Öffentlicher Dienst: Tarif- und Besoldungsrunde 2011: Nullkommanull plus Kürzungen!?

Korrespondenz: Im Frühjahr 2011 findet die Tarif- und Besoldungsrunde für die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes der Länder sowie für die Beamten in der Landes- und Kommunalverwaltung statt. In Sonntagsreden sprachen sich in den letzten Monaten verschiedene bürgerliche Politiker für Lohnzuwächse für Arbeiter- und Angestellte aus.

Landespolitiker in Bayern geben aber nun, da die Verhandlungen bevorstehen für Bayerns Beamte eine ganz andere Richtung vor: „Nullkommanull plus Kürzungen!“

Die Gewerkschaften Ver.di, GEW, GdP und der Beamtenbund haben am 14.12.2010 in ihrer Bundestarifkommission Forderungen für die im Frühjahr anstehenden Tarifverhandlungen ausgearbeitet und vorgestellt. Neben Forderungen zur Arbeitszeit und zur tarifrechtlichen Anpassung stand die Entgeltforderung im Mittelpunkt. Mit der Forderung von 50 Euro plus drei Prozent mehr Gehalt blieben die Gewerkschaften jedoch hinter den Erwartungen der betroffenen Belegschaften und der Gewerkschaftsbasis zurück. Immerhin hatte Ver.di- Bundesvorsitzender Frank Bsirske noch vor kurzem „kräftige Lohnerhöhungen“ in den Herbstkampagnen angekündigt. Als befriedigend kann jedoch der geforderte Sockelbetrag gewertet werden, der die unteren Lohngruppen begünstigt und der hohen Einkommensschere im öffentlichen Dienst ein klein wenig entgegenwirkt. Allerdings sind 50 Euro recht bescheiden.

Und obwohl bürgerliche Politiker in den letzten Monaten immer wieder Verständnis für Gehaltserhöhungen eingeräumt haben, ja diese teilweise gefordert haben, ist eine weiche Verhandlungsrunde nicht vorprogrammiert. Die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes fragen sich schon jetzt, was letztendlich durchgesetzt werden kann, was von einer kleinen Gehaltserhöhung übrigbleibt, wenn Steuer- und Abgabenerhöhungen und Inflationsanstieg mit einbezogen werden – bleibt überhaupt etwas übrig?

Nicht akzeptabel ist die Forderung nach Mitgliedervorteilsregelungen. So schreibt verdi in seinem Flugblatt zur Tarifrunde: „Wir wollen, dass der gesellschaftliche Beitrag, den die gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten für die Gestaltung der Arbeits- und Tarifbeziehungen leisten, anerkannt wird. Dafür sind Mitgliedervorteilsregelungen geeignet.“

Im Klartext heißt dieses geschwollene Deutsch: Mitglieder von Ver.di, GEW, GdP und Beamtenbund sollen bessere Tarife erhalten als Nicht-Mitglieder. Das widerspricht den Interessen aller Beschäftigten im Öffentlichen Dienst. Denn, um diese besseren Bedingungen zu erhalten, muss man gegenüber dem Arbeitgeber seine Mitgliedschaft in der Gewerkschaft nachweisen. Ebenso werden dadurch die Belegschaften gespalten. Statt die Kolleginnen und Kollegen, die noch nicht in der Gewerkschaft sind, durch gute Gewerkschaftsarbeit zu gewinnen, statt sie durch richtige Forderungen in dem Kampf mit einzubeziehen, sollen sie mit Bestrafung in die Gewerkschaft getrieben werden. Das wird jedoch den Mitgliederschwund nicht stoppen. Es wird den Umbau der Gewerkschaften zu Versorgungseinrichtungen verstärken. Das muss von allen fortschrittlichen Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern grundsätzlich abgelehnt werden. Wir wollen kämpferische Gewerkschaften und keine Gewerkschaften, die in Kooperation mit den Arbeitgebern die Beschäftigten gängeln.

Unter den Beschäftigten im Öffentlichen Dienst der Länder befindet sich auch eine beträchtliche Anzahl an Beamten, die bereits jetzt mit Spardrohungen ihrer jeweiligen Landesregierungen konfrontiert werden. So hat etwa die Bayerische Staatsregierung für „ihre“ Beamten einschneidende Maßnahmen geplant: Nullrunde für 2011, Aussetzung von Leistungsbezügen, Absenkung um eine Besoldungsgruppe bei Neueinstellungen, Wegfall der Jubiläumszuwendungen etc. Die „Staatsdiener“ in Bayern wurden vom CSU-Fraktionsvorsitzenden, Georg Schmid aufgerufen, dass sie sich nicht beklagen sollten, denn schließlich müssten auch die Beamten einen Beitrag zum Sparpaket leisten. Georg Schmid weiß wovon er spricht, als Ex-Verwaltungsrat der Bayerischen Landesbank und Mitverantwortlicher für das Desaster dieser Bank möchte er von den Folgen der milliardenschweren Mehrbelastung ablenken und stattdessen die Öffentlichkeit auf „Privilegien“ des Beamtentums hinweisen. Doch die Einschnitte bei Beamtinnen und Beamten in den letzten Jahren führten in den unteren Gehaltsgruppen zu kläglichen Realeinkommen, die gerade noch zum Leben reichen! Bei vielen Beamtinnen und Beamten haben sich zwar in den vergangenen Jahren Verärgerung und Frust eingestellt, doch gilt ihre Protestbereitschaft als gering. Die Gewerkschaft Verdi fordert, dass die Ergebnisse der Tarifverhandlungen, (die erste Runde findet am 4. Februar 2011 in Berlin statt), von den Ländern zeit- und inhaltsgleich auf die Beamtinnen und Beamten übertragen werden sollen. Die Bereitschaft der Beamten zu Protest und Widerstandsaktionen für die gemeinsamen Interessen im Öffentlichen Dienst ist deshalb notwendig gefordert. ab

Anmerkung

Ein Protestbrief von Ver.di gegen die Sparmaßnahmen findet man unter http://bayern.verdi.de/gruppen/beamte/aktuelles/protest-gegen-sparbeschluesse

Dort kann man den Brief zum Unterschriften sammeln herunterladen, ausdrucken, unter Kolleginnen und Kollegen Unterstützerunterschriften sammeln und bei ver.di abgeben.