im Kieler Hauptbahnhof gemacht und ist dort noch bis zum 9. April zu sehen. Die
Ausstellung ist ein Projekt, welches von deutschen Bürgerinitiativen
organisiert wird. Sie informiert und erinnert an in der Nazizeit deportierte
Kinder und Jugendliche. Genossen und Sympathisanten von ARBEIT ZUKUNFT haben
sich die Ausstellung näher angeschaut und schickten diesen Bericht.
Die Ausstellung besteht aus zwei Waggons und konzentriert
sich hauptsächlich auf den grausamen und widerwärtigen Transporten von Kindern
und Jugendlichen aus ihren Heimatstädten in die Vernichtungslager der Nazis.
Im ersten Waggon werden mehrere Täter vorgestellt. Vom „Reichsverkehrsministerium“
über die SS bis hin zu den Logistikern der „Reichsbahn“, die für den
Transport der todgeweihten Kinder und Jugendlichen in die Vernichtungslager
sorgten. Im zweiten Waggon sind Tafeln angebracht mit Dokumenten über die
Einzelschicksale der betroffenen Kinder.
Mit der Bahn in den Tod!
Am 9. November 1938 erreichte der Wahn der
Nazischreckensherrschaft seinen vorläufigen Höhepunkt: In ganz Deutschland
wurden Synagogen und Geschäfte von Jüdinnen und Juden sowie von anderen
Menschen, die nicht in das Weltbild der Nazis passten, von aufgebrachten
Menschen beschmiert, zerstört und niedergebrannt. Diese Grausamkeiten bekamen
in der Geschichte den Namen „Pogrome“.
Ab 1940 bis 1944 begannen die systematischen und massiven
Verschleppungen und Deportationen in Güterwaggons, von Jüdinnen und Juden,
Kommunisten, Sozialdemokraten, Freidenkern, Anarchisten, Bibelforschern, Sinti,
Roma, Homosexuellen, sogenannten behinderten Menschen. Das wurde organisiert
vom „NS-Reichsverkehrsministerium“ und der deutschen Reichsbahn.
Zwischen Ende 1941 und Juli 1942 wurden, abseits von den
bereits bestehenden Arbeitslagern und Ghettos, sechs große Vernichtungslager in
den besetzten Ostgebieten in Betrieb genommen. Sie entstanden mit dem Ziel, die
bereits im großen Maßstab durchgeführten massenhaften Ermordungen von Jüdinnen
und Juden sowie anderen potentiellen Gegnern der Naziherrschaft zu
beschleunigen, indem die Tötung quasi industrialisiert wurde. Hier kam die
deutsche Reichsbahn noch einmal mehr ins Spiel. Sie war das logistische Rückrad
jener Vernichtungsmaschinerie, da ohne sie die Deportationen niemals möglich
gewesen wären!
Endlich Gedenken!
Der Zug der Erinnerung macht an vielen deutschen Bahnhöfen
Halt, wo jene Kinder verladen wurden. So starteten auch aus Kiel Deportationszüge
nach Auschwitz. Die Kinder wurden nach bester deutscher bürokratischer Manier
im Kieler Rathaus regional weit erfasst und gesammelt. Danach wurden sie vom
Kieler Hauptbahnhof aus mit der Reichsbahn in das Vernichtungslager Auschwitz
gebracht, um dort vergast und verbrannt zu werden.
Die Kinderverschleppung wurde in der Nachkriegsgeschichte
weitgehend nicht erwähnt und verdient deshalb eine besondere Form der
Aufmerksamkeit. Umso wichtiger und dringender wurde die Ausstellung, die
besonders die widerwärtige Rolle der Reichsbahn, der Vorgängerin der Deutschen
Bahn AG, mit thematisiert. Rund drei Jahre lang wehrte sich die Deutsche Bahn
gegen diese Ausstellung auf „ihren“ Bahnhöfen. Erst durch den starken Druck von
Bürgerinitiativen, dem Auschwitzkomitee in der Bundesrepublik Deutschland e.V.
und weiterer, auch internationaler Öffentlichkeit, konnte diese wichtige und
absolut notwendige Ausstellung auf den Bahnhöfen Deutschlands endlich
realisiert werden. Die Angst vor weiterem Imageverlust ließ die Bahn schließlich
klein beigeben. Doch nicht ohne auch diesmal wieder ordentlich abzukassieren.
Menschen verachtende Kontinuität!
Die deutsche „Reichsbahn“ kassierte einst Millionen
Reichsmark für die Deportationen der Kinder. Die Deutsche Bahn AG ist ihre
historische Nachfolgerin und profitiert somit bis heute von den Deportationen.
Und wie jedes kapitalistische Unternehmen ist die DB auf
Profitmaximierung aus: Es passt ihr dann natürlich nicht ins Konzept, Geld oder
auch nur kostenfrei Raum für eine Ausstellung zur Verfügung zu stellen, die
zudem alles andere als Eigenwerbung ist. Diese Priorität beschert den
Organisatoren der Ausstellung über 100.000 € an Mehrkosten: Die Bahn AG fordert
ca. 25.000 € für die Schienennutzung, 70.000 € für die Nutzung der Bahnhöfe und
10.000 € für das Abstellen der Ausstellungswagen.
Zahlreiche Bahnfunktionäre der Nachkriegszeit waren an den
Deportationen beteiligt. Ebenso wie viele andere Naziverbrecher wurden sie nie
belangt. So z B. auch der NS-Verkehrsminister Julius Dorpmüller, dessen Aufgabe
es war, die Massendeportationen zu decken. Im Gegenteil: Nach ihm wurden
mehrere Versammlungssäle der DB benannt. Aber nicht nur die DB erinnert gerne
an ihn, sondern auch die Bundesrepublik Deutschland, die seit Jahren aus
Steuermitteln die Pflege seines Grabes bezahlt. Darüber hinaus wurden schwer
belastete Reichsbahn-Logistiker später zu Leitern der Bundesbahndirektionen
berufen. Sie konnten nach 1945 fröhlich weiter an der „entnazifizierten
Demokratie“ mitwirken.
Hier wird nur allzu gut die Verstrickung der Deutschen Bahn
AG in die NS-Verbrechen deutlich und erklärt ihre ignorante Haltung gegenüber
der Ausstellung.
Aber auch das deutsche Verkehrsministerium weigerte sich,
die Ausstellung finanziell zu unterstützen. Erst nach monatelanger
Nichtbeantwortung von finanziellen Forderungen ließ das Ministerium der
Ausstellung 15.000 € „zugute“-kommen. Ein Betrag, der eher als ein
zynisches Almosen zu werten ist. Das Verkehrsministerium steht genauso wie die
Deutsche Bahn AG in der historischen Verantwortung für die Verbrechen des
Naziregimes. Somit auch einer umfassenden Auseinandersetzung mit ihrer
NS-Vergangenheit.
Nichts ist vergeben, niemand wird vergessen!
Wir fordern die Deutsche Bahn AG mit ihrem Chef Hartmut
Mehdorn sowie das deutsche Verkehrsministerium mitsamt Herrn Tiefensee auf, die
Ausstellung „Zug der Erinnerung“ komplett zu finanzieren und alle
ausstehenden Kosten zu begleichen! Weiterhin fordern wir sie auf, sich ihrer
Verantwortung in der deutschen Geschichte bewusst zu werden und sich endlich
kritisch mit ihr zu befassen!
Besucht mit euren
Familien die Ausstellung „Zug der Erinnerung“, setzt euch mit dem mörderischen
Kapitel deutscher Geschichte auseinander!
Die Ausstellung macht noch Halt:
http://www.zug-der-erinnerung.eu/fahrplan.html
kb – Quelle: Verein „Zug der Erinnerung“ e.V.