Am Samstag, den 26. Juni, punkt 14 Uhr, strömen cirka 60 Mitglieder des Kollektivs Palästina 95 aus allen Gängen des Carrefour-Marktes in Montigny-les-Cormeilles (Departement Val d`Oise) und versammeln sich in der Mitte des Zentralganges.
Die Aufpasser und Polizisten, die vor dem Kaufmarkt stationiert sind, haben nichts kommen sehen. In zwei Minuten wurde ein „wildes“ Tribunal errichtet. Der Vorsitzende mit roter Robe und Hermelinkragen, mit stolzer Miene, wird von seinen zwei Beisitzern flankiert.
Die Angeklagten – zwei Mitglieder des Kollektivs, Omar Slaouti und Alima Boumedienne, Senatorin – in Sträflingskleidung und in Handschellen, halten die Augen nicht gesenkt; sie sind sich sicher, im Recht zu sein.
In der Tat werden sie wirklich von einer israelischen Vereinigung gerichtlich verfolgt, weil sie vor einigen Monaten einen Boykott in einem anderen Markt von Carrefour in Val d’Oise durchgeführt hatten. Sie werden des Antisemitismus angeklagt, das ist der Gipfel.
Mehrere Persönlichkeiten des Departements aus Politik und Verbänden lösten sich vor den Schranken des Gerichts bei der Verteidigung der Angeklagten und der Verurteilung der kriminellen Haltung Israels gegen das palästinensische Volk ab.
Produkte, die aus den Regalen genommen worden waren, wurden dem Gericht gezeigt, um zu beweisen, dass Carrefour sehr wohl Waren israelischer Herkunft vertreibt.
Die Beiträge der Vereinigung der Juden für den Frieden wie auch die der Liga für die Menschenrechte wurden sehr beachtet, sowie der Beitrag des Vertreters unserer Partei, der unterstrich, dass wir auf nationaler Ebene in dieser Boykottkampagne engagiert sind.
Unser Genosse verurteilte die Barbarei der zionistischen Aggression im Gaza-Streifen, die Schandmauer, diese unsägliche Blockade und die Angriffe auf die humanitären Konvois. Er wünschte, dass diese Boykottkampagnen, die rund um die Welt verknüpft sind, die Staaten zu einem allgemeineren Boykott, so wie seinerzeit gegen das Südafrika der Apartheid, bringen wird.
Der Richter konnte im Lichte der Beiträge, von denen einer überzeugender als der andere war, unter dem Applaus der Öffentlichkeit nur die Einstellung des Verfahrens verkünden.
Das Gericht zieht sich also zurück und verwandelt sich in eine Demonstration in den Verkaufsstraßen des Marktes unter den Rufen „Israel Mörder, Carrefour Komplize“. Die Demonstration wird stärker. Mehr als 80 Demonstranten ziehen durch das Geschäftsviertel und machen vor dem Kaufhaus Sephora halt, das auch israelische Produkte vertreibt.
Die Demonstration endet auf dem Parkplatz, wo ein Mitglied des Kollektivs das Wort ergreift, um sich zu dem guten Verlauf dieser Aktion zu beglückwünschen und ein neues Treffen für den 9.September beim Tribunal von Pontoise bekannt zu geben, um Omar bei seinem „wirklichen“ Prozess zu unterstützen.
Korrespondenz der Zelle „Rino Della Negra“
Aus „La Forge“, Zeitung der Kommunistischen Arbeiterpartei Frankreichs (PCOF), Juli-August 2010