einem Streit um das Rauchverbot in einem U-Bahnhof einen älteren Mann nieder,
so dass er ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Sofort brach eine
heftige politische Debatte um eine Verschärfung des Jugendstrafrechts aus. Da
die beiden vermutlichen Täter (ein Gerichtsurteil ist noch lange nicht
gesprochen) griechischer und türkischer Herkunft sind, wurde vor allem von
Politikern der „C“-Parteien auch noch eins in Ausländerfeindlichkeit
draufgesetzt.
„Wir dürfen Leute, die gewaltbereit sind, auf keinen Fall
dulden“ sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann am 24.12.07 in der
Frankfurter Rundschau, und: „Ich erwarte von diesen Leuten gegenüber der
Ausländerbehörde eine ganz klare Distanzierung von jeder Gewalt.“
Der CDU-Politiker Volker Kauder am 01.01.2008: „Kriminelle
Jugendliche brauchen kein Multikultigesäusel, sondern einen Warnschuss vor den
Bug.“ Deshalb schlug er vor, bei Bewährungsstrafen die Verurteilten in
kurzfristigen Warnarrest zu nehmen, z.B. in geschlossenen Einrichtungen mit
therapeutischem Gesamtkonzept. Im Klartext sind damit so etwas wie
Umerziehungslager – man könnte es auch Jugend-KZ nennen – gemeint.
Prompt werden zwischen Weihnachten und Neujahr noch einige
weitere gewaltsame Übergriffe von Jugendlichen bundesweit durch die Medien
bekannt. Als ob es solche und ähnliche Vorfälle nicht schon vorher ständig in
deutschen Großstädten oder auch auf dem flachen Land – man denke nur an
Bierzelte, Fußballarenen usw. – gegeben hätte.
Schlimm, dass es so viel sinnlose Gewalt in der Gesellschaft
gibt! Aber begegnen wir Ihr nicht auch in Form von Rasern und Dränglern auf
Straßen und Autobahnen, in Form von Mobbing in den Büros und Betrieben
tagtäglich. Diese Gewalt ist Ausdruck eines menschenfeindlichen
Gesellschaftssystems, das Konkurrenzkampf statt solidarischem Handeln predigt
und auch Tag für Tag durch Wirtschaftsbosse, Politiker und sonstige „Stützen“
der Gesellschaft vorlebt.
Bei den Jugendlichen kommen speziell die Arbeitslosigkeit,
das Herumhängen, die Perspektivlosigkeit und dazu vielleicht noch eine
aufmüpfige und rebellische Haltung, wenn sie auch fehlgeleitet ist, hinzu.
Das Zeter-und-Mordio-Geschrei der rechten Politprominenz hat
mit Mitleid mit den Gewaltopfern rein gar nichts zu tun. Die von ihnen
gemachten Vorschläge verfolgen das Ziel, dem Aufbegehren und der Rebellion der
Jugend mit Polizeistaatsmethoden entgegenzuwirken.
Ziemlich getreu verfolgen sie dabei die Konzepte des
jetzigen Präsidenten und früheren Innenministers von Frankreich, Nicolas
Sarkozy. Im Anschluss an die Jugendkrawalle vom Herbst 2005 – ausgelöst durch
den Tod zweier Jugendlicher, die von der Polizei verfolgt wurden – kam Sarkozy
als damaliger Innenminister mit einem ganzen Bündel von Gesetzesvorschlägen an
den Senat und das Parlament Frankreichs heraus.
Hier die Wichtigsten:
Das so genannte „Gesetz
über die Chancengleichheit“: Außer dem „Erstanstellungsvertrag“ (auf
Französisch CPE), der aufgrund massiver Proteste der Bevölkerung nicht in Kraft
treten konnte, enthält dieses Gesetz auch noch den „Arbeitsvertrag mit
elterlicher Verantwortung“, das die Gewährung von Sozialleistungen an die
Familie von den schulischen Leistungen des Kindes abhängig macht, und es stellt
mehr Mittel für die kommunale Verwaltung zum „Kampf gegen die
Unzivilisiertheit“ zur Verfügung.
Das Gesetz über die
Rückfälligkeit von Straftätern: Dieses Gesetz betrifft jede/jeden, die/der
einmal wegen eines Strafdelikts verurteilt wurde, ganz gleich welcher Art. Zu
den restriktiven Maßnahmen gehören: Der Begriff der Rückfälligkeit wird auf
eine größere Anzahl unterschiedlicher Straftaten ausgedehnt, die Zeit zwischen
zwei als Rückfall qualifizierten Taten wird verlängert, das Strafmaß bei
Rückfall wird erhöht und die Widerspruchsmöglichkeit eingeschränkt.
Gesetz zur Vorbeugung
von Straftaten: Dieses Gesetz enthält unter Anderem die Speicherung der
Daten aller Personen, die kommunale Sozialleistungen in Anspruch nehmen.
Mit größeren Vollmachten als bisher ausgestattet, kann der
Bürgermeister ein ganzes Bündel von repressiven Maßnahmen gegen Familien, die
in Schwierigkeiten geraten sind, in Gang setzen wie z.B. Aussetzung sozialer
Hilfsleistungen, Internierung von Amts wegen usw. Es bedeutet auch die
Infragestellung des Erlasses von 1945 zum Schutz Minderjähriger, nach dem
Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren nur mit der Hälfte der Strafe für
Erwachsene belegt werden dürfen. Das neue Gesetz macht Kinder schon ab dem 10.
Lebensjahr strafmündig und ersetzt damit die soziale Behandlung der
jugendlichen Straftäter durch Repression.
Gegen dieses letztere Gesetz gab es in Frankreich
nachhaltigen Protest und Widerstand. Das, was jetzt von den Wortführern
verschiedener bürgerlicher Parteien zur Vorbeugung gegen Straftaten
jugendlicher Gewalttäter vorgeschlagen wird, ist im Kern das gleiche Konzept,
das Sarkozy verfolgt hat: Gesellschaftliche Probleme mit Polizeistaatsmethoden
lösen zu wollen. Dieses Konzept wird auch in Deutschland nicht aufgehen.
Die Ursache solch „hässlicher“ Erscheinungen wie
Jugendkriminalität, Bandenkriminalität, Schlepper- und Schleuserwesen,
Menschenhandel, Sextourismus in östlich angrenzende Staaten wie z.B. Tschechien
usw. ist nicht etwa das besondere kriminelle Potential der heute lebenden
Menschen, auch nicht der hier lebenden Nicht-Deutschen, sondern die Fäulnis des
kapitalistischen Systems. Diese Erscheinungen können zwar mit sozialen
Maßnahmen gemildert werden, aber dazu ist der kapitalistische Staat nicht mehr bereit.
Er bekommt von denen, in dessen Dienst er steht, nämlich von den Monopolen, bei
wachsender Staatsverschuldung nicht mehr die dafür notwendigen Mittel
genehmigt.
Deshalb ergreifen die „Stützen der Gesellschaft“ in der
Politik und in den Medien jede sich bietende Gelegenheit, um nach dem starken
Staat zu rufen, die Strafen für Delikte, die vornehmlich von „denen da unten“
begangen werden, drastisch zu verschärfen, während Millionenbetrüger im
Nadelstreifen-Anzug straffrei ausgehen (Beispiel Ackermann von der Deutschen
Bank).
Lösen können die Herrschenden das Problem aber auch nicht
mit dem Polizeiknüppel und der Sicherheitsverwahrung (und anderen
Zwangsmethoden), weil die Ursache die immer stärker hervortretenden
Klassenwidersprüche in unserer Gesellschaft sind. Und durch die verschärfte
Repression werden diese Widersprüche bestimmt weder beseitigt noch abgemildert.
Wir Kommunisten sind für die völlige Beseitigung der
Klassenwidersprüche und das geht nur durch den Sturz des kapitalistischen
Systems der Ausbeutung und Unterdrückung selbst.
Aber auch jetzt, in dieser Gesellschaft kämpfen wir gegen
staatliche Unterdrückung und Polizeistaatsmethoden. Wir unterstützen all jene,
die ebenfalls diesen Kampf gegen staatliche Repression führen und kämpfen an
ihrer Seite.
S.N.