Frankreich: La Poste droht Zerschlagung und Privatisierung

Korrespondenz: 400 Jahre lang hat die
Staatspost in Frankreich den Dienst an ihren Kunden erfüllen können.
Die französische Regierung gab nun ihre Zustimmung zur Umwandlung
des Postbetriebes in eine Aktiengesellschaft und streitet weiterhin
ab, dass eine Privatisierung angestrebt werde.

Altbekannte Versprechen, die man auch
in Deutschland bei der Zerschlagung der Bundespost zu hören bekam,
werden nun regelmäßig über die bürgerlichen Medien zur Beruhigung
der Bevölkerung verbreitet. Die Post (la Poste) zählt neben der
französischen Postbank und der Bahn SNCF zu den letzten großen
Unternehmen, die sich in 100-prozentigen Staatsbesitz befinden. Über
400 Jahre hinweg konnte die Post in Frankreich als Staatsbetrieb
seinen Aufgaben gerecht werden (1). Doch seit geraumer Zeit gilt das
Staatsunternehmen für die herrschende Klasse in Frankreich als nicht
mehr konkurrenzfähig, beispielsweise gegenüber der Deutschen Post
AG. Die derzeitige französische Regierung hat im Januar trotz
breiten Widerstand aus der Bevölkerung der Umwandlung des
Postdienstes in eine Aktiengesellschaft zum 1. März zugestimmt. Die
Regierungspartei UMP rechtfertigte diesen Schritt und stimmte nach
einer mehr als 100-stündigen Debatte im Parlament den Börsengang
zu. 2,7 Milliarden Euro sollen vom Steuerzahler für die
„Modernisierung“ der Post eingebracht werden. Obwohl die
Umwandlung des Postdienstes in eine Aktiengesellschaft über die
Landesgrenze hinaus als Vorstufe zur Privatisierung gesehen wird,
streitet dies die Regierungspartei UMP kategorisch ab. Für die
Änderung des Status eines Staatsunternehmen gibt es in Frankreich
inzwischen Beispiele genug. So wurde die France Telecom ebenso
privatisiert wie das Energieunternehmen Gaz de France. Bei uns in
Deutschland werden Erinnerungen an die Zerschlagung der Deutschen
Bundespost (DBP) wach. Auch die Zerschlagung der DBP wurde in zwei
Etappen vollzogen und von den Bundestagsparteien damals als
„Postreform I“ und „Postreform II“ deklariert.
Besonders CDU/CSU/FDP stritten zu Beginn der „Reformen“ eine
Privatisierung ab und bezeichneten diese Schritte lange verharmlosend
als „Deregulierung“. Die gewinnbringenden Teile des Post- und
Fernmeldewesens in Deutschland wurden schon in den 80er Jahren zum
begehrten Projekt für das Finanzkapital. Die darauffolgende
Entwicklung ist bekannt: 1990 wurde die Deutsche Post in drei
Unternehmen aufgeteilt. 1995 erfolgte die Umgründung in drei
rechtlich selbstständige AG’s. Seit 2000 firmiert die DPG als
Deutsche Post World Net (2). Über die Jahre wurden Zehntausende
Arbeitsplätze vernichtet, in vielen kleinen Orten gibt es heute
nicht einmal mehr einen Briefkasten und man muss kilometerweit
fahren, um seine Post abgeben zu können! Diese Entwicklung droht nun
in Frankreich und die Bevölkerung dort will dies mehrheitlich nicht
dulden. Eine reguläre Volksbefragung könnte den nächsten, weiteren
Schritt zur Privatisierung der Post in Frankreich stoppen und damit
einen Strich durch die Rechnung des Finanzkapitals machen. Doch
obwohl reguläre Volksbefragungen seit einigen Jahren in der
Verfassung vorgesehen sind, fehlt es offenbar noch immer an einem
Gesetz über die besonderen Modalitäten einer Volksbefragung (3).
Eine informelle Volksbefragung von Gewerkschaften und
Oppositionsparteien hat jedoch bereit letztes Jahr stattgefunden,
wobei 90 Prozent der Befragten gegen die Privatisierungspläne der
Regierung stimmten!

ro

Quellen:

1 Süddeutsche Zeitung vom 13.01.2010,
„Reform nach 400 Jahren

2 Von der Bundespost zu den Global
Players, Post AG + Telekom, isw- Report Nr.64, S.13

3 Neues Deutschland vom 14.10.2009,
„Votum gegen Post-Privatisierung“.