Fukushima zeigt die Grenzen des Kapitalismus! Karl Marx hat es vor weit über einem Jahrhundert gezeigt: Das zur gesellschaftlichen Herrschaft gelangte Kapital kann sich nur für den Wert, für den Profit, für den Ausdruck des Wertes, für das Geld, für möglichst viel Geld und Profit interessieren und muss die sachliche Seite aller Produkte dem Profit-Kalkül unterordnen. Ein Produkt kann noch so gut oder schön sein, ein schönes Haus, ein perfektes Auto, ein gutes Lebensmittel – es wird in der kapitalistischen Produktion schier gesetzmäßig der Kostensenkung zum Zwecke der Profitmaximierung unterworfen. Kostensenkung ist im übrigen in ihrem Wesenskern immer Einsparung von menschlicher Arbeitskraft, Einsparung von Arbeiter/innen und Angestellten – soviel es immer geht.
Auch all die Atomkraftwerke sind diesem Kalkül unterworfen. Das Kapital vernachlässigt Sicherheit nicht (nur) aus Gier, dieser bösen menschlichen Eigenschaft – nein, es ist schlimmer – das ewige Einsparen an der Sicherheit ist für das Profitkalkül nichts als Kostensenkung, das logische Pendant zum Profitmachen. Profitmacherei mittels Atomstrom schreibt Kostensenkung genauso zwingend vor wie das Profitmachen mit Autos oder mit Brot, mit einem Hotel oder mit einer Großfarm. Dem Profitmachen mit einer extrem risikoreichen – zu deutsch: gefährlichen – Technik ist im Kapitalismus die Katastrophe strukturell eingeschrieben!
Brauchen wir zum Beweis noch einen Super-GAU?
Vor Tschernobyl – wir haben das nicht vergessen – haben deutsche Atom-Manager russische AKWs mit der Tschernobyltechnologie besichtigen können und danach Lobeshymnen abgesondert, eine wie „produktionsorientierte, auf ungehinderte Durchführung aller notwendigen Prozesse ausgerichtete Technologie“ sie dort gesehen hätten. Mit anderen Worten, nicht so viel – kostentreibendes – Sicherheitsbrimborium etc. etc. Aber: Atomkraftwerke dulden in kritischen Situationen keine Fehler.
In Tschernobyl wurden in einer extrem kritischen Situation diese vom Bedienungspersonal gar nicht erkannt! Und es wurden eindeutige Sicherheitsvorschriften einfach übergangen, auf Anordnung der Schichtleiter! Wozu dann die Vorschriften, wenn sie übergangen werden? Oder anders ausgedrückt: In kritischen Situationen hing die Sicherheit an Papier! Im Kapitalismus sind papierene Vorschriften stets Kostentreiber, Störungen im zügigen Produktionsablauf. Nicht umsonst ist eine durchaus wirksame Streikmaßnahme der „Dienst nach Vorschrift“
In Fukushima ist offensichtlich in der Planung die Frage nie ernsthaft studiert worden, was geschieht, wenn einfach kein Strom mehr da ist. Einfach kein Strom, um die Kühlung aufrecht zu erhalten. Es war aber so: In einem höchst industriellen High-Tech-Land wie Japan war plötzlich kein Strom mehr da, um die existenziell wichtige Kühlung aufrecht zu erhalten. Bis heute ist er nicht da! Zwar hat man eine neue Notleitung zum AKW verlegt, aber in die Reaktoren kommt man damit (noch?) nicht. Eine solche Situation wurde in der Planung einfach als zu unwahrscheinlich ausgeschlossen. Nun ist sie da!
Es ist für Kommunisten eine historische Tragik, dass der bis zum 11. März 2011 schwerste Atom-Unfall in der kapitalistisch entarteten Sowjetunion geschah, in dem Land, das sich auch am 26. April 1986, am Tag der Explosion des Reaktors Nr. 4 in Tschernobyl, vehement als das fortgeschrittenste sozialistische Land der Welt bezeichnete. Man führe sich den bekannten Ablauf dieser Katastrophe vor Augen. Sie zeigt nicht nur, was bereits gesagt wurde, dass Atomenergie in kritischen Situationen keine Fehler erlaubt, aber heute bereits ganz real zum mindestens 3. Mal erlebte! (Vor Fukushima und Tschernobyl war bekanntlich auch der Harrisburg-GAU (USA!)!).
Nein! Zusätzlich wirft das Desaster Tschernobyl auch ein Schlaglicht auf den Zustand der Führungsstruktur, auf die gesellschaftliche Lage unter der Führung der revisionistischen Partei KPdSU. Sie stellte sich als kommunistisch und sozialistisch dar und verwendete zu Ritualen erstarrte innere, ideologische Strukturen, die sie weitgehend aus der revolutionären Zeit Lenins und Stalins konserviert aber sinnentleert hatte, um die Menschen über den wahren Zustand des Landes und wer da herrscht zu täuschen – wie alle revisionistischen Parteien. Mit Sozialismus oder Kommunismus hatte das schon nichts mehr zu tun. Es war eine leere Hülle, die später von Gorbatschow endgültig als Hemmnis für die neue herrschende Klasse zerstört wurde. Nicht umsonst stammen die heutigen Führer in vielen Staaten Osteuropas aus diesen entarteten revisionistischen Parteien, auch wenn sie heute „Sozialdemokraten“, „Nationalisten“, „Sozialisten“ oder immer noch Pseudo-Kommunisten sind.
Die Führung dieser Partei vor Ort führte auch die Anlage. Die Kraftwerksleitung war zumindest zu einem Großteil auch die Leitung der Partei vor Ort. Wer Kraftwerksleiter wurde, entschied die Partei. Und deren nationaler, UdSSR-weiter Kopf, die Moskauer Führung unter Gorbatschow et tutti quanti, sie führte aller Welt nicht nur vor, wie sie selbst angesichts der Tschernobyl-Apokalypse tickte, sondern auch, wie ihre gesamte Organisation tickt, von oben bis unten, bis zum Block 4 in Tschernobyl. Bekanntlich stinkt der Fisch vom Kopf!
Man tickte übrigens im Wesentlichen genauso wie die rein-kapitalistischen Nachfahren in Fukushima: Tarnen, Täuschen, Vertuschen, die Öffentlichkeit nicht warnen, im Unklaren lassen über tödliche Gefahren, sich darauf Verlassen, dass es genug Menschen gibt, die man verheizen kann, organisatorisch technisch völlig überfordert! Eine für die Katastrophe adäquate Rettungsorganisation zu schaffen, zu trainieren, bereit zu halten, überschreitet im Übrigen ja jeden Kostenrahmen!
Der Mensch irrt alltäglich, aber die Sicherheit ganzer Weltgegenden von der Versicherung abhängig zu halten, dass in extrem gefährlichen Atomanlagen schon nichts schief gehen werde, gar nicht schief gehen könne, das ist weder im Sozialismus/Kommunismus noch im Kapitalismus materialistisch. Es ist damit unwissenschaftlich, und beriefe man sich noch so sehr auf die Fortschritte in Technologie und Wissenschaft. Statt dessen handelt es sich um einen gefährlichen Idealismus!
Wenn heute Leute, die sich als Kommunisten sehen, immer noch die Atomtechnologie der UdSSR, der DDR usw. verteidigen oder glauben, im „Sozialismus“ könne man „sichere AKWs“ bauen, so sind sie auf dem Holzweg.
Als Kommunisten haben wir schon lange vor Tschernobyl gegen AKWs gekämpft, z.B. 1976 gegen das AKW Brokdorf – also vor 35 Jahren. Und wir haben schon damals erklärt, dass das auch für die Zukunft, für den Sozialismus gelten muss.
Alle linken Kräfte, die noch an eine beherrschbare Atomenergie glauben, müssen sich von diesem idealistischen Traum verabschieden. Das Nein zur industriellen Atomenergie gilt auch für eine Zukunft im Sozialismus. Wir werden keinem Menschen und keiner menschlichen Organisation die Verantwortung für Katastrophen aufhalsen, wie wir sie zum zweiten Mal innerhalb 25 Jahren erleben. Harrisburg ging bekanntlich gerade noch einmal „gut“(?). Von den Vorgängen in Majak, auch Sowjetunion!, wissen wir noch so wenig. Bei dem Starren auf die Atomkatastrophen bleiben im Übrigen die „anderen Probleme“ der Atomenergie noch außen vor: Die Endlagerungsproblematik, die Notwendigkeit, Atommüll Jahrtausende sicher zu verwahren…
Wer auch in der gesellschaftlichen Produktion eine menschliche, eine Menschen-gerechte Zukunft will, wird das auch bei den Entscheidungen gegen die Atomtechnologie im Auge haben. Nachhaltigkeit, Energieeinsparung bis auf Minima(!), Umweltgerechte und beherrschbare Technik – sie sind kommunistische Grundsätze, Grundsätze für eine Produktion im Sozialismus und Kommunismus!
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