Die Zersplitterung überwinden! Eine starke Kommunistische Arbeiterpartei schaffen!

Jedes Jahr im Januar kommen
fast hunderttausend Menschen zu den Gräbern von Rosa Luxemburg und Karl
Liebknecht. Sie wollen die Führer der Novemberrevolution 1918, die von der
deutschen Reaktion ermordeten Gründer und Führer der KPD ehren. Unwillkürlich
stellt sich angesichts dieser Menschenmasse die Frage, warum das Vermächtnis
dieser großen und mutigen Revolutionäre und Kommunisten nicht umgesetzt werden
kann, warum wir heute in Deutschland keine starke kommunistische Partei haben,
die fest in der Arbeiterklasse und im gesamten Volk verankert ist.

Die Arbeiterklasse in Deutschland hat heute keine Partei,
die ihre Interessen konsequent und allseitig vertritt. Die Arbeiterbewegung in
Deutschland ist in viele Parteien, Gruppen und Organisationen zersplittert. Von
diesen Organisationen und darüber hinaus gibt es noch ein unübersichtliches
Meer von Publikationen und Veröffentlichungen linker Verlage, die sich mehr
oder weniger für die Belange der Arbeiter einsetzen und sich zum strategischen
Ziel des Sozialismus und Kommunismus bekennen. – Ein Bild von Verwirrung,
Unklarheit, Uneinigkeit und Schwäche.

Wer die letzten 30 bis 40 Jahre politisch aktiv war und die
Entwicklung bewusst verfolgt hat, weiß um die zahlreichen Abweichungen,
Spaltungen, Zersplitterungen, die Stagnation bzw. die permanente
Abwärtsbewegung der verschiedenen Organisationen, die sich kommunistisch,
revolutionär oder marxistisch-leninistisch nennen.

Aber auch die Kollegin oder der Kollege, die an einer
größeren Demonstration teilnehmen, werden sich spätestens, wenn sie mit einem
Berg Flugblätter diverser „Führer der Arbeiterklasse“ nach Hause gehen, die
Frage stellen, wie viele Lokomotivführer eigentlich auf eine Lokomotive
gehören: so um die hundert streitende, keifende, um das beste Plätzchen
kämpfende Möchtegern-Führer oder eine möglichst einheitliche Führung, die ihr
Handwerk versteht und ernsthaft ihre Arbeit macht.

 

Die Klasse mit der größten Macht ist die schwächste in der
Gesellschaft

 

Es ist paradox: Die Arbeiterklasse ist die Klasse, die den
Löwenanteil des gesellschaftlichen Reichtums erschafft. Ihr hat die heutige
Gesellschaft ihren heutigen Reichtum und Wohlstand weitgehend zu verdanken. Die
große Macht der Arbeiterklasse zeigt sich bereits in kleinen Streiks. Wenn die
Lokführer zwei Tage streiken, dann bringt das Millionenverluste und das Kapital
bangt, dass die Fabriken bald still stehen und ihre Profite gefährdet sind.

Mit der Entwicklung der total vernetzten, integrierten und
ineinander greifenden modernen Industrie ist die Bedeutung der Arbeiterklasse
nicht gesunken, sondern gestiegen – auch wenn ihre Zahl abgenommen hat.

Die Herrschenden selbst wissen dies. Betreiben sie doch
einen beträchtlichen Aufwand, die Arbeiterbewegung zu korrumpieren und zu
zerstören, wie z.B. mit einer zusammengekauften Betriebsratsliste bei Siemens
oder mit gekauften Betriebsräten bei VW. Der gesamte Medienapparat zielt darauf
ab, die Arbeiterklasse, die kleinen Angestellten zu bändigen. Die
Springerzeitung BILD spielt sich als Anwalt des kleinen Mannes auf und macht
eine Riesenpropaganda für Hungerlöhne beim Springer-Ableger PIN-Group, einem
der neuen Briefzustell-Unternehmen.

In allen Medien wird immer wieder Bescheidenheit,
Lohnzurückhaltung, Reformbereitschaft (d.h. weitere Kürzungen), Flexibilität,
Eigenvorsorge (also: mehr selber zahlen) angemahnt. Doch die Zähmung scheitert
an der Realität, wo die Menschen sehen, dass es mit ihnen trotz Aufschwung
weiter bergab geht und ihr Leben vom Kapital immer schwerer gemacht wird.

Die gegenwärtige heftige Diskussion um einen Mindestlohn ist
ein Resultat der Angst der Herrschenden vor einem möglichen Erwachen der
Arbeiter. Die Manöver der SPD sind nicht in erster Linie wegen der Linkspartei,
sondern weil immer größere Teile im Volk und insbesondere in der Arbeiterklasse
mit diesem System unzufrieden sind. Die Unzufriedenheit der Massen ist überall
spürbar und mit Händen zu greifen. Die Menschen merken immer deutlicher, dass
ihnen dieses kapitalistische System noch nicht einmal die Grundlagen zum Leben
garantieren will. Sie spüren, dass alles, Löhne, Renten, Arbeitszeiten,
medizinische Versorgung, Bildung und Ausbildung usw. in Frage gestellt und nach
eiskalter Profitlogik zum Schaden der Arbeiter, der kleinen und mittleren
Angestellten, der Bauern und ihrer Familien umgewälzt wird.

Wie sagte bereits Thomas Müntzer 1524(!): „Die Herren machen das selber, dass ihnen
der arme Mann feind wird. Die Ursache des Aufruhrs wollen sie nicht wegtun. Wie
kann es die Länge gut werden? So ich das sage, muss ich aufrührisch sein!
Wohlhin!“

Noch sind die Menschen nicht aufrührerisch. Aber es gärt!
Und in dieser Gärung entsteht aufrührerischer Geist. Das ist der
gesellschaftliche Boden, auf dem die Linkspartei entstehen und Erfolge erzielen
konnte. Das ist der Boden, der der SPD heiß unter den Füßen brennt und sie nun,
nachdem sie den Menschen für das Kapital das Fell über die Ohren gezogen hat,
dazu zwingt ein paar kleine Beruhigungspillen zu verteilen und Zugeständnisse
an diese Unruhe und Unzufriedenheit zu machen.

Das Problem ist, dass die Arbeiter und kleinen Angestellten
sich ihrer ungeheuren Bedeutung und Macht nicht bewusst sind. Die meisten sehen
sich einstweilen selbst noch als machtlos der herrschenden Klasse und ihrer
Politik ausgeliefert. Tatsächlich ist die Arbeiterklasse auch trotz ihrer
objektiven Möglichkeiten schwach und desorganisiert.

Dies ist eine subjektive Schwäche. Sie hängt mit der
Entwicklung der Arbeiterbewegung und der Bewegung des Volkes in den letzten
Jahrzehnten zusammen. Da gab es zum einen eine in Zeiten des ökonomischen
Aufschwungs des kapitalistischen Systems „erfolgreiche“ Sozialpartnerschaft und
Klassenzusammenarbeit der Führungen der Gewerkschaft. Dies hat weite Teile der
Arbeiterschaft dazu erzogen, auf „die da oben“ zu schauen, „die machen es
schon“. Das war eine jahrzehntelange Erziehung zu Passivität, die nun in ersten
Schritten wieder überwunden wird. Denn angesichts der Rücksichtslosigkeit des
Kapitals ist diese Klassenzusammenarbeit offensichtlich überlebt. Es gibt kein
Zurück mehr zu den „goldenen Zeiten“ der “friedlichen Partnerschaft“ zwischen
Kapital und Arbeit.

Zum anderen entarteten und verfielen die ehemals
sozialistischen Staaten und mit ihnen die kommunistischen Parteien, die den
Marxismus-Leninismus verfälschten und revidierten. Da wurden auf einmal
marktwirtschaftliche Kriterien und Prinzipien eingeführt, die Arbeiterklasse
von der Macht verdrängt und durch eine Herrschaft einer neuen Klasse ersetzt.
Da redete man von „friedlicher Koexistenz“ mit dem kapitalistischen System und
kungelte mit ihm herum. Mit Gorbatschow und der kapitalistischen
Wiedervereinigung wurden die letzten fortschrittlichen Überreste des ehemaligen
Sozialismus zerschlagen. Doch die Wurzeln der Niederlage kamen nicht von außen.
Durch den teilweise widerwärtigen Entartungsprozess wurde der Arbeiterbewegung
zunächst die sozialistische Perspektive geraubt. Es gab keine Orientierung
mehr.

Erst durch die völlige Zerschlagung der bereits entarteten
Systeme, aber auch der fortschrittlichen Überreste des Sozialismus sowie durch
die nun ungebremsten, zügellosen Angriffe des Kapitals stellt sich vielen
Menschen wieder die Frage nach einem Ausweg aus diesem System, nach einer
sozialistischen Gesellschaft.

 

Klarheit über das
Scheitern des ersten Anlaufs und über den Revisionismus!

 

Hier liegt eine Aufgabe der Kommunistinnen und Kommunisten
in diesem Land. Sie müssen den Menschen erklären, was in der Sowjetunion, in
der DDR sich falsch entwickelt hat und wie ein zweiter Anlauf besser werden
kann.

Es war zwar ein großer Fortschritt, dass die ehemals
sozialistischen Staaten den größten Teil der Produktionsmittel in Besitz
nahmen, dass die Produktion nicht mehr von einem blind wirkenden Markt und auch
nicht mehr von einigen kapitalistischen Monopolen zum Nutzen des Profits
gesteuert wurden. Den Kommunisten war durchaus bewusst, dass die vorherrschend
staatliche Form des Sozialismus, die vorwiegend staatliche Vergesellschaftung
überhaupt kein erstrebenswerter Zustand, geschweige denn für die Ewigkeit
gemacht, sondern nur ein erster Schritt in die Vergesellschaftung war, weil die
von Marxisten angestrebte Herrschaft der vereinten Produzentinnen und
Produzenten über die Produktion vorerst nur in Keimformen entwickelt war. Diese
Schwäche wurde allerdings von Karrieristen und von „müde“ gewordenen Genossen,
die sich lieber persönliche Vorteile und Privilegien verschafften, ausgenutzt.
Zum Teil waren die sozialistischen Staaten auch gezwungen, sich zunächst auf bürgerliche
Fachkräfte zu stützen, die ihre alten bürokratischen Methoden „einschleppten“.

Im Handeln vieler
Staatsorgane kamen deshalb schon bald und oft unbemerkt Sonderinteressen, ja
sogar private Interessen zum Ausdruck. Und fast immer lagen die Posten in den
Staatsorganen in der Hand der kommunistischen und Arbeiterparteien dieser
Länder. Das zog Karrieristen magisch an. Die Leitung und Kontrolle durch die
Arbeiterklasse war oft noch zu schwach entwickelt. Es entwickelte sich eine
heftige Auseinandersetzung und harter Klassenkampf um die Weiterentwicklung des
Sozialismus. Dabei schreckten Gegner des Sozialismus nicht davor zurück,
Menschen umzubringen wie z.B. bei dem Mord an Kirow 1934 in der UdSSR.

Als unter
Chruschtschow diese Kräfte endgültig siegten, war eine Leitung und Kontrolle
durch die Arbeiterklasse gar nicht mehr erwünscht. Sie züchteten den
berüchtigten Bürokratismus in der DDR, der Sowjetunion und in den anderen
ehemals sozialistischen Ländern, wo bald keine Kritik mehr erwünscht war, sondern
unterdrückt wurde!

Es entstanden immer mehr Möglichkeiten, sich auf
Kosten der Arbeiter/innen und Bauern zu bereichern.

Hier, in diesen
Verhältnissen, entwickelte sich diese Ideologie des Revisionismus, der Revision
marxistischer Erkenntnisse und Grundsätze, die die Herausbildung einer neuen
ausbeutenden, kapitalistischen Klasse sowohl bemäntelte als auch ideologisch
widerspiegelte, ja geradezu ans Licht brachte. Hier breitete sich der Verrat
der Revisionisten aus, den Enver Hoxha geißelte. Enttäuschung und
Desillusionierung der unterlegenen Arbeiterinnen und Arbeiter führten dann zu
den bekannten, immer wieder aufbrandenden Unruhen, die der Imperialismus
natürlich bewusst schürte.

Kommunisten müssen heute erklären, dass in einem neuen
Sozialismus die Arbeiterklasse, Arbeiterinnen und Arbeiter, unter denen die
Kommunisten verankert sein müssen, herrschen und die gestürzten Klassen des
Monopolkapitals niederhalten müssen. Nur unter dieser Voraussetzung können die
Kommunisten Staatsmacht ausüben. Es muss ein öffentliches Klima der Kritik und
Selbstkritik herrschen, auch gegenüber der Kommunistischen Partei! Diese darf
keine Privilegien genießen und anstreben, sondern sie bekämpft Privilegien im
Sozialismus! Sie muss ihre Autorität im Wesentlichen auf Überzeugungsarbeit,
auf Mut und Kühnheit im Kampf und bei der Bewältigung der schwierigsten
gesellschaftlichen Aufgaben aufbauen und sich auf die bereits im Kapitalismus
gewachsenen Fähigkeiten, Kenntnisse der Arbeiterklasse stützen. Die Bürger des
sozialistischen Staates müssen Einfluss auf die Staatsangelegenheit haben!

Um eine starke, stabile Kommunistische Arbeiterpartei zu
schaffen, müssen auf ideologischem Gebiet alle Entstellungen, Verzerrungen und
Verfälschungen des Marxismus-Leninismus aufgedeckt und zurückgewiesen werden.
Die Entartung des Sozialismus, seine Beseitigung durch eine kleine Clique
herrschender Revisionisten, die eben alles daran taten, den
Marxismus-Leninismus zu entstellen und entsprechend ihren Herrschaftsinteressen
zurecht zu biegen, und die Übernahme dieser Thesen und Entstellungen durch
verschiedene ehemals Kommunistische Parteien, die noch heute diesen Namen
führen, aber eben revisionistisch sind, weil sie den
Marxismus-Leninismus in seinem Kern revidiert haben, haben zu einer völligen
Verwirrung und Zersplitterung, zu einem Niedergang geführt.

Dieser Niedergang kann nur gestoppt werden, wenn der
Marxismus-Leninismus wieder auf die Füße gestellt wird, wenn Klarheit über die
grundlegenden Fragen und die Ursachen des Scheiterns des Sozialismus, über
Entartung und Verrat geschaffen wird. Hier gibt es bereits unendlich viel
Material z.B. von Enver Hoxha oder von der KPD/ML, später KPD, das wir nutzen
und vertiefen können.

Damit, dass die Kommunisten Konsequenzen aus dem Scheitern
ziehen, können sie dazu beitragen, die Resignation zu überwinden und wieder
eine glaubwürdige Perspektive für den zweiten Anlauf zu einer sozialistischen
Gesellschaft, zur endgültigen Beseitigung des Kapitalismus zeigen. Sie müssten
zeigen, dass man sich um dieses Ziel zusammenschließt und alle Kraft darauf
richtet, es zu erreichen.

 

Und die Sozialisten und
Kommunisten in Deutschland?

 

Doch gerade dies tun die Kräfte, die sich heute als
Kommunisten und Sozialisten verstehen, nicht! Im Gegenteil! Sie selbst bieten
derzeit ein Bild des Jammers, der Spaltung, der Schwäche. Sie zeigen der
Arbeiterklasse eher, dass sie einen Bogen machen um die Verarbeitung der
bitteren Erfahrungen des Scheiterns. Sie zeigen, wie man sich machtlos macht.
Sie zeigen vor allem, wie man sich fern dem realen Leben und Kampf um sich
selber drehen kann.

Die Linkspartei ist eine linke sozialdemokratische Partei,
die zwar gegenwärtig viele fortschrittliche Forderungen der Arbeiter vertritt,
aber als Sammlungsbewegung keine grundlegende Veränderung der Gesellschaft
anstrebt. In ihr gibt es viele Strömungen und Fraktionen, aber keine Klarheit.
Das macht es möglich, mit ihr in einzelnen Fragen zusammenzuarbeiten. Aber sie
wird keine Stütze für einen Kampf um den Sozialismus sein.

Dann gibt es eine Reihe von Parteien, die die Erfahrungen in
der Sowjetunion, der DDR usw. nicht oder falsch aufgearbeitet haben, die den
Entartungsprozess beschönigen oder leugnen, die unkritisch von vergangenen
Zeiten schwärmen. Doch ohne Aufarbeitung der Fehler und auch des Verrats am
Sozialismus wird es keinen Neuanfang geben. Mit diesen Organisationen und
politischen Strömungen müssen wir uns fundiert und geduldig auseinandersetzen
und die praktische Zusammenarbeit suchen.

Und dann gibt es eine Reihe von Organisationen, die sich auf
den Marxismus-Leninismus berufen. Sie sind aber zumeist von der
Arbeiterbewegung und dem Klassenkampf entfernt. Sie haben sich oft um
untergeordnete Fragen gespalten. Ihnen fehlt eine klare Orientierung, auf Grund
derer sie die wichtigsten aktuellen Aufgaben bewältigen können. Hier ist eine
Klärung notwendig und auch möglich. Von allen muss die Bereitschaft erwartet
werden, das Trennende zu überwinden und die Fehler und Schwächen zu beseitigen.

 

Sozialismus und Kommunismus – eine Wissenschaft!

 

Die objektive Notwendigkeit einer starken Kommunistischen
Arbeiterpartei steht im krassen Gegensatz zu der gegenwärtigen subjektiven
Schwäche der Kommunisten.

Dabei bietet die gesellschaftliche Entwicklung, die
Zuspitzung der sozialen Widersprüche, für die Schaffung einer starken
Kommunistischen Arbeiterpartei große Chancen und Möglichkeiten, die gegenwärtig
vertan werden. Dabei stehen wir nicht am Punkt Null. Die kommunistische Partei
muss nicht neu erfunden werden. Es gibt eine Menge positive Erfahrung, auf die wir
uns stützen können.

Da gibt es zum einen die Wissenschaft des historischen und
dialektischen Materialismus zur Analyse der Gesellschaft und ihrer Entwicklung,
den Marxismus-Leninismus, die uns als Werkzeug dienen kann, den gegenwärtigen
Standort, das Ziel und den grundlegenden Weg dahin zu bestimmen.

Der Marxismus-Leninismus ist keine Ansammlung von fixen
Zitaten und Parolen. Er ist eine Wissenschaft, ein Werkzeug. Wird er nicht
angewandt, sondern nur als Gebetsmühle verwendet, wird er tot und unfruchtbar.
Das gleiche gilt für die historischen Erfahrungen. Diese sind kein Lehrbuch, wo
man einfach eine Seite aufschlägt und das nachmacht, was einstmals erfolgreich
war. Sie sind ein Erfahrungsschatz, um die heutige Realität besser zu
verstehen. Man muss also selber untersuchen, denken, Wege finden – und sich
dabei auf die Wissenschaft des Marxismus-Leninismus und die historischen
Erfahrungen der Arbeiterbewegung stützen.

Der Marxismus-Leninismus muss wieder mit der Arbeiterklasse
verbunden werden, zu ihrer Wissenschaft werden. Kommunisten müssen mit der
Arbeiterklasse verbunden sein, um den Marxismus-Leninismus wirklich lebendig zu
machen und ihn in der Klasse zu verankern. Kommunisten müssen lernen! Sie
müssen von der Arbeiterklasse und in ihrem täglichen Kampf lernen. Nur dann
haben sie die Fähigkeiten, den Marxismus-Leninismus wirklich mit der Klasse zu
verbinden. Von einer solchen Verbindung sind die marxistisch-leninistischen
Gruppen in unserem Land weit entfernt. Sie müssen sich offen zu dieser Schwäche
bekennen und daran arbeiten, sie zu überwinden.

 

Wir brauchen ein Programm!

 

Um eine einheitliche Kommunistische Arbeiterpartei zu
schaffen, müssen nicht nur die beiden eben genannten Aufgaben ernsthaft
angepackt werden, es muss auch auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus und
einer Verbindung mit der Arbeiterklasse ein gemeinsames Programm geschaffen
werden. Grundlage ist für uns dabei das Programm der KPD von 1993, das
allerdings in wichtigen Fragen überarbeitet werden muss.

  • Es muss in klaren Worten die
    Erkenntnisse und Schlussfolgerungen aus dem Scheitern des ersten Anlaufs zum
    Sozialismus niederlegen und so für die Kommunisten verbindlich machen. Es muss
    eine klare Kampfansage gegen den Revisionismus sein.
  • Es muss die Ökonomie von Kapitalismus
    und Imperialismus in ihrem historischen Niedergang knapp und zutreffend
    charakterisieren und die historische Aufgabe des Kommunismus begründen.
  • Es muss die Anklage, die Kampfansage
    gegen den heutigen deutschen Kapitalismus, in seinen konkreten Erscheinung wie
    dem reaktionären Föderalismus, seinem zunehmend aggressiven, mit
    Humanitätsphrasen bemäntelten Imperialismus und seiner Europapolitik ganz
    unzweideutig niederlegen! Es muss gegen die sehr realen Erscheinungen dieses
    sehr bestimmten Kapitalismus kämpfen, und das Programm nicht zu einem
    ökonomischen Lehrbuch machen, das dem Kapitalismus im Allgemeinen gewidmet ist.
  • Es muss die Kernforderungen und
    -aufgaben für den Sozialismus und die sozialistische Revolution niederlegen.
  • Es muss die Grundsätze und Kernforderungen
    auch für den heutigen Kampf im Kapitalismus festlegen

Ein Programm darf nicht für den Bücherschrank sein, sondern
soll und muss Arbeitsmittel für den gemeinsamen Kampf, für eine grundlegende
gemeinsame Orientierung sein. Es ist ebenfalls ein Instrument, in dem die
Analyse der gegenwärtigen Gesellschaft sowie die grundlegenden Ziele der
Organisation festgehalten werden. Sie sind der Maßstab für das Handeln aller in
der Organisation. Es darf nicht so sein, dass sich eine solche Organisation bei
Auseinandersetzungen um Nebenfragen oder gar ohne politischen Grund spaltet.
Alle müssen daran gemessen werden, wie weit sie daran arbeiten, diese
grundlegenden Ziele zu erreichen – vor allem die Führung. Wir haben ja gerade
die negative Erfahrung gemacht, wie eine Führung, die sich selbst frei von
jeder Verpflichtung fühlt und sich über Programm und Statut stellt, eine Partei
ruinieren kann.

 

Teilnahme am Klassenkampf
ist unverzichtbar!

All diese Aufgaben können nur erfüllt werden, wenn die
Kommunisten gleichzeitig aktiv am Klassenkampf teilnehmen. Denn nur dort kann
man sich wirklich mit der Arbeiterklasse verbinden, nur dort kann man den
politischen und ideologischen Kampf wirksam führen. In der heutigen Lage des
Niedergangs der Arbeiterbewegung und der äußersten Schwäche der
marxistisch-leninistischen Kräfte erfordert das Standhaftigkeit, aber auch
Flexibilität. Denn im Klassenkampf gibt es derzeit keine gewaltigen Siege. Zwar
wächst – wie oben bereits ausgeführt – die Unzufriedenheit. Aber es ist
offensichtlich, dass die Arbeiterklasse aufgrund ihrer organisatorischen und
politischen Schwäche, ihres geringen Bewusstseins ihrer eigenen Kraft und ihrer
Interessen derzeit oft Niederlagen hinnehmen muss.

Einfacher wäre es natürlich, auf Siege aufzubauen. Viele träumen
von solchen Zeiten. Doch auch Niederlagen, Rückschritte können und müssen
genutzt werden. Aufgabe der Marxisten-Leninisten ist es, an diesen Kämpfen so
teilzunehmen, dass möglichst viele Positionen der Arbeiterklasse verteidigt und
erhalten werden, dass Rückzüge so organisiert werden, dass man daraus lernen
und für neue Kämpfe Kraft schöpfen kann. So werden in Zeiten des Rückschritts
die kommenden Angriffe auf das Kapital vorbereitet. Nur wer jetzt, wo es
verdammt schwierig ist, aktiv in Betrieb und Gewerkschaft dabei ist, wird sich
den nötigen Respekt und die Autorität für die besseren Zeiten des Aufschwungs
der Arbeiterbewegung erarbeiten.

 

Gesellschaftlich kämpfen!

 

Die marxistisch-leninistischen Kräfte sollten sich von
Anfang an nicht darauf beschränken, einzelne Aspekte wie Löhne, Arbeitszeit und
andere ökonomische Fragen aufzugreifen. Die Arbeiterklasse hat brennendes
Interesse an allen gesellschaftlichen Fragen wie Bildung und Ausbildung,
demokratischen Rechten, Medien und Kultur, Krieg und Frieden, Erhalt der
Umwelt. Denn letztlich muss sie auch hier die Politik des Kapitals ausbaden.

Und von Anfang an sollte die Politik der
Marxisten-Leninisten und einer von ihnen zu schaffenden Kommunistischen
Arbeiterpartei nicht nur die Arbeiter, sondern alle von der Politik des
Kapitals betroffenen Schichten und Klassen ansprechen und zusammenschließen.
Nur so kann die Arbeiterklasse zur führenden gesellschaftlichen Kraft werden.

Noch sind wir weit entfernt von einer solchen Partei! Aber
die Möglichkeiten und Chancen der gegenwärtigen Entwicklung in der
Arbeiterbewegung, die zunehmende Unzufriedenheit, das Suchen nach Alternativen
schaffen bessere Voraussetzungen. Bei einer ehrlichen Bilanz der bisherigen
Arbeit, der positiven Erfahrungen aber auch der schweren Fehler und Schwächen
und bei einem ehrlichen Bemühen um deren Beseitigung, kann und wird es möglich
sein, eine starke Kommunistische Arbeiterpartei in unserem Land zu schaffen.

 

Redaktion Arbeit Zukunft