Baden-Württemberg: Der „liberale“ Oettinger geht – der „konservative“ Mappus kommt

Wenn es nicht so traurig wäre, dann wäre es ein aufregendes Gruselstück zu Halloween, das sich derzeit in der baden-württembergischen CDU abspielt. Alle bürgerlichen Kommentatoren in Presse und Funk sind sich einig: Wenn der Noch-Ministerpräsident und Mitglied einer schlagenden Verbindung Oettinger nun von Angela Merkel „sozialverträglich“ auf einen guten Posten nach Brüssel zur EU entsorgt wird, dann geht da einer vom „liberalen Flügel“ der CDU. Wer nicht allzu vergesslich ist, wird sich jedoch an eine Reihe von Skandalen von Oettinger erinnern. So z.B. seine berühmt-berüchtigte Rede, in der er den Nazi-Juristen Filbinger als „Widerstandskämpfer“ anpries. Mehr zu seinen Skandalen kann man in einem Beitrag von „Arbeit Zukunft“ lesen, der mehr als zweieinhalb Jahre alt ist.

Mit Mappus erhält Baden-Württemberg nun einen Ministerpräsidenten, der nach einhelliger Auffassung der Medien rechts von Oettinger steht. Geht das? Ja! In der baden-württembergischen CDU geht das. Beispiele wie Filbinger sprechen für sich. Doch auch aktuell gibt es Vorfälle, die zeigen, wes Geistes Kind die CDU in diesem Bundesland ist und wen Angela Merkel da an die Macht hievt.

So hat die CDU Manfred Lüttke zum Präsidenten der Arbeitsgemeinschaft der Wasserkraftwerke in Baden-Württemberg gemacht. Lüttke wurde im Juli 2008 dadurch bekannt, dass er den von den Nazis im KZ Flossenbürg ermordeten evangelischen Theologen Bonhoeffer als „ganz gewöhnlichen Landesverräter“ diffamierte und seine Ermrodung rechtfertigte. Hier das Original-Zitat:

„Dietrich Bonhoeffer wird als Widerstandskämpfer gefeiert, war aber aufgrund seiner intensiven Kontakte mit der deutsch-feindlichen englischen Kriegspolitik, die er unterstützte und mit Informationen versorgte, eher ein ganz gewöhnlicher Landesverräter, der nach den Gesetzen aller Länder – besonders in Kriegszeiten – in Frankreich, Amerika oder Russland genauso mit schwerster Bestrafung – nämlich der Todesstrafe – rechnen musste.“

Er entschuldigte sich, er habe niemanden beleidigen wollen, sieht sich aber vor allem als „Opfer“ einer bösartigen Kampagne. Nun soll er vom CDU-Fraktionsvize Röhm, der zu den „Konservativen“ gehört, abgelöst werden.

Ebenso krass ist der Fall des Karlsruher Rechtsanwalts Harsch (CDU) der beim Kauf eines Großbordells, das in ein NPD-Schulungszentrum umgewandelt werden sollte, die Interessen der NPD vertrat. Seine Kanzlei verteidigt häufiger straffällig gewordene Mitglieder der rechtsradikalen „Rastatter Kameradschaft“. In seiner Kanzlei arbeitete eine junge Anwältin die sich in einem geheimen, mit mehreren Passwörtern gesicherten Forum von Rechtsradikalen „als Frau in unserer nationalen Bewegung“ bezeichnete und den Neonazis Tipps für ihren Kampf gab. Dabei empfahl sie unter anderem die Kanzlei des CDU-Mannes Harsch. Sie selbst gehörte laut Staatsschutz „zum innersten Kreis“ der neonazistischen Rastatter Kameradschaft.

Rechtsanwalt Harsch ließ übrigens dem Karlsruher Oberbürgermeister, ebenfalls CDU, vom Oberlandesgericht Karlsruhe verbieten, zu äußern, dass jemand, der die Interessen der NPD und rechtsradikales Gedankengut vertrete, nichts in der CDU zu suchen habe.

Selbstverständliches ist für Leute, die Bonhoeffer als „gewöhnlichen Landesverräter“ ansehen, ein Herr Oettinger „liberal“. In einer solchen Gedankenwelt ist es sicher eine Diffamierung den furchtbaren Juristen Filbinger als „Widerstandskämpfer“ zu kennzeichnen, statt ihn als „tapferen Vaterlandsverteidiger“ zu würdigen und seine Todesurteile auch heute noch als richtig zu verteidigen.

Offensichtlich gibt es in der CDU unter Merkel einen Rechtsruck, der nicht an die große Glocke gehängt, sondern still und leise durchgezogen wird.

dm