Hauptbahnhof München: Zug der Erinnerung

Korrespondenz:

Seit November 2007 fährt der „Zug der Erinnerung“ durch Deutschland. In einzelnen Waggons dieses Zuges ist eine Ausstellung über Kinderdeportationen während der faschistischen Diktatur in Deutschland zu sehen. Vom 27. April bis zum 1. Mai machte diese Ausstellung auch auf dem Münchner Hauptbahnhof Station. Durch die Schilderung konkreter Schicksale erinnert die Ausstellung an ein besonders erschütterndes Kapitel der faschistischen Diktatur in Deutschland. Zwischen Oktober 1940 und Dezember 1944 deportierten die Behörden des faschistischen Regimes mehrere hunderttausend Kinder. Die genaue Anzahl der deportierten Kinder, die ihre letzte Fahrt in die Vernichtungslager antraten ist bis zum heutigen Tage unbekannt. Schätzungen gehen von über eine Million deportierter Kinder aus.

Gleich mehrere Skandale hat der „Zug der Erinnerung“ bereits mit sich gebracht. Skandalös war zum einen, dass ein Antrag auf finanzielle Unterstützung im Haushaltsausschuss des Bundestages auf Ablehnung stieß. Ebenso bezeichnend für diesen BRD-Staat ist das Verhalten der Deutschen Bahn AG. Als Rechtsnachfolger der Reichsbahn, die für die Kindertransporte eine erhebliche Mitverantwortung trägt, hat die Deutsche Bahn AG für die acht angesteuerten Bahnhofs-Stationen für diese Ausstellung in Bayern rund 30.000 Euro an Gebührenrechnungen in Aussicht gestellt! Der Konzern berief sich dabei auf die übliche Verfahrensweise bei Anmietungen. Auf die übliche Verfahrensweise berief sich die Bahn AG auch, als Dreharbeiten zur Ausstellung auf den Bahnsteigen stattfanden und die Konzernführung diese untersagte. Mit diesem Verhalten wurde wieder einmal offenbar, dass deutsche  Konzerne in Worten zwar hier und da Bekenntnisse des Bedauerns über die Vorkommnisse während der faschistischen Diktatur finden, in der täglichen Praxis jedoch mit verschiedenen Mitteln versuchen, mögliche Schadenersatzforderungen abzuwenden und ihr Unternehmen „reinzuwaschen“!

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Pressemitteilung der Initiative „Zug der Erinnerung“ vom Juni 2009

Schließung der NS-Abteilung im DB Museum gefordert

„Beleidigung der Opfer“

Die sofortige Schließung der NS-Abteilung im zentralen Verkehrsmuseum der Deutschen Bahn AG (Nürnberg) hat die bundesweite Initiative „Zug der Erinnerung“ gefordert. Die DB AG stelle in Nürnberg hakenkreuzgeschmückte NS-Devotionalien aus, die von dem Unternehmen als „Glanzlichter der Eisenbahngeschichte“ bezeichnet werden. Im DB-Museum könne man „alles bestaunen: liebevoll restaurierte NS-Uniformen der ‚Reichsbahn‘, farbige NS-Plakate der ‚Reichsbahn‘ oder luxuriöse NS-‚Reichsbahn‘-Waggons – eine einfühlende Erinnerung an die Opfer der millionenfachen ‚Reichsbahn‘-Transporte in den Massenmord“ finde man jedoch nicht, heißt es in einer Stellungnahme, die am Donnerstag auf dem Nürnberger Hauptbahnhof verteilt wurde.

Zuvor hatte der Nürnberger Oberbürgermeister den „Zug der Erinnerung“ in Gegenwart von Vertretern des Landesverbandes der Sinti und Roma auf Gleis 1 begrüßt. Der Zug mit einer mobilen Ausstellung über die „Reichsbahn“-Massendeportationen von Kindern und Jugendlichen in die NS-Vernichtungslager befindet sich auf einer deutschlandweiten Fahrt. Sie führt zur Gedenkstätte Auschwitz. Schätzungen gehen von über einer Million verschleppter Kinder und Jugendlicher aus, die nicht mehr zurückkehrten. Unter den Opfern befinden sich Kinder aus fast sämtlichen europäischen Staaten.

Die Nürnberger DB-Ausstellung wird wegen ihrer NS-Abteilung seit Jahren kritisiert. Das Museum zeigt auf sechstausend Quadratmetern Exponate zur deutschen Eisenbahngeschichte und widmet exakt achtzehn Quadratmeter der „Reichsbahn“-Beihife zum Holocaust. In dem Ausstellungs-„Kabuff“ finde „keine Auseinandersetzung mit dem Massenmord“ statt, hieß es bereits 2006 im Deutschlandfunk („Mit der Bahn in den Tod“, 04.12.2006). Die Deutsche Bahn AG stelle sich „nur gezwungen und so ganz nebenbei“ den Tatsachen.

Laut Pressemitteilung vom „Zug der Erinnerung“ habe diese Art der Geschichtsdarstellung bei der DB AG „Methode“. Bis März 2009 seien im Internet-Kanal der DB AG (‚Bahn TV‘) Propagandasequenzen aus NS-Filmen gezeigt worden, „in denen die Ausrottungspolitik der Nazis völlig geleugnet wurde – durch Beschweigen.“ Erst nach Protesten durch den „Zug der Erinnerung“ habe die DB AG die Sendung aus dem Netz genommen. Die bundesweite Initiative weist darauf hin, dass in Nürnberg Feiern zum 175. Jubiläum des deutschen Eisenbahnwesens bevorstehen (2010). Bis dahin müsse „die skandalöse NS-Abteilung des Nürnberger DB Museums geschlossen werden, um sie grundsätzlich zu überarbeiten. Die Beleidigung der NS-Opfer muss ein Ende haben.“

Wegen ihres Umgangs mit dem Gedenken an die „Reichsbahn“-Verbrechen wird die DB AG zunehmend kritisiert. Zuletzt hatte die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland das Verhalten der DB AG „ungeheuerlich und nicht nachvollziehbar“ genannt. Anlass waren Auseinandersetzungen auf dem Münchner Hauptbahnhof (27.04.), als die Bahn Hinweise auf die Ehrung der Opfer beschlagnahmen ließ.