Nach Tod seines Mitbewohners: Obdachlosenheim sei für verbliebenen Hartz IV-Bezieher zumutbar

ARGE weigert sich die Kosten der Unterkunft für eine
Übergangszeit zu zahlen und verweist auf das Obdachlosenheim

Bonn/Rhein-Sieg-Kreis – Das Erwerbslosen Forum Deutschland
wirft der ARGE Rhein-Sieg menschenverachtenden Umgang in Zusammenhang mit einem
Freitod des Hartz IV-Beziehers H.G und dem verbleibenden Mitbewohner Achim. H.
vor. H.G. wurde nach einer Vermisstenanzeige von Achim H.., vor drei Wochen tot
in seiner Garage aufgefunden, nachdem dieser seine Arbeitslosigkeit und nicht
zuletzt dem erheblichen Druck der ARGE Rhein-Sieg nicht mehr standhalten
wollte. Die beiden hatten zusammen ein Wohnung angemietet und sich die Kosten
der Unterkunft geteilt. Sofort nach dem Tod wurde Achim. H. bei der ARGE
Rhein-Sieg vorstellig und der Behördenleiter der ARGE in Troisdorf versprach,
dass er vorerst in der Wohnung bleiben könne und die vollen Kosten der
Unterkunft getragen würden, bis er eine angemessene Wohnung findet. Nach einem
heutigen Schreiben will sich jedoch die ARGE nun nicht mehr an ihr Versprechen
halten und nur einen Anteil an den Unterkunftskosten bezahlen.

 

Wörtlich heißt es in dem abgelehnten Antrag:

»Sie sind alleine lebend und bei drohender Wohnungslosigkeit
wäre eine Unterbringung jederzeit möglich und von Ihnen in Kauf zu
nehmen». 

Was nichts anderes heißt, dass Achim H. sich auf ein
Obdachlosenheim einstellen soll, da der Vermieter nun jederzeit die Möglichkeit
hat Achim H. sofort vor die Tür zu setzen.

Achim H. kann es kaum fassen: »Bereits im Jahr 2006 hat die
ARGE Rhein-Sieg dafür gesorgt, dass ich meine Wohnung verloren habe, weil sie
mir eine eheähnliche Gemeinschaft unterstellte. Eine Unterstellung, die im
Nachhinein vor dem Sozialgericht nicht standhielt. Ich war damals froh, dass
mir mein langjähriger Freund H.G. das Angebot machte, sich die Wohnung mit ihm
zu teilen. Sonst wäre ich damals schon obdachlos geworden, weil für die
preislichen Vorstellungen des Rhein-Sieg-Kreises und in der Kürze der Zeit
keine Wohnung zu finden gewesen wäre«.

Besonders schockierend war für ihn, dass es in Gegenwart von
mehreren Zeugen ein Versprechen Kostenübernahme seitens des Behördenleiters gab
und die ARGE sich jetzt nicht an die gegebene Zusage hält. Im Übrigen hat Achim
H. zwei kleine Töchter, die ihn regelmäßig besuchen und die Ferien bei ihm
verbringen. In einem Obdachlosenheim könnte er sein Umgangsrecht nicht mehr
wahrnehmen.

 

Das Erwerbslosen Forum Deutschland warf der ARGE Rhein-Sieg
»menschenverachtenden Umgang« vor und verwies darauf, dass in derartigen
Fällen, die volle Miete für eine Übergangsfrist von maximal sechs Monaten zu
bezahlen wäre. «Es ist nicht nur pietätlos, wie sich die ARGE verhält, sondern
auch ein unglaublicher Akt des Nichtausübens von Ermessen. H.G. ist noch nicht
beigesetzt und schon fährt die ARGE erneut Maßnahmen gegen Achim H. auf. Wir
können uns nun des Eindrucks nicht mehr erwehren, dass man Achim H. mit aller
Gewalt brechen will, da er sich gegen jede negative Entscheidung der ARGE
Rhein-Sieg erfolgreich gerichtlich zur Wehr gesetzt hatte und die ARGE
attestiert bekam, dass sie rechtswidrig gehandelt hat», so Martin Behrsing,
Sprecher des Erwerbslosen Forum Deutschland.

 

Auch gegen diese erneute Entscheidung wird Achim H. mit
Hilfe des Erwerbslosen Forum Deutschland in einem Eilverfahren versuchen, dass
ihm die Miete übernommen wird und er sich in Ruhe eine Wohnung suchen kann,
ohne dass er vorher in ein Obdachlosenheim muss.

 

Achim H. und das Erwerbslosen Forum Deutschland geben in
diesem Zusammenhang bekannt, dass H.G., den Freunde auch liebevoll »Wombel»
nannten am 21.August auf dem Waldfriedhof Heiderhof in Bonn-Bad Godesberg
beigesetzt wird. »Wir haben mit dem selbst gewählten Tod von »Wombel« einen lieben
Menschen verloren, der sehr viel für die Gesellschaft getan hat, jedoch von
dieser kaum etwas zurückbekam. Wir erinnern daran, dass er als Betriebsrat des
Renova-Werks in Niederkassel-Mondorf für seine Kollegen im Jahr 2000 einen sehr
guten Sozialplan durchgesetzt hat. Danach benötigte die Industrie den
hochqualifizierten und talentierten Feinmechaniker allerdings nicht mehr, wie
sich Wombel ausdrückte. Seit dem letzten Jahr sprach er immer wieder davon,
dass er keine Aussichten bei Hartz IV sehen würde und den Druck der ARGE nicht
mehr standhalten wolle. Er habe schon genug gekämpft und würde sich was
einfallen lassen. Leider ließ er sich im Alter von 50 Jahren nur den selbst
gewählten Tod einfallen», so Martin Behrsing.

 

von http://erwerbslosenforum.de und http://www.elo-forum.net/hartz-iv/hartz-iv/-200808131894.html