Vor allem die CDU/CSU musste heftige Verluste von -6,6% hinnehmen. Nach ihr kam die SPD mit -0,7%, die damit zugleich ihr niedrigstes Europawahl-Ergebnis erzielte. Beide Parteien wurden damit von den Wählern für ihre Politik in der großen Koalition kräftig abgestraft.
Den höchsten Gewinn hatte die FDP mit +4,9%, der vor allem von ehemaligen CDU-Wählern kam, die nun die FDP wählen. Die Hoffnung des bürgerlich-konservativen Lagers der Kapitalparteien, bei der Bundestagswahl 2009 damit endlich eine CDU/CSU-FDP-Koalition eingehen zu können, erhielten so eine spürbaren Dämpfer. Denn -6,6 und +4,9 sind zusammen immer noch -1,7%. Und da diese Parteien schon jetzt keine Mehrheit im Parlament haben, sind die Tendenzen der Europawahl auch keine Ermutigung, dass das nach der Bundestagswahl besser aussehen könnte. Offensichtlich lehnt eine Mehrheit der Wähler eine offene Parteinahme für die Interessen des Kapitals ab. Es gab also nur eine Verschiebung innerhalb des bürgerlich-konservativen Lagers hinzu der offener markt-radikalen FDP.
Für die SPD war das Ergebnis von 20,8% ein Debakel. Auf ihren Plakaten zur Europawahl hatte die SPD versucht, sich noch schnell ein „soziales“ Gesicht zu geben. Dieses Täuschungsmanöver ist bei den Wählern nicht gut angekommen. Trotz aller „sozialen“ Demagogie hat die SPD weiter verloren. Ihre laut verkündete Hoffnung auf eine SPD-geführte Regierung nach den Bundestagswahlen ist wohl eher das ängstliche Pfeifen im Wald. Zu sehr erinnern sich die Wähler daran, wer Hartz IV eingeführt und damit Billiglöhne ermöglicht hat, wer die Märkte für die Spekulationen der Banken geöffnet hat.
Leicht gewonnen haben die Grünen – 0,2%. Das ist kein Grund zur Freude. Für die Grünen-Führer, die gern wieder als Minister stolz in dicken Daimler-Kutschen durch die Gegend fahren und den „ökologischen Wandel“ des Kapitalismus predigen wollen, bedeutet dies, dass sie im Herbst nach den Bundestagswahlen entweder weiter leer ausgehen und einer großen Koalition zuschauen dürfen oder in den für sie sauren Apfel einer „Jamaika-Koalition“ aus CDU/CSU-FDP-Grünen zu beißen. Wir wünschen ihnen viel Qual bei der Wahl!
Die Linke hat deutlich um 1,4% auf 6,1% zugelegt. Sie erhielt fast 30% mehr Stimmen als 2004. Dies ist ein ermutigender Ausdruck, dass mehr Menschen gegen die kapitalistische Krise kämpfen wollen. Bei der Politik der Linken, die den Kapitalismus nicht grundsätzlich anrühren, sondern ihn „sozialer“ gestalten will und damit leicht links von der SPD liegt, werden diese Wähler sicher von der Linken enttäuscht sein, wenn diese einmal real Politik macht – siehe Berlin. Solange die Linke jedoch in der Opposition ist, kann sie dies geschickt verbergen und aus der Krise der bürgerlichen Parteien, die mehr oder weniger offen die Positionen des Kapitals einnehmen, profitieren.
Die DKP, die einen Austritt aus der imperialistischen EU ablehnt und sich für ein „soziales“ Europa einsetzte, verlor rund 12.000 Stimmen gegenüber 2004. Damals hatte sie 37.160, jetzt nur noch 25.587. Beide Male kam sie auf 0,1%. Das ist eine Niederlage für diese Partei, die sich als „kommunistische alternative“ zur Linkspartei präsentieren wollte, aber im Grunde das gleiche Programm zu Europa vertritt.
Sehr erfreulich ist, dass die rechtsradikalen Republikaner (REP) gegenüber 2004 0,6% verloren haben und nur noch 1,3% erreichten. Sie haben es also nicht geschafft, die gegenwärtige Krise für ihre Demagogie auszunutzen.
Die Wahlbeteiligung stieg um 0,3% auf 43,3% an. Damit sieht die Mehrheit der Wähler keine große Bedeutung in den Wahlen zum EU-Parlament. Sie bleiben einfach zu hause.
Die Zahl derer, die einen falsch ausgefüllten oder durchgestrichenen Stimmzettel abgaben, sank deutlich um 0,6% auf jetzt 2,2%. Das heißt, Aufrufe zu einem aktiven Wahlboykott haben keine große Resonanz gefunden.
Wir sehen das Wahlergebnis insgesamt als ermutigend für die Arbeiterbewegung und alle fortschrittlichen Kräfte:
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Eine Mehrheit sieht im Europaparlament ein unbedeutendes Gremium ohne Einfluss.
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Die Parteien des Kapitals erlitten insgesamt eine Niederlage.
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Es gibt eine stabile, wachsende fortschrittliche Strömung im Volk, die sich im Ergebnis der Linken widerspiegelt.