Schon vor rund einem Jahr, im Dezember 2010, wurde in Ungarn trotz internationaler Proteste ein Zensurgesetz beschlossen, das die freie Meinungsäußerung unter Strafe stellt. Bis zu 90.000 Euro Sofortstrafe drohen ab sofort allen Medien, die unter anderem nicht „ausgewogen“ berichten. Darunter fallen auch Blogger und sonstige Webseitenbetreiber, die ein öffentliches Interesse verfolgen. Zusätzlich darf der Präsident der neugeschaffen Behörde, die für die Kontrolle zuständig ist, weitere Verordnungen und Vorschriften erlassen, ohne zuvor das Parlament konsultieren zu müssen.
Zwar protestierte die EU und auch Bundeskanzlerin Merkel gegen dieses „Mediengesetz“, doch sie unternahmen nichts, um es zu verhindern. Sie gaben sich damit zufrieden, dass die ungarische Regierung versicherte, die Praxis werde schon nicht so schlimm.
Davor hatte die rechte, rassistische und nationalistische FIDESZ-Regierung bereits den öffentlichen Rundfunk und das Fernsehen von über 1000 missliebigen Redakteuren reinigen lassen und einige hundert auf die Straße gesetzt. Da die meisten privaten Medien zu einem rechten Konzern gehören, hat man somit fast alle Medien unter Kontrolle. Mit dem Zensurgesetz können nun kleinere Verlage, Internetseiten usw. mundtot gemacht oder zur Selbstzensur bewegt werden. Das ist Gleichschaltung!
Der Vorsitzende der ungarischen Arbeitgebervereinigung, Gabor Széles. verbreitet mit seinem Zeitungsimperium und seinem Fernsehsender Echo-TV exzessiv faschistische Stereotype. In Széles‘ Medien werden schon mal „jüdische Finanzleute aus Brooklyn“ für die Weltwirtschaftskrise verantwortlich gemacht, die ehemalige sozialdemokratische ungarische Regierung als „von Mossad-Leuten gesteuert“ denunziert und die Sinti und Roma als wilde Tiere bezeichnet, die es zu überfahren gelte.
Wie eng Faschismus und Kapital verknüpft sind, wie gut das zu Sozialkürzungen und Angriffen auf die Arbeiterklasse passt, zeigt sich an einigen Beispielen deutlich. Zur großen Freude der deutschen Regierung hat die halbfaschistische Regierung Ungarns im Sommer 2011 in der Verfassung eine „Schuldenbremse“ verankert. Zeitgleich führte sie Zwangsarbeit nach dem Vorbild der deutschen 1-Euro-Jobber, nur deutlich schärfer ein. Angeblich „gemeinnützig“ sollen Zwangsarbeiter für 110 Euro monatlich (und damit rund ein Drittel unter dem ungarischen Mindestlohn) beispielsweise bei der Errichtung von Fußballstadien, Straßenarbeiten, der Instandhaltung der Kanalisation und dem Aufschütten von Dämmen eingesetzt werden. Dabei machte Premierminister Orban in einem Interview klar, dass dies „nicht mit der Technologie des 21. Jahrhunderts gebaut werden, sondern während öffentlicher Arbeitsprogramme … mit der Hand.“ Also kein Einsatz von Baggern oder ähnlichem Großgerät, sondern Knochenarbeit.
Rund 300.000 Menschen sollen zu dieser Zwangsarbeit eingezogen werden. Wer für ein Großprojekt weiter als zwei Fahrstunden von seinem Wohnort eingesetzt wird, kommt in ein Lager. Für die Überwachung dieser Arbeitslager werden frühpensionierte Polizisten eingesetzt.
Im Frühjahr legte die Koalition aus FIDESZ und Christdemokraten eine neue Verfassung vor, die laut der konservativen Welt besser ins Mittelalter passt. Darin wird Ungarn als christliches Land festgeschrieben, das von gott gesegnet sei. Die Rechte von Minderheiten wie Juden, Romas, Nichtchristen, Homosexuellen sind deutlich eingeschränkt.
(http://www.welt.de/politik/ausland/article13002319/Opposition-bezeichnet-neue-Verfassung-als-Diktatur.html)
Im April wurde diese Verfassung mit der Zweidrittelmehrheit der Regierung verabschiedet. Dabei ist zu vermerken, dass diese Regierung ihre Zweidrittelmehrheit mit nur 53% der Wählerstimmen erhalten hat.
Nun im Dezember peitschte die Regierung ein neues Wahlgesetz durch das Parlament, durch das sie bei zukünftigen Wahlen noch sicherer Mehrheiten oder wieder verfassungsändernde Mehrheiten erhalten kann. Das Verfassungsgericht kritisierte zwar Teile des Gesetzes als verfassungswidrig. Doch dieses Gericht wird mit Inkrafttreten der neuen Verfassung Anfang Januar aufgelöst. So kann dann auch das neue undemokratische Wahlgesetz ungehindert in Kraft treten. Zudem hat die Regierung 200 unliebsame Richter in Zwangspension geschickt. Die freien Posten werden mit treuen Gefolgsleuten besetzt.
Die EU meldete sich nicht zu Wort. Sie protestierte mit einem Brief von EU-Kommissionspräsidenten gegen die Beseitigung der Unabhängigkeit der Nationalbank, die nun unter die Kontrolle der Regierung gestellt wird. Das war den Vertretern des Finanzkapitals wichtiger als die faktische Abschaffung der Demokratie.