Am vergangenen Sonnabend maschierten 250 Neonazis, geschützt von 1900
Polizisten durch die Straßen des Lübecker Stadtteils St. Lorenz. Rund
1500 Antifaschisten stellten sich sich ihnen entgegen. Die Genossen von
ARBEIT ZUKUNFT und ihre Symphatisanten waren dabei und machten folgende
Bildreportage:
Presseerklärung
Das Bündnis „Wir können Sie stoppen“ zieht eine gemischte
Bilanz der Proteste und Aktionen gegen den Lübecker Naziaufmarsch am 29.3.2008.
Etwa 2500 Menschen haben an der zentralen Kundgebung gegen
den „Trauermarsch“ von etwa 300 Neonazis am Holstentorplatz teilgenommen und
gemeinsam deutlich gemacht, dass in Lübeck kein Platz für faschistische Aufmärsche
und Propaganda sein darf.
Weit über 1000 Menschen nahmen anschließend an den Versuchen
teil, auf die Marschstrecke der Neonazis zu gelangen, um diese zu blockieren.
Diese Aktionen des zivilen Ungehorsams konnten von der Polizei trotz einer
riesigen Aufgebots von 1900 Einsatzkräften nur durch die vollständige
Abriegelung eines kompletten Stadtteils und die massive Einschränkung der
Bewegungsfreiheit aller dort lebenden Menschen durchgesetzt werden.
Erfreulicherweise kam es dennoch zu verschiedenen kreativen Störaktionen von
BewohnerInnen des Stadtteils. Hervorzuheben ist auch die erfolgreiche
Sitzblockade von gut 40 überwiegend jugendlichen AntifaschistInnen auf der
Hansestraße. Mit ihrer mutigen Aktion schafften sie es, den Abmarsch der Nazis
um mehr als eine Stunde zu verzögern.
„Wir bedanken uns bei
allen Menschen, die am Samstag gegen den Naziaufmarsch auf die Straße gegangen
sind, an Aktionen des zivilen Ungehorsams teilgenommen haben und sich von der
Polizei weder haben provozieren noch einschüchtern lassen“, erklärte
Joachim Nolte, Mitglied im Kirchenvorstand St.Aegidien.
Massive Kritik übt das Bündnis „Wir können sie stoppen“ an
der Polizei: „Mit enormen Aufwand wurde
im dritten Jahr in Folge der Naziaufmarsch durchgesetzt. Damit hat die Polizei
zur Etablierung der einzigen regelmäßigen öffentlichen Nazi-Veranstaltung im
Norden beigetragen.“, sagte Stefan Wiedenhöft von Avanti – Projekt
undogmatische Linke.
Als Konsequenz des gelungenen Aufmarsches begann die rechte
Szene bereits am Abend des 29.03. mit der Mobilisierung für den geplanten
Aufmarsch 2009. Das antifaschistische Bündnis „Wir können sie stoppen!“ wirft
der Polizei vor, den Nazis eine Überziehung der von der NPD angemeldeten
Veranstaltungsdauer bis 15.00 Uhr um 40 Minuten ermöglicht zu haben und auch
bei Vermummungen seitens der Rechten nicht eingeschritten zu sein. Gallus
Bischof vom „Lübecker Bündnis gegen Rassismus“: „Offensichtlich hat die Polizei mit zweierlei Maß gemessen: Während
sogar auf der Titelseite der LN von Polizei umgebene vermummte Neonazis zu
sehen waren, wurden einige antifaschistische Demonstranten wegen ‚Verstoß gegen
das Vermummungsverbot’ verhaftet.“
Während sich Teile der Polizei z.B. an der Absperrung im
Bereich der Puppenbrücke durch ein deeskalierendes Vorgehen auszeichneten, kam
es auch in diesem Jahr zu wiederholten Übergriffen von Polizeikräften auf
GegendemonstrantInnen. In einem offenen Brief an den verantwortlichen
Einsatzleiter Heiko Hüttmann hatten VertreterInnen des Bündnisses „Wir können
sie stoppen“ im Vorwege ihre Sorge vor Polizeigewalt am 29.3. geäußert und
insbesondere gefordert, dass keine gewalttätigen Spezialeinheiten wie das
schwarz uniformierte BFE einsetzt. Dieser Aufforderung hat die Einsatzleitung
nicht Folge geleistet mit dem Ergebnis, dass insbesondere die eingesetzte
Berliner BFE-Einheit durch massive Gewalttaten gegen DemonstrantInnen und
Unbeteiligte, darunter Kinder und alte Menschen, auffiel. Einige dieser Vorfälle
sind bereits in der Erklärung der DemonstrationsbeobachterInnen der
Humanistischen Union dokumentiert.
In diesen Zusammenhang gehört auch die skandalöse Behandlung
der festgenommenen SitzblockiererInnen. Während die Räumung der Hansestraße vor
den Augen der Presse noch zurückhaltend und weitgehend korrekt ablief, waren
die überwiegend jugendlichen BlockiererInnen im Polizeigewahrsam entwürdigender
Behandlung ausgesetzt. So mussten sie -darunter ein 14jähriger- sich trotz
niedriger Temperaturen und zum Teil vor gegengeschlechtlichen BeamtInnen
ausziehen. „Es darf nicht geschehen, dass
ohne Gefahr im Verzug ein vierzehnjähriger Junge von der Polizei gezwungen
wird, sich nackt auszuziehen“, sagt Pfarrer Kirchhoff von der katholischen
Kirchengemeinde St. Birgitta. „Erschwerend
kommt hinzu, dass er dieses in Gegenwart von Frauen tun musste. Der
Jugendschutz hat hier deutlich Vorrang.“
Das Bündnis „Wir können sie stoppen“ dokumentiert derzeit
die Polizeiübergriffe und hat juristische Schritte in die Wege geleitet.
Am Sonntag fand eine spontane Demonstrationen gegen
Polizeirepression statt „Aufgrund der
Vorkommnisse sind wir spontan mit 100 Menschen vor die Mengwache gezogen, um
unseren Protest deutlich zu machen.“, erklärte Nils Corduwisch vom „Bündnis
Autonomer Antifas Nord“.
Bündnis „Wir können sie stoppen“ Lübeck