Eurokrise: Elend und Armut breiten sich aus

2011: Protest in Irland gegen die Abwälzung der Krisenlast auf die Arbeiterklasse, CC-LizenzWir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“

Premierminister von Luxemburg Jean-Claude Juncker (SPIEGEL 52/1999)

 

Im reichen Europa steigt die Armut an. Griechenland, Irland, Portugal, Spanien… die Liste der Länder, die zu Tode spekuliert werden wird immer größer.

In Irland haben zigtausende ihre Jobs, ihre Wohnungen und Häuser verloren. Die Wirtschaftsleistung schrumpfte seit dem Offenbarungseid des irischen Staates um 16%. Die offizielle Arbeitslosigkeit liegt bei steigender Tendenz bei über 16%. Im öffentlichen Dienst wurden die Gehälter um 15% gekürzt. Die Schlangen vor den Suppenküchen der Kirchen und der Ausgabe von Essenspaketen wachsen. Selbstmorde aus wirtschaftlicher Not haben rasant zugenommen. Die Regierung kürzte Sozialleistungen und Renten, schloss Krankenhäuser, Postämter und Polizeistationen, erhöhte Gebühren und Steuern – nur die ausgesprochen niedrige Unternehmenssteuer von 12,5% blieb.

In Griechenland sind mittlerweile weit über 20% der Menschen offiziell arm, bei den Jugendlichen sind es noch mehr – Tendenz steigend. Auch hier das gleiche Programm zur angeblichen Sanierung des Staatshaushaltes: steigendes Rentenalter bei sinkenden Renten, Schließung von Krankenhäusern und Kultureinrichtungen. Geld muss her, um die Banken zu bedienen.

In Portugal dasselbe Bild. Die Zahl der Armen wächst stetig.

Und in Deutschland? Viele meinen: Da geht es uns noch recht gut. Doch in Wirklichkeit wird kräftig Sozialabbau betrieben. Beim so genannten „Sparpaket“ der Bundesregierung mit rund 86 Milliarden Euro wurde vor allem bei HartzIV-Empfängern, bei Rentnern, Arbeitslosen massiv gespart. Dazu wird im Gesundheitswesen, bei der Kultur, bei den Kommunen, die fast pleite sind, auf Teufel komm raus gespart.

 

„Wir müssen sparen“

Diese Devise galt nicht, als Banken vor dem Kollaps standen. Da wurden in ganz Europa viele hundert Milliarden neue Staatsschulden aufgenommen, um die Banken zu „retten“. Vor allem deutsche Banken, die mittlerweile in Europa zu den größten gehören, hatten sich verspekuliert und für viele hundert Milliarden Euro faule Kredite vergeben bzw. marode „Wertpapiere“ gekauft. Mit dieser Krise stiegen die Staatsschulden noch einmal so richtig in astronomische Höhen.

Von der Europäischen Zentralbank erhielten die Banken ausgesprochen billiges Geld – teilweise für weniger als 1% Zinsen. Dieses Geld verliehen die Banken z.B. an Griechenland, Portugal, Irland, Deutschland, damit diese Staaten ihre „Rettungsfonds“ für die Banken bezahlen konnten. Dafür kassierten sie teilweise 7 oder 8% Zinsen. So haben die Banken mit ihrem eigenen Elend ein einträgliches Geschäft gemacht.

Länder wie Spanien und Irland hatten bis zur „Bankenkrise“ noch Überschüsse in ihren Haushalten. Erst durch die „Rettung“ der Banken sind diese Staaten so extrem ruiniert.

Und wer zahlt diesen Ruin?

Die Arbeitslosen, die Rentner, die Arbeiter/innen und Angestellten, die Jugend. Daher das zunehmende Elend! Für das Kapital müssen wir den Gürtel enger schnallen.

 

Der Staat gehört dem Kapital

2011 müssen in vielen EU-Staaten auslaufende Kredite bzw. Staatsobligationen erneuert werden, insgesamt 920 bis 945 Mrd. Euro. Die Bundesrepublik benötigt 211 Mrd. , Frankreich 196, Italien 233, die Niederlande 50, Spanien 91, Griechenland 47, Belgien 39 und Irland 23 Mrd. Euro. Und das ist jedes Jahr so. Mittlerweile ist jeder Finanzminister Bittsteller auf den Kapitalmärkten. Dementsprechend können diese diktieren. Die Staaten haben weitgehend ihre formelle „Unabhängigkeit“ verloren und sind direkt und unmittelbar dem Finanzkapital ausgeliefert.

Es ist paradox: Die „Bankenkrise“ hat den Banken noch mehr Macht als je zuvor beschert. Sie beherrschen die gesamte Gesellschaft, umklammern sie wie ein Krake mit seinen Fangarmen.

Was wir in dem Artikel auf S.10, „Profit privat – Die Kosten trägt die Gesellschaft“ herausarbeiten, gilt auch hier. Der Profit wird privat angeeignet, den Schaden trägt die Gesellschaft. Daraus entsteht ein zunehmender Teufelskreis. Denn wenn wieder einmal hunderte Milliarden für eine „Rettung“ den Banken in den Rachen geschmissen werden, dann haben sie noch mehr Macht. Die Länder, die die „Rettung“ finanzieren, werden dadurch noch wackliger und zu den nächsten Opfern des Finanzkapitals. Als Griechenland am Rand des Staatsbankrotts stand, haben Portugal, Irland, Spanien usw. die „Rettung“ noch mitfinanzieren und ihre Staatsschulden rasant erhöhen müssen. Kurz darauf war Irland dran, dann Portugal. Wer kommt als nächster? Denn klar ist, dass nun Staaten, die bisher noch halbwegs als „solide“ (was man halt so unter der Herrschaft des Finanzkapitals als „solide“ bezeichnet) galten, nun von den Ratingagenturen herabgestuft werden, da sie ja mehr Schulden am Hals haben, dann in die Klemme kommen, höhere Zinsen bezahlen müssen und schließlich ebenfalls auf den Bankrott zu schlittern.

Der Schaden für die Gesellschaft, insbesondere für die Arbeiter/innen und Angestellten, die Arbeitslosen, Rentner und die Jugend, wird immer größer.

 

Stillhalten oder kämpfen?

Es ist beschämend, dass viele Gewerkschaftsführer angesichts dieser unverschämten Angriffe des Kapitals nicht viel unternehmen, außer ein paar Fensterreden und lahmer Protestaktionen. Es ist beschämend, dass der IG Metall-Vorsitzende Huber verkündete, er wolle den Kapitalismus retten: „Sie brauchen keine Angst haben vor dem Untergang der Marktwirtschaft, da kann ich Sie beruhigen.” „Glauben Sie mir: Der Huber mit seiner IG Metall wird nicht die Macht über die deutsche Industrie erringen.“ (aus einem Interview mit der FAZ, http://m.faz.net/RubD16E1F55D21144C4AE3F9DDF52B6E1D9/Doc~E36D460FEA22D4C708F8DB45D2548E016~ATpl~Epartner~Ssevenval~Scontent.xml)

Dementsprechend wurde in den letzten Jahren von Seiten der Gewerkschaftsführer kaum gegen die Abwälzung der Krisenlasten auf die Beschäftigten gekämpft. Es gab Stillhalteabkommen und Lohnabschlüsse, die unter der Inflationsrate liegen, sodass es zu weiteren Lohnsenkungen kam. Das deutsche Kapital hat mittlerweile mit die niedrigsten Lohnstückkosten in Europa und drückt seine Konkurrenten an die Wand. Auch die deutschen Banken sind bei der Finanzkrise an vorderster Front und ausgesprochen aggressiv gewesen. Sie konnten den Hals nicht voll kriegen.

Sollen wir diesen Kapitalismus, der die ganze Gesellschaft in den Abgrund reißt, retten, wie Huber will? Oder sollen wir für die Interessen der Arbeiter/innen, Angestellten, Rentner, Arbeitslosen, Jugend kämpfen?

In unserem Mai-Aufruf auf S.16 haben wir klare Forderungen für die aktuelle Situation wie

– Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!

– Mindestlohn von 10 Euro!

– Beseitigung der Leiharbeit!

Usw.

Nicht nur am 1.Mai, sondern Tag für Tag in Betrieb und Gewerkschaft müssen wir für die Umsetzung dieser Minimalforderungen kämpfen! Jede Kollegin, jeder Kollege weiß, dass das keine Selbstverständlichkeit und auch keine Kleinigkeit ist, sondern harte Arbeit erfordert. Überzeugungsarbeit in der Belegschaft, Auseinandersetzungen in der Gewerkschaft, Kampf gegen diejenigen, die sich dem Kapital unterordnen wollen, Organisierung der Kolleg/innen und von Kampfaktionen.

 

Eine andere Gesellschaft muss her!

Doch alle diese Kämpfe um unsere Forderungen verbessern lediglich unsere Lage innerhalb des Systems. Oft halten sie auch nur eine Verschlechterung auf. Das System ist auf dem besten Weg in den Abgrund. Wenn wir dieses System nicht stoppen und abschaffen, reißt es uns alle mit. Deshalb müssen wir Schluss machen mit dem System des Kapitalismus, mit der Herrschaft des Finanzkapitals! Dazu brauchen wir eine Einheit aller Bewegungen gegen die Auswirkungen dieses Systems. Dazu brauchen wir Klarheit und Einheit über unseren Weg und unser Ziel. Dazu brauchen wir eine starke, einheitliche, revolutionäre und kommunistische Arbeiterpartei, die an allen Kämpfe aktiv teilnimmt und darin darauf hinwirkt, dass man sich zusammenschließt, dieses System stürzt und eine neue Gesellschaft aufgebaut wird, in der nicht mehr das Kapital herrscht, sondern die Arbeiter/innen gemeinsam mit den Angestellten, den Rentner/innen, der Jugend.

Rosa Luxemburg hat die Alternative aufgezeigt: Sozialismus oder Barbarei!

Wir stehen am Scheideweg: Entweder weiter mit dem Kapital in die Katastrophe oder Sozialismus. Natürlich einen Sozialismus, der aus den Fehlern und Mängeln der ersten Versuche gelernt hat.

ernst