Das Motto lautete „Solidarität mit den Europaweiten Generalstreiks!“ Für Mittwoch, den 14.11.2012 hatten einerseits die IG Metall Stuttgart und weitere IG-Metall-Verwaltungsstellen, andererseits ver.di zusammen mit dem DGB, dem Krisenbündnis Stuttgart(„Wir zahlen nicht für Eure Krise), den „Gewerkschaftern gegen Stuttgart 21“ und etlichen anderen Unterstützern zu zwei getrennten(!!) Kundgebungen in der Stuttgarter Innenstadt aufgerufen.
Mehrere Hundert Kolleginnen und Kollegen sowie andere Unterstützer waren in der Abenddämmerung gekommen und setzten ein sicherlich zu schwaches, aber doch deutliches Signal der Solidarität gegenüber den gewaltigen Generalstreikaktionen, die am gleichen Tag in Griechenland, Spanien, Italien und Portugal sowie anderen Ländern stattfanden. Dieses Zeichen war deswegen besonders wichtig, weil insbesondere die Zweite, von ver.di angeführte Aktion auf dem zentralen Stuttgarter Schlossplatz mit ihren zahlreichen Musikdarbietungen, einigen guten Reden und den Life-Schaltungen per Handy nach Athen, Sevilla und Madrid zu den dortigen Aktivisten ein unübersehbares und unüberhörbares Signal in der Stuttgarter Öffentlichkeit setzten. Tausende Passanten konnten es nicht übergehen. Viele blieben stehen, manche länger. Schätzungsweise bis zu 400 Menschen versammelten sich auf dem Schlossplatz vor der improvisierten Kundgebungstribüne von ver.di und anderen auf einem LKW-Anhänger.
Die IG Metall hatte zu ihrer Kundgebung für 16:00 Uhr aufgerufen. Sie fand – ebenfalls unverständlicherweise – etwas abgelegen, in der Kronprinzstraße statt. Trotzdem: Schon hier nahmen 200 bis 300 Kolleg/innen, zum Teil auch direkt aus Betrieben, teilweise in Arbeitskleidung teil. Es sprachen unter anderem der erste Bevollmächtigte der Stuttgarter IG-Metall, Uwe Meinhard, und eine spanische Kollegin, die beim Vorstand der IG Metall angestellt ist. Sie schilderte bewegend die Zustände, die die von Merkel und Co. gepuschte Armutspolitik der EU in Spanien anrichtet: Elend, Erwerbslosigkeit, Rausschmisse aus Wohnungen und vieles andere mehr – sozialer Kahlschlag. Sie warnte eindringlich davor, dass mittlerweile die Herrschenden in Spanien öffentlich davon sprechen, die protestierenden und streikenden Arbeiter, Rentner und Jugendlichen, die spanischen Massen würden das Demonstrations- und Streikrecht „missbrauchen“. Sie bereiten also Angriffe auf diese demokratischen Rechte vor!! „Dies wäre ein historischer Rückschritt, wir würden zurückgeworfen auf Zustände, die wir in Spanien mit aufopferungsvollem Widerstand nieder gekämpft hatten!“ Diese Kundgebung gab ein deutliches Signal, dass die IG Metall auch andere, durchaus kämpferische Aussagen internationaler Solidarität machen kann.
Das ist ein positiver Kontrast zu den skandalösen Äußerungen ihres Vorsitzenden Huber, der in einem Interview den spanischen Gewerkschafter/innen – den eigenen Kolleginnen und Kollegen! – die Verantwortung für die Krise in Spanien zuschob. Er beschuldigt sogar die Gewerkschaften, durch ihre Politik den „Standortvorteil“ Spaniens zu verspielen, weil sie Lohnerhöhungen forderten. Streiks und Massenprotest dort – wie auch hier in Deutschland – erklärt er für „Unfug“ (tatsächlich!!). Zu Recht unterzeichnen inzwischen immer mehr Unterstützer einen offenen Protestbrief an Huber.
Nachdem diese Kundgebung gegen 17:00 Uhr beendet war, zogen die meisten Teilnehmer in einem improvisierten Umzug die belebte Königstraße hinab zum Schlossplatz, zum Ort der anderen Kundgebung, die um 17:30 Uhr begann.
Hier sprachen u. A. der Landesbezirksleiter von ver.di, Günther Busch, der Bundesvorsitzende der Linkspartei und ehemalige Stuttgarter ver.di-Geschäftsführer Bernd Riexinger, die Vorsitzende des Bundesverbandes der Migrantinnen und Migranten, Sidar Demirdögen, Philipp Vollrath für den Stuttgarter DGB-Stadtverband sowie – als Sprecher der Anti-Stuttgart-21-Bewegung – der Regisseur am Stuttgarter Staatstheater Volker Lösch. Der Kollege Busch nannte es – durchaus selbstkritisch – einen unhaltbaren Zustand, dass es zwei Kundgebungen gab, keine gemeinsame. Er legt den Finger in eine Wunde! Denn: Was für Spielchen auf dem Rücken der verzweifelt kämpfenden Kolleg/innen in Südeuropa spielen da welche Gewerkschaftsvorstände??!
Alle Redner griffen die schamlose, imperialistische Politik der Bundesregierung innerhalb der EU an, sie unterstrichen die notwendige Solidarität mit den kämpfenden Menschen und verurteilten deutlich den Nationalismus und Rassismus, der in Medien und Öffentlichkeit wüst gegen die Menschen in den „Südländern“ der EU hetzt. (Dieselben Medien verschwiegen dann die beeindruckende Aktion auch konsequent.)
Genossen von „Arbeit Zukunft“ verteilten mehrere hundert Flugblätter mit der gemeinsamen Stellungnahme unserer Organisation – zusammen mit der Kommunistischen Initiative Gera 2010, der Kommunistischen Partei Deutschlands und des Revolutionären Freundschaftsbundes e.V.. Sie trägt den Titel „Du Bezahlst!“, sie greift die Krisenpolitik des deutschen und des EU-Kapitals scharf an und ruft auf: „Mobilisiere deine Kolleginnen und Kollegen!“ Sie fordert die drastische Erhöhung der Steuern auf Kapital, Vermögen und hohe Einkommen, hohe Steuern auf Börsenumsätze und Kapitaltransfers, andererseits Lohnerhöhungen, einen Mindestlohn von 10 Euro/Stunde! sowie Senkung (bzw. für Geringverdiener Streichung) der Lohnsteuer…
Es gab von einigen Teilnehmern der Aktionen ausdrückliches Lob und positive Stellungnahmen für diesen Flyer! Auch die Tatsache, dass mehrere kommunistische Organisationen sich hierfür zusammengefunden haben, fand Beachtung!
Auf der zweiten Seite des Flugblattes veröffentlichten wir außerdem den im November in Tunis erlassenen Aufruf zum Generalstreik am 14 November 2012: „Auf die Straße gegen die staatliche Sparpolitik – für die Internationale Solidarität!“ der Internationalen Konferenz der marxistisch-leninistischen Parteien und Organisationen, den auch unsere Organisation mit unterzeichnete.
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An weiteren Aktionen in Köln, Bochum, Magdeburg usw. beteiligten sich ebenfalls Genoss/innen und verteilten das gemeinsame Flugblatt.