die Schulden Tunesiens zugleich deutlich erhöht. Viele Menschen, die Ennadha voller Hoffnungen gewählt hätten, würden sich enttäuscht abwenden. In Umfragen sei Ennadha geschrumpft und die Volksfront heute die stärkste politische Kraft. Die Partei, die die alten Kräfte Ben Alis repräsentiere spiele kaum eine Rolle, auch wenn die Imperialisten sie gern als zweite Karte aufbauen würden.
Die Volksfront habe ein klares Programm für ein unabhängiges, soziales und demokratisches Tunesien. Sie gebe damit dem Volk ein klares Ziel, um das es sich zu kämpfen lohne. Der Aufstieg der Volksfront führe dazu, dass die Ennadha-Regierung immer mehr zu Unterdrückung wie jetzt beim Mord an Chokri Belaid greife. Damit entlarve sie sich immer mehr. Doch Tunesien sei im Gegensatz zu anderen arabischen Staaten „immun“ gegen solche reaktionäre Umtriebe, weil die linken, fortschrittlichen und revolutionären Kräfte so starke Wurzeln im Volk hätten. Natürlich könne Ennadha mit Unterstützung der imperialistischen Mächte, EU und USA, zum offenen Terror und Putsch greifen. Auf demokratischem Wege hätten sie jedoch kaum eine Möglichkeit dauerhaft an der Macht zu bleiben.
Die Volksfront strebe die Regierungsmacht an und sie habe auch eine reale Chance dafür. Sie seien sich bewusst, dass dieser Weg schwierig und voller Gefahren sei, aber sie seien optimistisch und voller Vertrauen in die Arbeiterklasse und das Volk. Das Ziel sei der Sozialismus.
Leider war die Übersetzung nicht immer einfach und erforderte stellenweise viel Geduld. Trotzdem war die anschließende Diskussion lebhaft. Zum Schluss dankte ein Genosse von „Arbeit Zukunft“ für diesen aktuellen Bericht. Die Veranstaltung sei ein Start für die Entwicklung von mehr Solidarität mit dem tunesischen Volk und seiner Revolution. Er hoffe sehr, dass man diese Arbeit verbreitern könne. Er wünschte dem tunesischen Volk, der Volksfront und der POT viel Erfolg in ihrer Arbeit, sodass sie aus der großen Chance eine Realität machen könnten.