Korrespondenz: Am 14. März fand im Münchner
Gewerkschaftshaus ein Kongress zum Thema Kapitalismus statt. Sechs
Organisationen warben für die Veranstaltung mit dem
Titel „Kapitalismus: Krise. Krieg.“ Über 100 Personen
besuchten die Vorträge, die ihnen u.a. Anregungen und Argumente im Vorfeld zu
den Anti- Nato- Aktionen im April geben sollten.
Vier Referenten behandelten zwischen 10.00 und 18.00 Uhr
einen jeweiligen Themenblock mit anschließender Diskussion. Wegen der relativ
langen Zeitspanne fluktuierte die Anzahl der Besucher, deren Anzahl aber auf
jeden Fall über 100 lag.
Zu Beginn des Kongresses behandelte Leo Meyer (isw und
Stellvertr. Vorsitzender der DKP) unter dem Titel Kapitalismus und Krieg in erster
Linie ökonomische Hintergründe und Auswirkungen der gegenwärtigen Finanz- und
Wirtschaftskrise. Leo Meyer wies darauf hin, dass diese Krise bereits alle
Widersprüche des Kapitalismus verstärkt. Mit Fakten- und Zahlenmaterial
untermauerte er, welche Erscheinungen sich besonders drastisch für die
Menschheit weltweit auswirken. So haben Armut, Hunger, Kindersterblichkeit und
Analphabetismus bereits in den zurückliegenden Jahren zugenommen und seien nun
weiter im ansteigen. Weltweit wurde ein Produktions- und Konsumtionssystem
hergestellt. Dieses bezeichnete Leo Meyer als „neoliberalen Kapitalismus“. –
Ein neuer Kolonialismus wurde errichtet, um die Ausbeutung von Ressourcen und
deren Transportwege sicher zu stellen.
In der anschließenden Diskussion kam es zu einer ganzen
Reihe von Fragen und Beiträgen aus dem Publikum. Aufgeworfen wurde z.B. die
viel diskutierte Frage der Verstaatlichung. Meyer wies auf das Beispiel der
Commerzbank hin, die man durch die bereits investierten staatlichen Mittel, viermal kaufen bzw.
verstaatlichen hätte können. Dabei sei die Frage der staatlichen bzw.
öffentlichen Kontrolle umgangen worden.
Im zweiten Vortrag ging die EU-Referentin von attac, Elke
Schenk, auf das ökonomische und militärische Großmachtstreben der EU ein. Die
Referentin warnte eindringlich davor, dieses Großmachtstreben der EU zu
unterschätzen und bezeichnete die EU dabei als einen „Wolf im Schafspelz“, der
die Krallen immer öfter zeige. Die EU-Ostpolitik ziele auf die Absicherung von
Rohstoff-Ressourcen und ihren Routen zur Weiterleitung ab. Immer öfter, so Elke
Schenk, kommt es in der EU zu Tabubrüchen, die vor 20 Jahren nicht möglich
gewesen wären. Dabei versuchen die Verteidiger und Vertreter der EU den
aggressiven Charakter ihrer Politik zu verdecken. Selbst mit sprachlicher
Raffinesse kommt dies zum Ausdruck. – Statt EU-Rüstungs-Amt nennt man sich
EU-Verteidigungsagentur! Angesprochen wurde u.a. noch das Konkurrenzverhältnis
der USA zur EU. So anerkennen die USA, die EU nicht als Weltmacht an.
Aus Betriebs- und gewerkschaftlicher Sicht, war das dritte
Referat von Orhan Akman (Verdi- Sekretär
und Stadtrat für Die Linke in München) am interessantesten. Orhan Akman wies
zunächst darauf hin, dass die aktuelle Krise trotz ihrer Brisanz weder ein
Skandal noch eine Überraschung sei, sondern fester Bestandteil, ein ganz
normaler Effekt im kapitalistischen System. Das Kernproblem der Gewerkschaften
ist im Allgemeinen die fehlende bzw. unzureichende ideologische
Auseinandersetzung mit dem kapitalistischen System. Die Mitverbreitung der
Standortlüge durch den DGB und die aktive Unterstützung der Sozialpartnerschaft
mit dem Kapital tragen zur falschen Erziehung bei, so Akman. Orhan Akman klagte
des Weiteren das Vorgehen der DGB-Spitze gegen Sozialisten und Kommunisten an,
die man als Gewerkschafts-Mitglieder stets bekämpft hat, um ungestört eine
bloße ökonomische Stellvertreterpolitik betreiben zu können. So verkaufen sich
die Gewerkschaften wie ein „Zigarettenautomat“. Gegen Geld, also gegen die
gezahlten Beiträge und Spenden, erhalten ihre Mitglieder durch den Einsatz des
DGB-Apparates von Zeit zu Zeit eine Lohnerhöhung. Diese Servicementalität, die
mit der eines Dienstleistungsunternehmens vergleichbar sei, klagte Akman scharf
an. Mit dieser Servicementalität, allein um höhere Entgelte, für in erster
Linie Mitglieder des DGB, seien anderseits Kernprobleme, wie der allgemeinen
Verschärfungen auf dem Arbeitsmarkt, kaum oder gar nicht aufgegriffen und
bekämpft worden. So u.a. die zunehmende Leih- und Kurzarbeit, prekäre Arbeitsverhältnisse
(Niedriglohnsektor). Er forderte eine Entbürokratisierung der Gewerkschaften.
Auch haben Gewerkschaften in Gremien und Zirkeln zusammen mit den Arbeitgebern
nichts zu suchen, bei denen es, wie z.B. bei den Verhandlungen um Ein-Euro-Jobs,
nichts zu gewinnen gibt, so Akman. Auch in der anschließenden Diskussion wies Akman nochmals auf den
Zustand und Charakter der Gewerkschaften in Deutschland hin: Viele
Gewerkschafts-Funktionäre haben die Seiten gewechselt. Manche z.T. sogar nicht
nur ideell, sondern gleich mit einem Posten in der Wirtschaft wie z.B. Hansen,
ehemals Gewerkschaftsvotdizender bei Transnet usw..
Natürlich beinhaltete dieser Kongress noch viel mehr Aspekte
und aufgeworfene Fragen, die hier an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt
werden können.
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Zusätzliche Infos auch unter: