Die IG Metall Bezirksleitung Stuttgart stellt mittlerweile für die Tarifrunde der Südwest-Metall- und Elektrobranche eine Forderung von 6,1 % zur Diskussion. In einer internen Umfrage allerdings werden IG Metall-Vertrauensleute aufgefordert, ihre Meinung dazu zu äußern, auch wenn sie deutlich darüber liegt. Sie sollten Mehr fordern! Noch steht die Forderung nicht fest. Sie soll erst am 24. Februar 2012 fixiert werden.
Vorangegangen sind bereits Abschlüsse über 3,4 % im Feinwerker-Handwerk Nordrhein-Westfalen, über 3,8 Prozent plus die unbefristete Übernahme der Ausgebildeten bei den 75.000 Stahlbeschäftigten in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bremen. Der Tarifvertrag zur Altersteilzeit wurde dort verlängert. Dieser Abschluss gilt im Wesentlichen ebenso für die Stahl-Kolleg/innen im Osten!
Zugleich fordert, ganz aktuell, die IG Metall für die am 23. Januar beginnende Tarifrunde der Stahlbeschäftigten an der Saar, bei Edelstahl Buderus in Wetzlar und den Badischen Stahlwerken Kehl immerhin 7 %! Zusätzlich, wie übrigens breite Kreise in der IG Metall Baden-Württemberg auch, die unbefristete Übernahme aller Auszubildenden. Die Laufzeit der Entgelt-Tarifverträge soll zwölf Monate dauern.
IG Metall – ein zersplitterter Auftritt. Das ist alles andere als gut!
6,1 % fordern die einen, 7 % die anderen, anderswo liegen schon Abschlüsse knapp unter 4% vor, ein sehr uneinheitliches Bild!
Es ist gut, dass so genannte qualitative Forderungen gestellt werden: unbefristete Übernahme der Auszubildenden bzw. Ausgebildeten und equal pay / gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit bei den Leih-Arbeiter/innen! Das muss in jedem Fall unterstützt werden, selbst wenn man ganz für die Abschaffung der Leiharbeit eintritt. Aber diese Forderungen dürfen andererseits nicht dazu dienen, die Lohnabschlüsse herunter zu rechnen nach dem Motto: Bei Azubis und Leiharbeitnehmern haben wir armen Kapitalisten schon etwas gegeben, dafür müssen die Kolleg/innen bei der Lohnerhöhung Federn lassen!
Alle in der Gewerkschaft wissen doch: nach all den Minusrunden spielt die Musik bei einer kräftigen Lohnerhöhung!
Und da frage ich mich, was denn die saarländischen (hessischen, badischen) Stahlkollegen denken, wenn sie zwar 7 % fordern, aber in NRW, Bremen und Niedersachsen schon 3,8 % abgeschlossen sind? Stellt sich nicht automatisch die Frage, warum die Stahltarifrunde eigentlich nicht gemeinsam durchgeführt wurde? Gemeinsam handeln, mehr erreichen?
Oder anders herum: Ziehen die Saarländer nicht von vornherein mit dem schalen Gefühl in den Kampf, dass das Ergebnis doch eigentlich schon – plus/minus den einen oder anderen Zehntelprozentpunkt – feststeht? Natürlich werden sie kämpfen, auch um jedes Zehntelprozent mehr Lohn, um die Rechte der Auszubildenden und gegen die Leiharbeitsausbeutung. Ich wünsche ihnen vollen Erfolg!
Sollten die Südwest-Stahlkocher tatsächlich aber über 4 % abschließen, fragen sich freilich die aus NRW, Bremen Niedersachsen und dem Osten, warum dann schon bei 3,8 Prozent eingeschlagen wurde. Sie waren streikbereit!
Immer wieder: Die Führer der IG Metall führen die Kollegen eben nicht in den harten Kampf, sondern würgen ihn vorzeitig ab! Das erkennt man an dieser nun entstandenen komplizierten Lage.
Stahl Saarland fordert 7 % – wie kann man in Baden-Württemberg 6 % vorschlagen?
Nachgerade lächerlich ist dann der Vorschlag 6,1 %. Wenn die Stahlkollegen im Südwesten 7% plus unbefristete Übernahme der Azubis und mehr (Leiharbeiter/innen) fordern, dann ist doch wohl klar, dass Metall- und Elektro wenigstens nicht weniger fordern darf! Viele Kolleg/innen würden gern für eine höhere Forderung in den Kampf ziehen, wenigstens aber für einen Festgeldbetrag, der zumindest die unteren Entgeltgruppen besser stellt! Dazu muss er natürlich in die Lohntabelle eingehen!
Arbeit Zukunft schlug die Forderung 10 % plus 250 Euro Festgeld vor und liegt dabei beileibe nicht völlig außerhalb der Diskussionen unter den Kolleg/innen. Jeder Festgeldbetrag führt zudem die unteren Lohngruppen im Vergleich zu den höheren näher heran an wirklich lohnende Erhöhungen.
Freilich, da murrt das Herz der Gewerkschaftsbürokraten! Tabellenwirksames Festgeld für die unteren Entgeltgruppen würden ja den Aufteilungsschlüssel zwischen Ecklohn und den unteren Gruppen zu Gunsten der letzteren verändern – wie schrecklich! Die Kapitalisten nicken zu dieser Argumentation verständnisinnig.
Gemeinsam, nicht getrennt!
Das Problem besteht nicht wirklich darin, wie hoch unsre Forderungen ausfallen. Wer 7%, 8% oder was auch immer fordert und nicht kämpft, lügt sich in die Tasche. Wer weniger fordert, z. Beispiel 5 %, aber die Forderung weitgehend mit Kampf durchsetzt, z. B. 4,5%, steht eventuell viel besser da!
Es liegt am Kampf, an der Kampfführung, daran ob Streikbereitschaft auch honoriert wird – durch Urabstimmung und Streik! Und es liegt daran, die Kämpfe der verschiedenen Regionen zusammen und nicht getrennt zu führen!
Für jetzt heißt deshalb die Forderung an die Tarifkommissionen, die den Kampf noch vor sich haben:
* Für ein gemeinsames Vorgehen von Stahl, Metall- und Elektro sorgen!
* Gemeinsame Forderungen!
* Nicht unter 7% plus, Festgeld mindestens 220 Euro!
* Urabstimmung und Streik!
Natürlich sind 10% plus 250 Euro Festgeld immer vertretbar, aber eine reale Chance in der Debatte für diese Höhe besteht nicht mehr.
Die Gewerkschaftsmitglieder müssen sich aktiv um die Forderungen und um die Tarifrunde kümmern, diskutieren, streiten, aber dann gemeinsam und solidarisch kämpfen. Vorstände, die nicht kämpfen wollen, brauchen sie nicht!
Eine kämpferische Tarifrunde ist übrigens die beste Kampfansage, die deutlichste Antwort gegen die Krisenpolitik der Merkel, Schäuble, Rösler, Hundt und wie sie alle heißen!