Als Kommunisten begrüßen wir die Wahlergebnisse in Hessen
und Niedersachsen, denn sie zeigen, dass sich etwas in der Stimmung, im
Bewusstsein der Arbeiterklasse verändert. Für uns sind Wahlen ein „Gradmesser
der Reife“ der Arbeiterbewegung.
Was sagen uns in diesem Sinne die Wahlergebnisse?
Zum einen ist der grandiose Absturz des Hetzers Koch in
Hessen ein Zeichen, dass die primitiven, demagogischen Manöver bei den Massen
nicht mehr so verfangen. Die Menschen haben in den zurückliegenden Jahren
lernen müssen, dass nicht etwa „Ausländer“ ihnen das Leben schwer machen,
sondern das Kapital und Politiker à la Koch, die ihnen Sozialleistungen
dramatisch kürzen, zugleich mit allen Mitteln Löhne drücken und der Jugend die
Zukunft verbauen. Es ist ja grotesk, einerseits gegen Jugendliche zu hetzen und
Kinder hinter Gitter bringen zu wollen, während andererseits die
Jugendarbeitslosigkeit mit rund 11% deutlich höher ist als die allgemeine Arbeitslosigkeit
und viele Jugendliche aus der Hauptschule kaum noch eine Chance auf einen
Ausbildungsplatz oder einen geregelten Arbeitsplatz haben. In Kochs
Wahlergebnis wird spürbar, dass die Menschen allmählich begreifen oder
zumindest spüren, dass sich die Politik, die Koch repräsentiert, gegen alle
Jugendliche aus der Arbeiterklasse und dem Volk richtet.
Bezeichnend ist auch das Ergebnis der SPD in Niedersachsen
und in Hessen. In Hessen, wo die SPD sich betont „links“ gab, gewann sie stark.
In Niedersachsen, wo sie eher bieder auftrat, verlor sie. Die SPD tut nun so,
als ob es ihrer Politik zu verdanken sei, dass sie in Hessen gewonnen habe.
Tatsächlich musste sich die SPD den Stimmungen und Veränderungen in den Massen
anpassen. Sie tut dies nur taktisch. Denn auch Andrea Ypsilanti ist für den
Krieg in Afghanistan, für Hartz IV. Ihre politischen Aussagen sind vor allem
Taktik. Sie umwirbt jetzt die FDP, mit der Mindestlöhne niemals zu machen sind.
So wird sie in der praktischen Politik sehr rasch ihre Wähler enttäuschen, um
an die Macht zu kommen und dort weiterhin, wenn auch etwas verschämter, die
Interessen des Kapitals umzusetzen.
Das wird aber nichts an der Stimmung und dem Bewusstsein
vieler Menschen ändern, die die SPD gewählt haben, weil sie sich von ihr
„soziale Gerechtigkeit“ und eine Politik gegen die Angriffe des Kapitals
erhofften. Diese Stimmung und dieses Bewusstsein, dass sich zumindest
ansatzweise gegen das Kapital richtet, wird bleiben und sich in der Realität
dieser Gesellschaft weiter entwickeln. Das ist gut so. Was die SPD nun mit viel
Demagogie gewonnen hat, wird sie bald wieder verlieren, da sie die geweckten
Hoffnungen weder erfüllen kann noch will.
Auch das Ergebnis der Linkspartei ist aus unserer Sicht
positiv zu bewerten. Wir betrachten die Linkspartei als eine linke
sozialdemokratische Partei. Das System des Kapitalismus will sie nicht
beseitigen, sondern reparieren. Bezeichnend war, dass die Vertreter der
Linkspartei in Hessen bereits am Wahlabend signalisierten, dass sie bereit sind,
eine SPD-Grünen-Regierung Ypsilanti zu unterstützen. Sie wären also bereit,
diese „linke“ Afghanistan-Kämpferin und Hartz-IV-Befürworterin an die Macht zu
bringen. Aber wir sehen ebenso klar, dass der Einzug der Linkspartei in zwei
Landesparlamenten und die dafür notwendigen Wählerstimmen eine Entwicklung des
Bewusstseins und der Stimmung in der Arbeiterklasse und im Volk widerspiegeln.
Und diese Stimmung, dieses Bewusstsein besteht in einer Unzufriedenheit mit und
Abwendung von dem kapitalistischen System von Ausbeutung, Sozialabbau und Abbau
demokratischer Rechte. Dieses langsam entstehende Bewusstsein, dass keineswegs
schon fertig ausgereift ist, ist für uns eine Grundlage für eine
Weiterentwicklung der Arbeiterbewegung und ein Wiedererstarken des Klassenkampfes.
Diese Veränderungen wurden durch den ungehemmten Angriff des Kapitals auf die
Rechte und Errungenschaften der Arbeiter, Angestellten, Rentner, Frauen, Jugend
usw. hervorgerufen. Und da das Kapital weltweit in einer tiefen Krise (siehe
z.B. Bankenkrise) steckt, muss und wird es diese angriffe fortführen. Die
sozialen Widersprüche in der Gesellschaft werden sich also verschärfen. Die
Linkspartei ist nicht Ursache dieses Prozesses, sondern lediglich ein Ergebnis.
Sie wird so lange davon profitieren, wie sie in diesem Prozess als Sprachrohr
der ausgebeuteten Klassen und Schichten funktioniert. Je mehr sie
„staatspolitische Verantwortung“ übernimmt wie z.B. in Berlin, umso mehr wird
sie diese Rolle verlieren. Denn dann kann sie die Wünsche und Erwartungen ihrer
Wähler nach grundlegenden, radikalen Veränderungen nicht mehr erfüllen. Als
Kommunisten werden wir fordern, dass die Linkspartei ihre Versprechungen
ungeschmälert erfüllt und jede Abweichung davon angreifen. Wir werden diese
Partei und jeden einzelnen ihrer Abgeordneten an ihren Taten messen.
Als Kommunisten wissen wir, dass der Prozess der Zuspitzung
der sozialen Widersprüche unabhängig von unserem Wollen stattfindet. Mit
welchem Bewusstsein dieser Prozess allerdings stattfindet, das ist unter anderem
auch davon abhängig, ob es starke und organisierte Kräfte gibt, die die
Entwicklung des kapitalistischen Systems wissenschaftlich erklären, eine
Alternative entwickeln und dem Kampf eine Orientierung geben können. An einer
solchen starken revolutionären, kommunistischen und in der Arbeiterklasse
verankerten Organisation mangelt es derzeit. Die Wahlergebnisse in Hessen und
Niedersachsen haben diesen Mangel noch offensichtlicher gemacht. Es nutzt jetzt
nichts über die sozialdemokratische Linkspartei zu klagen. Vielmehr ist die
vordringlichste Aufgabe, die eigenen Mängel und Schwächen schonungslos zu
analysieren und sie mit Tatkraft zu beseitigen. Die Aufgabe ist jetzt das
Fundament für eine solche starke, in der Arbeiterklasse verankerte kommunistische
Partei zu schaffen.
Die Wahlergebnisse in Hessen und Niedersachsen zeigen aber
auch, dass die Arbeiterbewegung langsam wieder auf die Füße kommt, dass die
Stimmungen und das Bewusstsein gegen das Kapital anwachsen. Insofern sind die
Möglichkeiten und Chancen für eine starke kommunistische Arbeiterpartei rasant
gewachsen. Diese Chancen dürfen nicht vertan werden!
dm