Recht muss Rechts bleiben: Mit aller Brutalität hat die Polizei in Magdeburg einen Nazi-Aufmarsch gegen den Widerstand der Antifaschisten durchgesetzt.
Die Polizei sorgte am 14. Januar 2012 für ein Nazi-Event, indem sie den Aufmarsch der Faschisten in Magdeburg wieder einmal durchsetzte, während Antifaschisten gehetzt und verletzt wurden. Über 25 Ingewahrsamnahmen, unzählige Festsetzungen von Aktivisten und mindestens 10 gemeldete Verletzte.
Ungefähr 1.100 (Neo)nazis marschierten durch die sachsen-anhaltinische Landeshauptstadt Magdeburg. Vorgeblicher Grund für die als „Trauermarsch“ deklarierte Veranstaltung war ein Bombenangriff auf die Stadt im letzten Jahr des zweiten Weltkrieges.
Ausgehend vom Nicolaiplatz im nördlichen Ortsbereich versuchten die (Neo)nazis dabei zunächst über die Lübecker Straße Richtung Bahnhof Magdeburg-Neustadt zu marschieren. Dies gelang aber nur bedingt. Trotz flächendeckender Absperrungen der Polizei war es nämlich einzelnen Gruppen von Gegendemonstranten gelungen, die Straße zu blockieren. Den Anfang machte dabei eine Initiative von Menschen, die sich in symbolischer KZ-Häftlingskleidung und einem Transpi mit der Aufschrift „Für das Erinnern“ auf Höhe des Bahnhofs den (Neo)nazis entgegensetzen. Etwa eine halbe Stunde wurde der (Neo)naziaufmarsch dadurch aufgehalten. Dann wurde die Blockade polizeilich geräumt.
Die (Neo)nazis marschierten weiter über die Gareisstraße Richtung Innenstadt, wurden dort aber ebenfalls durch zwei weitere kleinere Blockaden aufgehalten.
Auch hier griff die Polizei ein und räumte.
Inzwischen hatten sich mehrere hundert Menschen auf dem Universitätsgelände versammelt und positionierten sich lautstark gegen die (neo)nazistischen Marschierer. Letztgenannte hatten derweil, begleitet von einem massiven Polizeiaufgebot, den von ihnen angemeldeten Streckenabschnitt an der Universität erreicht. Wasserwerfer waren inzwischen auf die Gegendemonstranten gerichtet und mehrere Züge der Bereitschaftspolizei an den Absperrgittern postiert, um Blockade zu verhindern. Vereinzelt flogen nun auch Flaschen und Rauchbomben in Richtung des (Neo)naziaufmarsches; das konnte jedoch kaum eine Veränderung der Situation herbeiführen. Die (Neo)nazis setzten ihren Zug bis zum Ende weiter fort.
Trotz NSU-Terror setzt sich die Linie von Staatsseite fort: Der Feind steht links, gegen Linke wird weiterhin konsequent vorgegangen, während den Nazis Rosen auf den Weg gestreut werden. Faschisten können weiterhin ihre menschenverachtenden Parolen verbreiten, vom Verfassungsschutz (mit-) finanzierte Wehrsportübungen durchführen u.ä., während gegen Linke der Knüppel geschwungen wird und wir Antifaschisten mit Verfahren überzogen werden. Wie schon in Dresden im letzten Jahr zielte der Polizeieinsatz in Magdeburg auf die größtmögliche Schwächung des antifaschistischen Engagement und dessen Kriminalisierung.
Gegen diese Zustände müssen wir uns vehement zur Wehr setzen. Ein antifaschistisches Engagement, welches sich nicht auf die „Hilfe“ des Staates und seiner Behörden stützt, ist von Nöten. Das zeigt nicht nur der aktuelle Fall der Verflechtung der NSU mit staatlichen Behörden.
Die Teilnehmerzahl des jährlichen „Trauermarsches“ in Magdeburg nimmt konstant zu: der Aufmarsch am 14. Januar war mit 1200 Nazis der bisher größte seiner Art. Konstante antifaschistische Aktionen konnten den Naziaufmarsch stark stören und das geplante „würdige Gedenken“ vermiesen.
Die Zahl der anwesenden Antifaschisten ist schwer zu schätzen, da es immer parallel zu einander stattfindende Demos, Kundgebungen und Blockadeversuche gab. Es waren die größten Januarproteste seit 2005. Massenblockaden waren durchaus möglich, wurden jedoch von einem massiven Polizeiaufgebot verhindert.
Die Kommunikationsstruktur hat gut funktioniert und immer wieder Leute für Blockadeversuche zusammengebracht.
Zuletzt bleibt zu sagen, dass alle beteiligten Blockadebündnisse sich auf der Straße solidarisch zu einander verhalten haben. Von „Zusammen Kämpfen“ bis „Nazis? Kannste knicken!“ haben sich alle Gruppen auf ein gemeinsames Ziel konzentriert: die Blockade des Naziaufmarsches. Der 14. Januar stimmt optimistisch für zukünftige antifaschistische Großereignisse in Magdeburg.
Immer wieder wird stereotyp behauptet, das Demonstrationsrecht sei gemäß Art. 8
des Grundgesetzes ein hohes verfassungsrechtliches Gut, das man niemandem verwehren dürfe.
Die Tatsache, dass heute – nach den Erfahrungen des Hitlerfaschismus faschistische Organisationen nicht verboten sind, ist ein Zeichen der Schwäche der antifaschistischen Kräfte. Mit den Organisationen ist auch die Verbreitung faschistischer Propaganda legal. Ausländerhetze, Leugnung der Verbrechen des Hitlerfaschismus, Vorbereitung terroristischer Aktivitäten sind damit ebenfalls legal.
Für eine gemeinsame Deutschlandpolitik der Sowjetunion, der USA und Großbritanniens nannten die POTSDAMER VEREINBARUNGEN u.a. folgende Hauptziele:
– Vernichtung der Nazipartei, all ihrer Gliederungen, Unterorganisationen und Ämter;
– Verhinderung jeder nazistischen und militaristischen Betätigung und Propaganda;
– Vernichtung der übermäßigen Konzentration der Wirtschaftskraft des deutschen Imperialismus, dargestellt insbesondere durch Kartelle, Syndikate, Trusts und andere Monopolvereinigungen.
Nach Artikel VII Kontrollratsgesetz Nr.8, Nr.4 des Gesetzes Nr.5 der Militärregierung Deutschlands und Art. l Abs.3 Kontrollratsgesetz Nr.2 sind faschistische Organisationen verboten. Nach Artikel 139 des Grundgesetzes sind die von den Alliierten erlassenen Rechtsvorschriften „zur Befreiung des deutschen Volkes von Nationalsozialismus und Militarismus“ nach wie vor gültig. Das Grundgesetz böte jedoch auch die Möglichkeit Verbote auszusprechen, nämlich gegen Vereinigungen, „deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen …oder sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten“ (GG Art.9 Abs-2). Im Bereich des Strafgesetzbuches bieten sich insbesondere § 86a (Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen), § 130 (Volksverhetzung) und § 131 (Verherrlichung von Gewalt; Aufstachelung zum Rassenhass) an – Eine weitere Grundlage für ein Verbot böte das „internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung“, das am 21.12.1965 von der UN-Vollversammlung angenommen wurde. Als Folge dieser UN-Konvention ist in der BRD das „Gesetz zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung“ seit dem 15.6.1969 in Kraft- (BGBI.1969 II, S.2211) Bisher kam dieses Gesetz aber noch nie zur Anwendung.
Dies sollte zu denken geben….
Die Gerichte der BRD sind also nicht alternativlos an den Art. 8 gebunden, sondern haben einen weiten Ermessensspielraum bei der Genehmigung oder Nichtgenehmigung von Naziaufmärschen. Ist es nicht eigenartig, wenn ihre Entscheidungen stets zugunsten des Art. 8, also zum Vorteil der Nazis ausfallen? Diese Spielchen wiederholen sich Jahr für Jahr in Magdeburg, Dresden und an vielen anderen Orten.
Da kann man der bundesdeutschen Juristerei doch wohl nur eine generelle Rechtslastigkeit bescheinigen.
Warum nehmen die Richter nicht für sich das Recht auf Widerstand nach Art. 20 in Anspruch, um die Naziaktivitäten zu unterbinden?
Was nützt aber ein Verbot….
Natürlich ändert ein Verbot von faschistischen Parteien und Organisationen nichts an den Besitzverhältnissen in diesem Land. Ausbeutung und Unterdrückung werden also auch nach einem Verbot weitergehen.
Trotzdem gibt es Gründe für ein juristisch mögliches Verbot:
Durch ein Verbot würden Vorteile aus der Legalität entfallen. Die Subvention durch Steuergelder wie z.B. Wahlkampfkostenerstattung oder steuerliche Absetzbarkeit von Parteispenden würde ebenso entfallen wie der Polizeischutz während ihrer Aufmärsche. Hierdurch würde es ihnen schwerer fallen, neue Mitglieder zu werben. Im allgemeinen könnten sie ihre Hetze nicht mehr in Form von Zeitungen an jedem Kiosk anbieten. Zudem wäre dies ein Signal an alle Migranten in der BRD, wenn es nicht mehr toleriert würde, das sie täglich der Gefahr der offenen Hetze gegen sie ausgesetzt werden.