Faschistisches Attentat in Norwegen: Einzeltäter? Verrückt?

Es ist wie immer bei faschistischen Attentaten, die sich in der Regel gegen die Bevölkerung richten und meist zahlreiche Opfer fordern:

Ist noch nicht raus, wer es tatsächlich war, wird der Anschlag „Linken“ oder „Islamisten“ zugeschrieben. So geschah es in Norwegen auch. Als nur der Anschlag auf den Regierungssitz bekannt war, verbreiteten Medien vage Meldungen über Terror. Klar war, es muss eine radikale Organisation dahinter stecken.

Findet man dann heraus, wer es wirklich war, dann ist auf einmal keine Organisation mehr nötig und die Täter werden als Einzeltäter und als „psychisch gestört“ dargestellt. Weitere Sorgen muss und kann man sich nicht machen. Der „Kranke“ wird für einige Zeit weggesperrt. Verbindungen gibt es keine. Ja und verhindern kann man ja sowieso nie, dass es solche „Verrückte“ gibt.

So soll die Öffentlichkeit beruhigt werden. „Schlafe, braver Bürger. Wir kümmern uns schon um alles.“

Die Tatsachen sprechen jedoch eine andere Sprache.

Die sicher nicht als „linksradikal“ verdächtige Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) nennt für den Anschlag in Norwegen „Hinweise auf angebliche Finanzierungsquellen und Helfer in anderen europäischen Ländern“ (25.7.11, S.2)

Die brav-bürgerliche Stuttgarter Zeitung (26.7.11, S.2) titelt „Spur nach England“ und berichtet über Kontakte des faschistischen Mörders zur English Defense League (EDL), eine Organisation, die gegen Muslime hetzt und zum Krieg zur „Verteidigung des christlichen Europas“ aufruft. In Norwegen selbst war Breivik Mitglied der rechten, rassistischen Fortschrittspartei.

Alle diese Verbindungen sind bis heute nicht untersucht. Trotzdem wird gebetsmühlenartig die These vom „Einzeltäter“ wiederholt. Es ist schon merkwürdig, dass das Ergebnis bereits zu Beginn der Untersuchung „bekannt“ ist und nicht am Ende der Untersuchung.

Neu ist diese Methode nicht! Schon beim Attentat auf das Oktoberfest wollte man am liebsten, wie bereits beim Bombenanschlag auf den Bahnhof Bologna mit 85 Toten, den „Linken“ die Schuld in die Schuhe schieben. Doch der Bombenanschlag in Bologna wurde von Faschisten unter Anleitung der NATO-Geheimarmee Gladio durchgeführt, um in Italien einen Staatsstreich vorzubereiten. Und das Oktoberfest-Attentat wurde nie richtig aufgeklärt. Beweise für Verbindungen des Attentäters Köhler zur faschistischen „Wehrsportgruppe Hoffmann“ und zu anderen rechtsradikalen Gruppen wurden ignoriert. Zeugen, die Köhler vor dem Attentat mit anderen gesehen hatten, wurden im Verfahren nicht berücksichtigt. Eine abgerissene Hand, die keinem der Opfer des Attentats gehörte, wurde als „unwichtig“ eingestuft. Dabei hatte sie offensichtlich einem der Mittäter gehört. 1998 schließlich wurden sämtliche Beweisstücke, darunter diese Hand, von der Bundesanwaltschaft vernichtet, weil der Fall „abgeschlossen“ sei. Dabei hätte man damals schon mit Hilfe der DNA-Analyse viele Spuren wie die Hand erneut untersuchen und Zusammenhänge finden können. (Siehe dazu auch den Beitrag der Zeit „Die unbekannte Hand“, http://www.zeit.de/2010/37/Oktoberfest-Attentat/seite-1) Im Gegensatz zu Italien wurde jedoch in Deutschland das Wirken der NATO-Geheimarmee Gladio nie aufgedeckt, obwohl bekannt ist, dass es diese in allen Ländern Europas gab und diese in Zusammenarbeit mit den Geheimdiensten mit Faschisten kooperierte, Anschläge verübte, Menschen ermordete.

Die Art wie jetzt mit dem Attentat von Norwegen umgegangen wird und wie die deutsche Regierung und die Medien den Fall darstellen, erinnert sehr an diese alten Vorgänge.

 

In Deutschland „keine Hinweise“?

Ohne irgend etwas geprüft zu haben, ließ das Bundesinnenministerium erklären: „Tat und Täter weisen nach derzeitigem Kenntnisstand keine Bezüge zu Deutschland auf.“ (Stuttgarter Ztg., 26.7.11)

Doch auch hier sprechen die Tatsachen eine andere Sprache. Auch in Deutschland gibt es das Hassmilieu, in dem der Mörder Breivik in Norwegen groß geworden ist. Zwischen der rechten Szene in den nordischen Ländern und der rechten Szene in Deutschland gibt es enge Verbindungen. Sprache, Ziel, Hass und Brutalität sind gleich. Auf Webseiten wie der Initiative 1683 (was an die Schlacht gegen die Türken vor Wien erinnern soll), von PI (Political incorrect wird gehetzt. Als ein „Islam“-Experte wird dabei Michael Mannheimer genannt. Mannheimer sagt in seinem Internet-Blog nach dem Terroranschlag und nach der Verhaftung Breiviks, er habe ja schon vor Jahren „einen möglichen Bürgerkrieg als Folge der sozialdemokratisch gelenkten islamischen Kolonisierung Norwegens vorausgesagt“ und es sei nicht sicher, ob Breivik der Täter sei.

In einem Forumsbeitrag ruft er zum gewaltsamen Kampf und zum Sturz der Regierungen Europas auf. Bei einer revolutionären, linken Organisation wäre das schon ein Anlass für Hausdurchsuchungen, Ermittlungen, Anklage und ein Verfahren. Bei diesen Leuten, die zu Rassen- und Religionshass aufrufen jedoch passiert nichts:

In Anbetracht der Tatsache, dass das gesamte deutsche Establishment: Politik, Wissenschaft, Medien, Justiz und jetzt auch die Kirche mit dem Islam sympathisiert und kollaboriert und dazu übergegangen ist, im Sinne des Islam massiv an der sukzessiven Abschaffung des deutschen Grundgesetzes zu arbeiten, in Anbetracht ebenfalls der verfassungswidrigen Ent-Ethnisierung der deutschen Bevölkerung gegen zuvor ergangene höchstrichterliche Beschlüsse, gegen den ausdrücklichen Willen unserer Verfassung und gegen den Willen des absoluten Großteils der Bevölkerung, halte ich daher die Zeit für gekommen, die Inkraftsetzung und schonungslose Anwendung des Widerstandsrechts (und der Widerstandspflicht) aller Deutschen gemäß Artikel 20 Abs.4 des GG auszurufen!

Gemäß den Statuten dieses Widerstandsrechts darf und muss sich das deutsche Volk gegen ALLE Kräfte erheben, die im Begriff sind, die deutsche Verfassung abzuschaffen – was politische Parteien, Kommunal-, Landesregierungen und Bundesregierung – aber auch Medien und sonstige wichtigen Multiplikatoren veröffentlichter Meinung miteinbezieht, die dies unterstützen. Das Widerstandsrecht erlaubt diesen Kampf ausdrücklich mit allen Mitteln, auch bewaffnet und unter Bedingungen eines Bürgerkriegs, wenn sonstige Maßnahmen nicht gefruchtet haben.

Bürger Deutschlands! Polizeien Deutschlands! Soldaten und Offiziere Deutschlands! Erhebt euch! Verteidigt eure, verteidigt unser aller Freiheit! Verteidigt den Fortbestand unseres freiheitlichen Grundgesetzes gegen seine Feinde, die aus den Reihen ALLER politischen Parteien und den Redaktionen der meisten deutschen Medien kommen! Und verteidigt sie ebenso gegen die Feinde aus den Reihen jener islamischen Einwanderer, die unser Land zu einem islamischen Land machen und hier die barbarisch-vorsteinzeitliche Scharia einführen wollen.

Vertreibt das herrschende Establishment aus seinen Ämtern und Schreibstuben und stellt die Verantwortlichen vor ein Gericht! Wie 1933 hat dieses Establishment schon wieder versagt! Organisiert Euch! Erhebt euch von euren Sofas! Geht auf die Straßen! Greift zu den Waffen, wenn es keine anderen Mittel gibt! Für uns, für unsere Kinder, für unsere Geschichte! Es lebe die Freiheit!

Michael Mannheimer“

(zitiert nach Telepolis, 26.7.11, http://www.heise.de/tp/artikel/35/35196/1.html)

Mittlerweile hat sich ein breites Netzwerk solcher Gruppierungen mit vielen Internetseiten gebildet. Sie stellen sich als „Verteidiger des Grundgesetzes“, als „christlich-jüdisch“ dar. Sie propagieren Leute, die gegen den Islam hetzen und den Kulturkampf bzw. Krieg der Religionen propagieren wie Broder, Wilders. Und sie bilden ein europäisches Netzwerk, wie die bereits erwähnte EDL (European Defense League), die zahlreiche Ableger in Europa, darunter auch in Deutschland hat.

Die beruhigenden Worte aus dem Innenministerium vertuschen also die Realität. Die Gefahren, die von diesen reaktionären Kreuzzüglern und Religionskriegern ausgehen, werden klein geredet. Denn oft spielt die offizielle Politik dieselbe Karte, wenn sie mal wieder demokratische Rechte abbauen will, dann kommt die „Gefahr des Islamismus“ auf den Tisch. Wenn die CDU/CSU auf Stimmenfang geht, dann hetzt sie gegen die „integrationsunwilligen Ausländer“. Wenn von Sozialabbau und Arbeitslosigkeit abgelenkt werden soll, dann kommt das Thema „Ausländer“ auf den Tisch. Das Kapital liebt die Spaltung. Denn Herrschenden ist es lieber, wenn sich die unten gegenseitig den Schädel einschlagen, als dass sie sich gemeinsam gegen die Herrschaft des Kapitals wehren. Und von dieser bürgerlichen Hetze und Spielart des Rassismus aus gibt es wiederum Verbindungen zu den wortradikalen und von da zu den real radikalen Hasspredigern wie Breivik und Co. Daher lässt man solche Leute wie Mannheimer und Co. unbehelligt zum bewaffneten Kampf aufrufen. Was ist das anderes als das Manifest von Breivik? Wenn dann auch in Deutschland real Schüsse fallen und Menschen sterben, dann werden dieselben Leute „entsetzt“ sein und voll Abscheu auf den „verrückten Einzeltäter“ zeigen.