"Wie muss eine kommunistische Partei arbeiten? Was können wir aus unseren Erfahrungen lernen?“
Am Samstag, dem 17. April 2010, fand in der Nähe von Kassel das erste Seminar zum Aufbau einer Kommunistischen Arbeiterpartei statt.
Ein Genosse der Organisation für den Aufbau einer Kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands beschäftigte sich ausführlich und intensiv mit den Erfahrungen der zurückliegenden 42 Jahre seit der Wiedergründung einer marxistisch-leninistischen Partei in Deutschland.
In seiner Analyse stützte er sich auch auf die Erfahrungen aus Russland und insbesondere die Position Lenins zum Parteiaufbau.
Dabei hob er hervor, dass Lenin eine „Reduzierung der Rolle der Sozialdemokratie (damit meint er die revolutionäre Partei) auf die einer einfachen Dienerin der Arbeiterbewegung als solcher“ abgelehnt hat. (Lenin, Was tun?, AW in 3 Bdn., Bd. 1, S.180)
Auch heute müsse eine Anbetung der spontanen Bewegung zurückgewiesen werden, denn in der spontanen Bewegung setze ich immer die bürgerliche Ideologie durch, die großen Einfluss auf die Arbeiterbewegung und auch andere fortschrittliche Bewegungen habe. Deshalb brauche man eine bewusste und zielklare Organisation, die dem Kampf eine richtige Richtung gebe.
Er betonte weiter: „Lenin stellt hohe Ansprüche an eine Kommunistische Partei. So beklagt er in dem ,Brief an einen Genossen über unsere organisatorischen Aufgaben’:
,1. das Fehlen einer ernsten Schulung und revolutionären Erziehung (nicht nur bei den Arbeitern,
sondern auch bei den Intellektuellen), 2. eine unangebrachte und übertriebene Anwendung des Wahlprinzips und 3. die Entfremdung der Arbeiter von aktiver revolutionärer Tätigkeit…‘ (S.1)
Mit Punkt 2 bezieht er sich auf die besonderen Bedingungen durch die totale Unterdrückung unter dem Zarismus, die Notwendigkeit der illegalen Arbeit und die Möglichkeit der Durchsetzung der Organisation mit Spitzeln bei einer zu offenen Organisierung.“
Der Genosse unterstrich, dass wir weit von diesen Forderungen Lenins entfernt seien. Eine ernsthafte Schulung und Erziehung fehle weitgehend. Ebenso gebe es keine seriöse Haltung gegenüber dem heutigen Unterdrückungsapparat. Und von der Arbeiterklasse sei man so weit entfremdet, dass man wohl kaum von einer aktiven revolutionären Tätigkeit der kommunistischen Arbeiter sprechen könne.
Der Genosse wies daraufhin, dass Lenin forderte, dass die Arbeiterklasse auf allen Ebenen der Herr im Hause sein müsse. Die Arbeiterklasse habe in der KPD/ML – KPD und den vielen anderen in dieser Zeit entstandenen Gruppen aber immer eine Minderheit dargestellt, geschweige denn die Führung übernommen.
Er unterstrich weiter, dass Lenin betont habe, dass man die Führung der Bewegung nur kraft des Ansehens inne haben könnte. Natürlich könne man sich selbst zum „Führer der Arbeiterklasse“ oder zur „Kommunistischen Partei“ erklären, doch dass sei gegenwärtig Etikettenschwindel.
Im Folgenden ging er ausführlich auf die konkreten Erfahrungen in der KPD/ML – KPD ein. Dabei hob er zwei Aspekte hervor:
1. Diese Partei sei in einer Zeit des Niedergangs sowohl der internationalen kommunistischen Bewegung wie auch Arbeiterbewegung entstanden. Insbesondere in Deutschland habe der Revisionismus, die Entartung in den ehemals sozialistischen Staaten der antikommunistischen Hetze der Herrschenden Auftrieb gegeben. Der Revisionismus habe massiven Schaden angerichtet und die Rechnung müssten heute die revolutionären Kräfte zahlen. Insbesondere die Arbeiterbeweung habe damit eine langfristige Perspektive verloren und es bedürfe geduldiger Arbeit, um die Menschen wieder für die Perspektive des Sozialismus zu gewinnen. Die KPD/ML – KPD habe diese Schwierigkeiten nicht ausreichend analysiert und in ihrer Arbeit berücksichtigt. Stattdessen habe es über lange Zeit Illusionen gegeben. Beispielsweise habe lange Zeit die maoistische Parole „Haupttendenz ist Revolution“ auch als Leitlinie für die Arbeit in unserem Land gegolten, obwohl es eher abwärts ging.
2. Zum anderen sei die KPD/ML – KPD schon kurz nach der Gründung von Intellektuellen aus der Studentenbewegung überschwemmt worden. Die Konsequenzen für die Partei seien nicht ausreichend untersucht und dem entgegengewirkt worden. Dadurch hätten die Intellektuellen in schädlicher Weise die Führung übernehmen können.
Das habe zum einen zu vielen politischen Schwankungen zwischen extremem Sektierertum und haltlosem Opportunismus geführt. Beispielweise habe man lange Zeit die RGO-Politik (Revolutionäre Gewerkschaftsopposition) verfolgt. Nach anfänglich erheblichen Erfolgen sei man damit zunehmend in die Isolation geraten. Statt die Erfolge, aber auch die Schwächen ernsthaft aufzuarbeiten und daraus zu lernen, habe man zuerst einfach das „R“ gestrichen und GO-Politik gemacht und dann alles gestrichen und nur noch als „aktiver Gewerkschafter“ gearbeitet.
Zugleich habe die Herrschaft der Intellektuellen zu einem Stil der Auseinandersetzung und der Parteiarbeit geführt, der immer wieder zu Spaltungen geführt habe. Das Motto sei dabei oftmals gewesen: „Was brauche ich die Bourgeoisie als Feind, ich habe doch meine Genossen/-innen!“
Zum Schluss meinte der Genosse, dass objektiv eine starke Kommunistische Partei dringend nötig sei. Es stehe eine schwere Aufgabe vor uns, wenn wir uns zum Ziel setzen, die Arbeiterklasse zum Herr im Hause zu machen. Er rief dazu auf, sich gemeinsam an die Arbeit zu machen.
In der anschließenden Diskussion wurde dieser Aufruf aufgegriffen. Es war sichtbar, dass viele Teilnehmer diese Notwendigkeit ebenfalls sehen. Ein Genosse der KPD/ML (Roter Stern) ergänzte, dass Lenin immer davon gesprochen habe, dass zwischen Arbeiter und Intellektuellen ein Verhältnis von acht zu zwei bestehen solle. Von einigen Teilnehmern wurde gefordert, die Diskussion zu vertiefen und beispielsweise Fragen nach der Arbeit in Betrieb und Gewerkschaft, die Rolle des Revisionismus und die Grundlagen eines kommunistischen Programms auf die Tagesordnung zu setzen. Ein Genosse wies auf die Bedeutung der Arbeitslosen für die Arbeiterklasse hin. Sie seien Teil der Arbeiterklasse, würden aber oft übersehen.
In seinem Schlusswort dankte ein Genosse der Organisation für den Aufbau einer Kommunistischen Arbeiterpartei allen die bei der Realisierung dieses Seminars mitgeholfen haben. Er erklärte, dass im Abstand von 3 bis 4 Monaten weitere Seminare folgen sollen. Über Beiträge anderer zu diesen Seminaren freue man sich. Ebenso könnten weitere Themen vorgeschlagen werden. Wichtig sei es voranzukommen und Mängel zu beseitigen. Dabei könne jede und jeder mithelfen.
Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer äußerten sich zufrieden, teilweise begeistert von dem Verlauf des Seminars.
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