Korrespondenz: Ausgebeutete schlagen zurück

Am 23. September schockte eine
Nachricht zunächst die Schweizer Wirtschaftsredaktionen.

„OC Oerlikon/Indische Arbeiter
erschlagen Firmenchef aus Wut über Entlassung“ titelte
„swissinfo.ch“. Was war geschehen. In einer indischen
Niederlassung des Schweizer Konzerns OC Oerlikon waren vor zwei
Monaten viele Arbeiter entlassen worden. Als, nach Berichten der
Presse, das Unternehmen zu einem Gespräch über eine mögliche
Wiedereinstellung eingeladen hätte, sei es zu einem heftigen Streit
gekommen, in deren Folge der indische Geschäftsführer von den
aufgebrachten Arbeitern mit Holzlatten und Eisenstangen zu Tote
geprügelt worden sei. 130 „Unruhestifter“ seien festgenommen
worden, gegen 63 werde wegen Mordes ermittelt.

Selbstverständlich meldete sich auch
gleich die Konzernspitze von Oerlikon zu Wort, betonte, wie fair sie
mit ihren Beschäftigten umgehe (in Wirklichkeit jagt eine
Entlassungs- und Restrukturierungswelle die andere) und kündigte
eigene Ermittlungen in Indien an.

Inzwischen sickern weitere Details über
das „Arbeiterparadies“ Indien in der Presse durch.

Zwei Tage nach dem Vorfall schreibt
Vijay Kumar Sing im Schweizer Tagesanzeiger unter anderem: „Die
Fabrik des Oerlikon-Konzerns liegt im Industriekomplex Greater Noida,
etwa 40 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Delhi. Hier wohnen
50.000 Menschen. Bewohner erzählen, Gewalt wie Diebstahl oder
Autoklau sei hier alltäglich…Neben indischen sind auch
internationale Konzerne wie Yamaha, Pepsi und Honda hier angesiedelt.
Die Menschen kommen aus verschiedenen Gegenden Indiens, um Arbeit zu
suchen. Den Zugewanderten fehlt die in Indien übliche Kontrolle, was
möglicherweise das Verhalten der Täter mitbestimmt hat.“ Im
übrigen wird in dem Artikel auch erwähnt, dass der Streit auch
darum ging, dass sich der Chef der Tochterfirma weigerte,
Gewerkschaften zuzulassen.

Schließlich kam die „Wiener Zeitung“
in ihrem Wirtschaftsteil mit der Überschrift „Schlaglöcher in
Indiens Image als glänzender Wirtschaftsstandort“ auf den Vorfall
zu sprechen. Die WZ-Korrespondentin Tandler berichtete: „Anfang der
Woche lynchten entlassene Angestelle… den Chef von Graziano
Trasmissioni India. Der italienische Hersteller für Antriebstechnik,
der zur Schweizer Oerlikon-Gruppe gehört, beliefert Indiens
expandierende Autoindustrie. Noch schockierender als der Mord an
Graziano-Boss Lalit Chaudhry war für die indischen Unternehmer
jedoch die Reaktion von Indiens Arbeitsminister Oscar Fernandes: „Der
Vorfall sollte allen Managern als Warnung dienen“, erklärte er.
Nach einem Aufschrei der Medien behauptet Fenrnandes nun, er sei
falsch verstanden worden.“

Ich kann hier, zumal genaue Angaben
über die Ereignisse fehlen, schlecht über die Tat der indischen
Arbeitskollegen urteilen. Immerhin schreibt auch die bürgerliche
Presse „aus Wut über ihre Entlassung“. Fest steht, die Menschen
in der so genannten 3.Welt, in den Ländern, von denen uns die
Kapitalisten vorschwärmen, es gäbe billige und willige
Arbeitskräfte in Menge, lassen sich nicht bis aufs Blut ausbeuten.
Sie wehren sich mit ihren Mitteln gegen die Ausbeutung, und davor
haben die Ausbeuter Angst.

S.N.