Ginge es nach Alexander Weis, dem Direktor der Europäischen Verteidigungsagentur EDA (European Defence Agency), dann wird das Jahr 2008 das Jahr der Rüstung sein. Alexander Weis wurde zum 1. Oktober dieses Jahres Direktor der EU-Verteidigungsagentur. Davor war er als Abteilungsleiter Rüstung im Bundesverteidigungsministerium tätig. Die EDA wurde durch den Rechtsakt Gemeinsame Aktion 2004/551/GASP des Rates vom 12. Juli 2004 über die Einrichtung der Europäischen Verteidigungsagentur per Dekret geschaffen. Leiter der EU-Verteidigungsagentur ist der Ex-NATO-Generalsekretär und derzeitige Generalsekretär des Rates der Europäischen Union und Hohe Vertreter für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) Javier Solana. Herr Solana hatte übrigens anno 1999 als NATO-Generalsekretär den Befehl zur Bombardierung Jugoslawiens gegeben, ohne daß ein UN-Mandat vorgelegen hatte. Man kann Herrn Solana also guten Gewissens als Kriegstreiber bezeichnen.
Da trifft es sich, daß die Europäische Verteidigungsagentur über ein relativ üppiges Jahresbudget von 60 Millionen Euro verfügt.
Wie in der in Frankreich und den Niederlanden durch Volksentscheid gescheiterten EU-Verfassung enthält die neue Nicht-Verfassung bzw. der Reformvertrag von Lissabon die Verpflichtung, daß die Mitgliedsländer ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise verbessern. Aufgabe der EDA ist es, Maßnahmen zur Bedarfsdeckung an Rüstungsgütern zu fördern und sich an der Festlegung einer europäischen Politik im Bereich der Fähigkeiten und der Rüstung [zu] beteiligen.
Durch eine zentrale Vergabe von Rüstungsaufträgen werden einmal mehr Reste nationaler Souveränität in den Mitgliedsstaaten abgegeben. Gleichzeitig entsteht ein gemeinsamer Rüstungsmarkt in zweistelliger Milliardenhöhe.
“Wir wollen es zur Ausnahme machen, dass Rüstungsaufträge national vergeben werden”, beschreibt er [Alexander Weis] seine Mission. Würden die nationalen Barrieren eingerissen, entstünde ein gemeinsamer Markt von 25 Milliarden Euro.
Summasumarum könnte man den den Zweck der EDA auch darin sehen, EU-weite Lizenzen zum Gelddrucken an Waffenhändler zu erteilen.
Die EDA und die Rüstungswirtschaft machen aber auch keinen Hehl aus dieser Zielsetzung. Auf einer Kooperationsveranstaltung des Initiativkreis Zukunft (IKZ) der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik (DWT) und des Berliner Forum Zukunft (BFZ) des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) mit dem Titel Die EDA als zentrale europäische Verteidigungsagentur? Deutsche Perspektiven auf Anspruch und Realität ist z.B. von einer Verbesserung der Rüstungszusammenarbeit, Schaffung eines europäischen Rüstungsmarktes und Stärkung der rüstungswirtschaftlichen Basis die Rede.
Joachim Rohde, Principal Officer Industry & Market der European Defence Agency, redet in seinem Vortrag z.B. von der Gefahr, daß die Rüstungsindustrie der EU zum Zulieferer der US-Industrie verkommt oder ganz in die Bedeutungslosigkeit versinkt.
* Annahme: Budgets bleiben bestenfalls stabil, Kosten moderner Ausrüstung steigen: Industrie ist mit nur noch wenigen großen Programmen und großen Lücken dazwischen konfrontiert; da Fähigkeitslücken schnell geschlossen werden müssen, können neue Programme nicht immer gestreckt werden, was zu erheblichen Auslastungsproblemen in der Industrie führen wird
* Gewandelte Rolle der Industrie: Immer engeres Abhängigkeitsverhältnis zwischen nationaler Industrie und ihrem Hauptkunden durch Outsourcen, Betreibermodelle etc. – führt zu eher partnerschaftlichem Verhältnis und ermöglicht daher nur noch wenig Spielraum für grenzüberschreitenden Wettbewerb oder aber erleichtert ihn erheblich
* Europäische Firmen sind immer weniger dem Wettbewerb ausgesetzt und gleichzeitig mit sinkenden F&T-Aufwendungen der Regierungen konfrontiert. Europäischer Markt ist wenig lukrativ im Gegensatz zu anderen (langfristiges Risiko: Verlagerung von Entwicklungs- zumindest aber Fertigungsstandorten) Am Ende ist europäische Industrie nicht mehr global wettbewerbsfähig, zieht sich in Nischen zurück und oder wird Zulieferer für die US-Industrie
Als Nutznießer der Rüstungsindustrie stellt jemand wie Herr Rohde den militärisch-industriellen Industriezweig natürlich gar nicht erst in Frage. Wenn es eine Industrie gibt, die überflüssig ist, dann ist es die Rüstungsindustrie.
Weitere Infos zur EDA finden sich u.a. hier:
http://www.bundestag.de/bic/analysen/2004/2004_11_19_M.pdf
http://www.bundestag.de/bic/analysen/2004/2004_12_20a_M.pdf
http://en.wikipedia.org/wiki/European_Defence_Agency
http://www.euractiv.com/de/wissenschaft/europaische-verteidigungsagentur-leitet-forschungsprogramm/article-159680
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