MLPD: Erwachendes Klassenbewusstsein in Osteuropa?

Korrespondenz: In den bürgerlichen Medien findet sich die
Gegenwehr der Arbeiterklasse gegen das Kapital, die weltweit Stunde um Stunde
stattfindet, oftmals nur in einer Randnotiz. So auch beim Kampf der Bergarbeiter
in Osteuropa. Die meist unsäglichen Arbeits- und Ausbeutungsverhältnisse finden
oftmals nur Erwähnung in den bürgerlichen Medien, wenn es zu schwereren,
größeren Arbeitsunfällen kommt oder die Unternehmen zu offensichtlich gegen
menschliche, moralische Gesichtspunkte verstoßen. Berichte über eine Gegenwehr
der Bergarbeiter werden lieber verschwiegen, kleingeredet, oder aber nur mit
moralischen Gesichtspunkten behandelt. Die Rote Fahne, Zentralorgan der MLPD
(Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands), berichtete informativ und
ausführlich über die Kämpfe der Bergarbeiter weltweit in ihrer Ausgabe vom
01.August 2008. Leider aber kommt die MLPD zu einer unglaubwürdigen Schlussfolgerung
über die Einschätzung der Kämpfe in Osteuropa. So heißt es im Artikel
„Millionen Bergarbeiter vereint sind eine Macht!“ gleich im ersten Teil: „Auf
der Zeche Budryk in Polen besetzten Bergleute den Füllort auf zwei Sohlen unter
Tage für 46 Tage. Zusammen mit dem zeitgleichen Arbeitskampf der St.
Petersburger Ford- Arbeiter markieren diese Kämpfe das erwachende
Klassenbewusstsein auf breiter Front in Osteuropa.“

Diese optimistische Einschätzung der MLPD, dies steht ganz
außer Frage, wäre für jeden fortschrittlichen Menschen eine erfreuliche
Nachricht. Doch für diese so erfreuliche Einschätzung der MLPD, bleibt der
Nachweis aus. Denn in der Roten Fahne kommt es zwar noch zu weiteren
Ausführungen über die Situation der deutschen Bergarbeiter, zu einem Nachweis
oder weiteren expliziten Ausführungen zu dieser Behauptung kommt es nicht
mehr!  So wirkt diese umfassende Aussage
zum Klassenkampf in Osteuropa auf den Leser wissenschaftlich unbefriedigend und
unseriös. Die Methode in diesem Artikel, aufgrund zweier zeitgleicher Kämpfe in
einer so großen Region wie Osteuropa, auf ein erwachendes Klassenbewusstsein
auf breiter Front zu schließen, könnte so auf jede andere Region der Welt
angewandt werden. Oder aber baut die Betonung im oben angeführten Zitat, dass
diese Kämpfe das erwachende Klassenbewusstsein auf breiter Front ja nur
„markieren“, darauf auf, dass man diese Behauptung jederzeit zurückziehen kann,
alles nur eine zarte Tendenz ist, die also ein erwachenden Klassenbewusstsein
auf breiter Front nur ankündigt? Jedenfalls verlangt diese saloppe und
optimistische Behauptung nach einer ausführlicheren Untersuchung der Situation
in Osteuropa, sonst bleibt der interessierte Leser im Ungewissen und im
Dunkeln. Zudem ist die Situation in Osteuropa ja auch nicht in jedem einzelnen
Land die Gleiche!

Geht die MLPD also davon aus, dass z.B. in Kroatien, Serbien
oder in Kosova das Klassenbewusstsein auf breiter Front gleichermaßen am erwachen
ist? 

 Es steht einem fern,
dieser optimistischen Einschätzung pauschal eine negative entgegenzusetzen, denn
in irgendeinem Zustand befindet sich das Klassenbewusstsein ja immer. Man ist
zwar gewillt die Einschätzung der MLPD zu teilen, jedoch nicht ungeprüft, ohne
sich dabei selbst Fragen und Überlegungen zu stellen. So ist doch der Zustand
der Arbeiterbewegung in Osteuropa, gar nicht zu reden von den
marxistisch-leninistischen und Arbeiterorganisationen in Osteuropa, immer
noch  als kompliziert und teilweise auch
diffus einzuschätzen! In den Staaten, in denen die revisionistischen Regimes
zusammengebrochen sind, hat das Klassenbewusstsein bis heute schädliche
Nachwirkungen in vielerlei Fragen erfahren. Der moderne Revisionismus hat
in  Osteuropa tiefe Spuren hinterlassen.
Nachfolgeorganisationen der revisionistischen Parteien haben immer noch  Einfluss auf das Klassenbewusstsein.
Natürlich wehrt sich die Arbeiterklasse in Osteuropa, wenngleich sie auch dort,
im Allgemeinen in der  Defensive und
nicht in der Offensive ist. In vielen, gegenwärtig so wichtigen Fragen, ist
leider von einer breiten Front nicht viel wahrnehmbar. So steht die Arbeiterklasse
in Osteuropa auf dem Balkan und in der ehemaligen Sowjetunion z.B. bei der
nationalen Frage, die auch dort eine wichtige Rolle spielt, relativ
bedeutungslos dem Einfluss der bürgerlich nationalistischen Kräften gegenüber,
die in Osteuropa „tonangebend“ sind!                                                                                   

Vielleicht aber hat die MLPD umfangreiche Untersuchungen
über das Klassenbewusstsein angestellt, die solch eine Einschätzung erlauben
und von denen wir nicht wissen?        
[ab]