Berlin: Linkspartei auf Privatisierungskurs

Da reibt man sich verwundert die Augen: Die gleiche Partei, die permanent Privatisierung öffentlichen Eigentums, Börsenspekulation, den so genannten Neoliberalismus und die Folgen der Globalisierung in harten Worten anprangert, macht sich in Berlin für den Börsengang der ehemaligen städtischen Wohnungsgesellschaft GSW stark, nachdem sie diese bereits 2004 an die berühmt-berüchtigten Finanzgruppen Cerberus und Goldman-Sachs verkauft hat.

Die Folgen des damaligen ersten Schrittes zur Privatisierung, der gegen heftige Proteste von Mietern und Mieterschutzbund, von Linkspartei und SPD durchgeboxt wurde, kann man inzwischen sehen.

Cerberus und Goldman-Sachs, Finanzinvestoren, die von der Linkspartei in anderem Zusammenhang gern mal als „Heuschrecken“ bezeichnet werden, zahlten damals 405 Millionen Euro und übernahm Schulden von rund 1,6 Milliarden Euro – also ein Gesamtkaufpreis von rund 2 Milliarden. Inzwischen ist der Wert der Immobilien innerhalb von nur 6 Jahren um 60% gestiegen. Nur vier Jahre nach dem Verkauf konnten die Finanzjongleure Cerberus und Goldman-Sachs bereits 400 Millionen Euro Gewinn einsacken. Ein gutes Geschäft – 20% Gewinn auf das eingesetzte Kapital. Ein schlechtes Geschäft für die Stadt Berlin und die Mieter.

Doch den Finanzinvestoren reicht dieser Gewinn nicht. Sie wollen mehr. Dazu wollen sie nun die GSW an die Börse bringen. Nach dem Kaufvertrag von 2004 war das bis jetzt unmöglich, da die Stadt als Feigenblatt für das Verramschen öffentlichen Eigentums ein paar Mieterschutzklauseln in den Vertrag eingearbeitet hat.

Dem Wunsch nach mehr Profit wollen sich Linkspartei und SPD nun nicht widersetzen und dem Börsengang zustimmen. Treibende Kraft ist dabei die Linkspartei! So hat der Vorstand der Berliner SPD Mitte April den Börsengang abgelehnt, während allerdings die entscheidenden Senatoren den Börsengang unterstützen und die meisten SPD-Abgeordneten im Berliner Abgeordnetenhaus gemeinsam mit Linkspartei und FDP gegen die Stimmen von CDU und Grünen den Börsengang abgesegnet haben.

Für den zweiten Schritt der vermehrten Profitmacherei gibt es wieder ein Feigenblatt. Als „Erfolg“ vermeldet Jutta Matuschek, haushaltspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, im „Neuen Deutschland“, dass die „damals vereinbarten Mieterschutzklauseln bei einem Verkauf an der Börse weiter Gültigkeit haben.“ Dass also eine Finanzgruppe sich an die sowieso gültigen Verträge halten muss, wertet sie als „Erfolg“. Allerdings gelten die „Schutzklauseln“ nur bis 2014, also gerade einmal dreieinhalb Jahre. Das ist für einen Investor kein großes Problem. Kann er doch sicher sein, dass in drei Jahren die Aktienkurse einen Sprung nach oben machen werden.

Als weiteren Erfolg nennt sie dem ND: „Die GSW bleibt also als einheitliches Unternehmen erhalten.“ Ohne Zustimmung zum Börsengang drohe eine Zerschlagung in kleine Gesellschaften, die man angeblich nicht kontrollieren könne, ob sie die Verträge einhalten. Dass größere Finanzgruppen besser kontrollierbar seien, ist ja wohl ein Märchen, dass die Dame selbst nicht glaubt. Und dass Unternehmen, die an die Börse gehen, nicht zerschlagen werden können, gehört ebenso ins Reich der Märchen. Natürlich kann ein Börsenunternehmen jederzeit Teile weiter verkaufen, wenn dabei mehr Profit winkt. Es kann auch hinzukaufen, wenn das den Profit mehrt. Einziger Maßstab sind dabei nicht „Mieterschutzrechte“ sondern der Profit! Frau Matuschek betreibt also Dummenfang, wenn sie Märchen als „Erfolg“ verkauft.

Es ist dann wohl offene Demagogie und Scheinheiligkeit, wenn Frau Matuschek in dem ND-Interview meint: „Es ist richtig, vor Privatisierungsprozessen im Wohnungsbereich zu warnen. Wir haben mit der GSW aber schon ein privatisiertes Unternehmen…“ Sie verschweigt dabei, dass diese Tatsachen von ihrer Partei mit geschaffen wurden. Sie ist also nicht armes Opfer, dass nun nichts mehr gegen das Finanzkapital machen kann, sondern Täter, der dem Finanzkapital immer mehr in die Hände arbeitet.

Letztes „Bonbon“, dass Frau Matuschek anbietet, sind 30 Millionen Euro, die das Land Berlin für die Zustimmung zum sofortigen Börsengang von Cerberus und Goldman Sachs erhält. Doch dieses Bonbon wird schnell weggelutscht sein. Da warten bereits andere Finanzgruppen, die dem bis oben hin verschuldeten Land Berlin Kredite gewährt haben und nun ihre Zinsen und Tilgung einfordern. Und natürlich steht das Bonbon in keinem Verhältnis zu dem enormen Profit, die die Finanzinvestoren mit einem Börsengang machen können.

Es ist erschreckend, was die haushaltspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus im „Neuen Deutschland“ verkündet. Für jedes fortschrittliche und klassenkämpferische Mitglied in der Linkspartei muss dies eine Provokation sein. In Betrieb und Gewerkschaft, bei Aktionen arbeiten wir oft solidarisch mit Genossinnen und Genossen der Linkspartei zusammen, die wir als kämpferisch kennen gelernt haben und schätzen. Es ist ihre Aufgabe, gegen einen solchen Kurs in ihrer Partei zu kämpfen.

dm

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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