Korrespondenz: Eine große Welle der Kurzarbeit geht seit
Wochen über das Land. Die Finanz- und Wirtschaftkrise hat zu einer anhaltenden
Absatzkrise geführt, die bereits viele Betriebe erreicht hat. Da ein Ende der
Krise noch längst nicht abzusehen ist, deren weiterer Verlauf gar nicht genau
vorhersehbar ist, die Prognosen jedoch auf eine weitere Verschärfung der Lage
hinweisen, könnten Massenentlassungen bald nicht nur der Opel- Belegschaft drohen!
Die Finanz- und
Wirtschaftskrise verschont so gut wie keinen Bereich der Wirtschaft. In der
Industrieproduktion greifen immer mehr Betriebe, ja ganze Branchen zum
Instrument der Kurzarbeit. Das Instrument der Kurzarbeit ist eine
staatsmonopolistische Maßnahme, um die Produktion der Industriekonzerne,
vorübergehend auf niedrigerem Niveau weiter aufrecht zu erhalten. Die
Lohnkosten für die Konzerne können mit Hilfe des Staates gesenkt werden. Da die
Bundesregierung einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 2,25 Prozent erwartet
(Stand 26. Januar 2009), sind im zweiten Konjunkturpaket zahlreiche Beschlüsse
gefasst worden, die Monopole in der Wirtschaftskrise zu entlasten. Auch für die
Kurzarbeit wurden Entlastungen für das Industriekapital beschlossen. Während
der Kurzarbeit wird die Bundesagentur für Arbeit (BA) die Hälfte der Beträge
für die Sozialversicherung übernehmen. Bisher war die Regelung so, dass die
Sozialbeiträge für Arbeitsstunden, die wegen der Kurzarbeit entfallen, von den
Arbeitgebern übernommen wurden. Auch der Zeitraum der Kurzarbeit, der bisher
auf sechs Monate beschränkt war, kann künftig auf 18 bzw. sogar bis auf 24
Monate ausgedehnt werden. Das kommt ebenso den Monopolparteien zugute, die sich
bis zur Bundestagswahl Ende September noch einmal „Luft“ verschaffen können, um
in dieser Zeit Versuche anzustellen, um den Wähler einzulullen. Große
Chemieunternehmen wie BASF, Bayer und Wacker Chemie haben ebenso mit der
Kurzarbeit begonnen, wie der Stahlkonzern Thyssen- Krupp Steel, die Deutsche Bahn
AG, der Nutzfahrzeuge- Hersteller M.A.N und die Klebstofffirma Tesa. Besonders
betroffen von Kurzarbeit ist die Autoindustrie, wo zweistellige Rückgänge im
Dezember bei den Verkäufen hingenommen werden mussten. An zwei Beispielen aus
der Automobilindustrie soll das Ausmaß der Kurzarbeit anhand einiger Fakten
deutlich gemacht werden.
Beispiel BMW: Nach einer
mehrwöchigen Produktionspause in den Weihnachtsferien muss nun rund ein Viertel
aller Mitarbeiter in die Kurzarbeit. Hintergrund ist, dass der Konzern für
Februar und März an vier Standorten 30.000 Fahrzeuge weniger als ursprünglich
geplant bauen will. Insgesamt sind vorerst 26.000 Beschäftigte in den Werken
Dingolfing, Regensbug, Landshut und Berlin betroffen. Stellenstreichungen wie
2008 soll es laut Konzernleitung in diesem Jahr nicht mehr geben. Bis 2014
werden laut einer Betriebsvereinbarung keine weiteren Kündigungen durchgeführt.
Die Mitarbeiter dürften diese Aussagen misstrauisch aufnehmen. Bis vor kurzem,
wurde bei der BMW- Konzernleitung die Kurzarbeit als Mittel nicht näher in
Betracht gezogen!
Beispiel VW: Europas
größter Autobauer VW hat seit Montag den 23. Februar, erstmals seit 25 Jahren
wieder Kurzarbeit eingeführt. Von 92.000 Beschäftigten in den deutschen Werken
sind rund 61.000 Mitarbeiter von dieser Arbeitszeitverkürzungsmaßnahme
betroffen.
Für die Arbeiterbewegung
und die Gewerkschaften ist es in dieser Situation höchst schwierig zu agieren.
Zum einen ist man zunächst einmal über die Sicherung der Arbeitsplätze
erleichtert. Ein frontaler Angriff auf die Maßnahme Kurzarbeit wäre der
Situation entsprechend also nicht besonders dienlich. Ebenso können die
Belegschaften die Einbussen nicht lange auf sich nehmen und sich auf einen
höheren Absatz in naher Zukunft vertrösten lassen. Die Finanz- und
Wirtschaftskrise zeigt schon jetzt auf, dass betriebsinterne Möglichkeiten zur
Erkämpfung von besseren Arbeitbedingungen schnell erschöpft sein könnten, weil
sich die Lage der Gesamtwirtschaft noch weiter verschärfen wird. Die Lage erfordert
geradezu einen gesellschaftlichen Ausweg aus dem Profitsystem des
Kapitalismus.
(ro)