Schleswig-Holstein: Street View: Google zögert bei Beachtung rechtlicher Vorgaben

P R E S S E M I T T E I L U N G
Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD)



Seit einigen Tagen sind Google-Kamerawagen in Schleswig-Holstein
unterwegs und machen seitdem dem Unabhängigen Landeszentrum für
Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) sowie vielen Bürgerinnen und
Bürgern des Landes Ärger und Arbeit. Entgegen den Zusagen von Google
werden ohne klare Ankündigung digitale Rundum-Straßenbilder für eine
spätere Internetveröffentlichung erfasst. Google informiert im Internet


über die Datenerhebung in Kiel und Lübeck. Ausnahmsweise würden auch in
„kleineren Orten … während der Durchfahrt“ oder in angrenzenden Orten
Aufnahmen erstellt. Derweil erhält das ULD Beschwerden aus dem ganzen
Land, etwa aus Neumünster – keineswegs ein „kleiner Ort“ oder Vorort
von Kiel. Gesichtet wurden Google-Kamerawagen in Molfsee, selbst in
kleinen Stichstraßen. Thilo Weichert, Leiter des ULD: „Die Erfassung
der Straßenansicht des Freilichtmuseums ist wohl kein Thema; es
erschließt sich mir aber nicht ansatzweise das besondere öffentliche
Informationsinteresse von reinen Wohngebieten in Molfsee.“ Diese
Kommune hat sich besonders massiv im Vorfeld gegen die Häusererfassung
von Google ausgesprochen, was von dem Konzern übergangen wird. In einem
Schreiben vom 20.02.2009 an den Vorsitzenden der Artikel
29-Datenschutzgruppe, dem europäischen Gremium der Datenschutzaufsichtsbehörden, sicherte die Google Inc.  zu, „vor der Datensammlung die relevanten örtlichen Stellen auszumachen und zu kontaktieren.“ Die Stellungnahmen der „relevanten örtlichen Stellen“ von Molfsee wurden offensichtlich nicht berücksichtigt.



Beschwerden beim ULD beziehen sich auch darauf, dass Google nicht einmal den Eingang der rechtlich relevanten Widersprüchen von Betroffenen bestätigt. Erst auf massives Drängen wurden gestern von Google Eingangsbestätigungen in Aussicht gestellt, was aber „noch eine Weile dauern“ könne. Der Konzern informiert bisher nicht über das gesetzliche Recht, durch Widerspruch schon im Vorwege die Veröffentlichung von Bildern von Personen, Kraftfahrzeugen, Grundstücken oder Wohnungen zu verhindern.



Die aktuellen Erfassungen von Google wie auch von etwaigen anderen Anbietern von „Straßenansichten“, die die rechtlichen Anforderungen nicht beachten, werden vom ULD nicht gebilligt. Mit den Kameras werden dem Sichtschutz dienende Zäune und Hecken überwunden; dieses Eindringen in eine geschützte Sphäre kann sogar strafrechtlich relevant sein. Die in Deutschland erfassten Bilder werden bisher umgehend in die USA transferiert. Eine Rechtfertigung hierfür konnte bisher nicht vorgelegt werden. Über die Löschung bzw. unwiederbringliche Verpixelung bei der


Bearbeitung der Rohdaten besteht weiter Klärungsbedarf.


Thilo Weichert: „Die Missachtung rechtlicher Anforderungen macht Googles Vorgehen angreifbar. Gesprächsbereitschaft ist kein Freibrief für das Ignorieren von Behördenvorgaben und für Datenschutzverstöße. Der internationale Konzern kann nicht wie eine informationelle Dampfwalze über nationale Regeln hinweggehen. Die Beachtung individueller Persönlichkeitsrechte ist in einer freiheitlichen Informationsgesellschaft von zentraler Bedeutung und keine lästige Nebensache. Die Missachtung rechtlicher Vorgaben und Zusagen kann die Behörden zur Einleitung weitergehender Schritte zwingen. Wie sollen wir als Datenschutzaufsicht das Vorgehen mit Bußgeldverfahren gegen eine illegale Videoüberwachung durch einen Nachbarn rechtfertigen, wenn ein milliardenschwerer Internetkonzern zugleich ganze Städte ungestraft illegal mit Kameraüberwachung überzieht?“



Widersprüche von erfassten Personen, Kfz-Besitzern, Bewohnern und Eigentümern von Wohnungen können per E-Mail oder per Post an Google Germany GmbH gerichtet werden: streetview-deutschland@google.com oder Google Germany GmbH, Betr. Street View, ABC-Straße 19, 20354 Hamburg.


Das ULD empfiehlt zur Beweissicherung, die Korrespondenz für die eigene Akte auszudrucken bzw. Kopien zu erstellen. Das ULD und andere Datenschutzbehörden sind die falschen Adressaten von Widersprüchen.



Die von Google im Internet bereit gestellten Informationen über erfasste Orte finden sich unter
http://www.maps.google.de/streetviewinfo/


Weitere Informationen über den Datenschutz und Google und die vorangegangenen ULD-Presseerklärungen zum Thema finden Sie unter
https://www.datenschutzzentrum.de/geodaten/streetview.htm.


Bei Nachfragen wenden Sie sich bitte an:
Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein
Holstenstr. 98, 24103 Kiel
Tel: 0431 988-1200, Fax: 0431 988-1223
eMail:
mail@datenschutzzentrum.de