Korrespondenz: Die Drogeriemarktkette Schlecker wurde am 29. Juni endgültig geschlossen werden und damit bald der Vergangenheit angehören. Wie zuvor viele andere Unternehmen, in Deutschland, die bereits früher insolvent gingen, wird der Name Schlecker nur mehr in der Unternehmensgeschichte Deutschlands auftauchen. Selten zuvor verloren so viele Menschen auf einmal ihren Arbeitsplatz. Insgesamt 25.000 Menschen, vor allem Frauen wurden nun auf die Straße gesetzt. Bereits Ende März wurden im Zuge des Insolvenzverfahrens 11.200 Beschäftigte freigestellt oder gekündigt. Für die verbliebenen 13.500 Beschäftigte blieb nur noch für kurze Zeit die Hoffnung auf Rettung der Arbeitsplätze. Weder fand sich ein neuer Investor noch wurde eine zeitliche Übergangsregelung gefunden. Obwohl so viele Menschen auf einmal ihre Arbeit verloren haben und nun von Arbeitslosigkeit bedroht sind mit all ihren Folgen, griff der bürgerliche Staat nicht ein. Den betroffenen Tausenden von Beschäftigten kam keine staatliche Hilfe zu. Eine von der Gewerkschaft geforderte Transfergesellschaft wurde von der FDP aber auch von CDU/CSU verhindert. Statt einer Transfergesellschaft soll die Bundesagentur für Arbeit (BA) auf gewohnte Weise versuchen, möglichst vielen Menschen eine Arbeit zu vermitteln oder Perspektiven für Umschulungen aufzeigen. 133 Millionen Euro musste die BA, laut BA-Vorstand Becker bislang an Insolvenzgeld und Sozialabgaben für die Beschäftigten von Schlecker aufbringen. Ebenso wie bürgerliche Politiker und Wirtschaftsexperten beschwichtigt die BA die Situation, indem sie wie BA-Vorstand Becker den Arbeitsmarkt als stabil und aufnahmefähig beschreibt. Dass es in Deutschland Gegenden gibt, wo sich einfach keine neuen Stellen finden lassen, kümmert die politischen Vertreter des Banken- und Monopolkapitals wenig. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen schlug vor, die ehemaligen Beschäftigten von Schlecker sollen Erzieherinnen werden, schließlich seien diese ja eine aufopferungsvolle Arbeit gewöhnt, Erzieherinnen bekanntlich gesucht. Das auch Erzieherinnen und Erzieher schlecht bezahlt sind und Deutschland nur 0,5 Prozent des Bruttosozialproduktes für frühkindliche Bildung und Betreuung ausgibt, machte die an schlechte Bezahlung gewohnten Menschen für die Arbeitsministerin wohl besonders geeignet. Die Kritik der Gewerkschaft Verdi, viele Frauen würden von den Arbeitsagenturen in schlecht bezahlte Aushilfs- und Minijobs gedrängt, wies die Bundesagentur für Arbeit einfach zurück. Der Zynismus des kapitalistischen Gesellschaftssystems mit all ihren Institutionen, die zur weiteren Aufrechterhaltung ihrer Macht notwendig sind, schlägt den Menschen besonders jetzt entgegen angesichts des Vergleiches mit der Rettung des Banken- und Finanzsektors. Für dessen Rettung ist offensichtlich kein Betrag zu hoch. Doch dieser Zynismus, diese Widersprüchlichkeit ist keineswegs neu, sie gehört zum Wesen des kapitalistischen Systems. Vielleicht wäre unter anderen Umständen sogar eine Transfergesellschaft durchsetzbar gewesen und hätte die Folgen der Insolvenz für die Beschäftigten abmildern können. Doch wenngleich diese Mittel die Folgen für die Angestellten abmildern hätten helfen können, so lassen sich die Widersprüche die das kapitalistische System hervorbringt nicht weg reformieren. Illusionen über ein Eingreifen des Staates im Zusammenhang mit der Insolvenz von Schlecker verbreitet auch Die Linke, die sich den Staat im jetzigen System als Retter vorstellen könnte. In der Zeitschrift Clara, dem Magazin der Fraktion Die Linke im Bundestag schreibt etwa Sabine Zimmermann, die arbeitspolitische Sprecherin der Fraktion u.a.: „Aus unserer Sicht ist jeder Arbeitsplatz und jeder Beschäftigte wichtig. Und jeder, der in Deutschland insolvent wird, müsste eigentlich Unterstützung bekommen.“ (Vgl. Clara, Nr.24, 2012) Zwar tritt die Sprecherin in diesem Artikel neben dieser Forderung auch für die Förderung von anderen Eigentumsformen ein, etwa für Genossenschaften oder Belegschaftsbeteiligungen, der grundsätzliche Widerspruch zwischen gesellschaftlicher Produktion und Arbeit und privater Aneignung im Kapitalismus wird nicht benannt. Aufgabe einer linken Partei sollte es eigentlich auch sein, die Grenzen von Reformen offen zu benennen.
ro