Jan Ole Arps hat sich viel vorgenommen: Mit seinem Buch will er die fast vergessene Geschichte der Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit verschiedener linker und revolutionärer Organisationen aus den 70er Jahren zugänglich machen und bewerten. Das wäre sicher eine verdienstvolle Sache, wenn sie denn ohne Vorurteile angegangen würde. Doch Jan Ole Arps zeigt sehr deutlich, dass er mit vorgefassten Meinungen, unbewiesenen Behauptungen das Thema „bewältigen“ will.
Ohne jede Begründung oder gar Analyse stellt er beispielsweise auf S.8 fest: „Heute gibt es das Proletariat, an das sich die rebellierenden Studenten erwartungsvoll richteten, in dieser Form nicht mehr.“ Kolleginnen und Kollegen, die bis heute in Betrieb und Gewerkschaft aktiv sind, könnten ihm da einige interessante Tatsachen vor Augen führen. So einfach, per Diktion eines Autors, wird die „alte“ Arbeiterklasse nicht abgeschafft.
Bemerkenswert ist auch, dass Arps ausschließlich von der Studentenbewegung und ihren Bemühungen um eine Verbindung mit der Arbeiterklasse ausgeht. Offensichtlich weiß er nicht, dass es damals hunderte revolutionäre Arbeiter gab, die sich beispielsweise in der KPD/ML – später KPD – organisierten. Das waren Menschen, die nicht von außen in die Betriebe geschickt wurden, sondern die aus ihrem Klasseninteresse heraus zur kommunistischen Bewegung stießen und die Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit z. B. der KPD/ML wesentlich gestalteten. Der Autor dieser Buchbesprechung hat persönlich erlebt, wie sich in Kiel mehrere hundert Arbeiter/innen und Auszubildende, die in dem örtlichen Zirkel Rote Garde organisiert waren, der KPD/ML anschlossen.
So kennt Arps auch nur Enttäuschte und Resignierte, die sich von ihrer früheren Haltung und Arbeit abgewendet haben. Offensichtlich hat er trotz seiner jahrelangen Recherchen keinen derjenigen gefunden, die bis heute als Kommunisten, als Revolutionäre in Betrieb und Gewerkschaft arbeiten. Aber die gibt es.
Offensichtlich wird auch, dass Arps starke Sympathien für die aus der Sponti-Bewegung hervorgegangene Betriebsarbeit wie z. B. der Gruppe um Joschka Fischer hat. Er kritisiert hier viel, hat aber immer Rechtfertigungen und Erklärungen. Anders sieht es bei der KPD/ML – KPD aus, die er streckenweise in ihren Bemühungen lächerlich macht. Zugegeben: Da war vieles falsch, manches sogar lächerlich. Denn hier machten junge Genoss/innen ohne viel Rückhalt bei alten, erfahrenen Betriebsgenoss/innen ihre ersten Versuche, eine kommunistische Betriebsarbeit aufzubauen. Doch für Arps war das nichts. So schreibt er beispielsweise auf S.80: „Bei Verkaufseinsätzen für den Roten Morgen konnte man froh sein, wenn man ein oder zwei Exemplare loswurde. Im besten Fall.“ Eine Quelle für diese niederschmetternde Nachricht gibt er nicht an. Der Autor dieser Besprechung hat selbst über fast 10 Jahre vor mehreren Kieler Großbetrieben Flugblätter verteilt und den Roten Morgen verkauft. Natürlich gab es Tage, da wurden nur ein oder zwei Zeitungen verkauft. Es gab aber auch Tage, da wurden 10 oder gar 15 verkauft. Nun sind das Kleinigkeiten. Sie lassen aber erhebliche Zweifel an der Genauigkeit und der Unvoreingenommenheit des Autors aufkommen.
Leider fehlt noch immer eine gute Aufarbeitung der Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit aus den 70er Jahren. Es wäre ein lohnenswertes Projekt. Das Buch von Arps erfüllt diesen Anspruch jedoch nicht. Es ist voller Vorurteile. Verdienstvoll ist nur, dass er einzelne Akteure der damaligen Kämpfe interviewt und deren persönliche Eindrücke festgehalten hat.
Association A, ISBN 978-3-935936-83-5, 240 Seiten, Paperback, erschienen März 2011, 16.00 €