Korrespondenz: 4. bundesweite Demonstration der Montagsdemo-Bewegung am 13. Oktober in Berlin

Berlin: Demo geegn Hartz IV am 13.10.2007Am 13. Oktober fand im Zentrum von Berlin (Rotes Rathaus –
Karl-Lieb knecht-Straße – Unter den Linden – Brandenburger Tor) die bundesweite
Demonstration unter dem Motto „gegen die Regierung in Berlin“ statt.

Die Forderungen, welche durch die Demonstration unterstützt
werden sollten, waren:

  • Weg mit Hartz IV und der „Rente mit
    67“!
  • Für eine wirksame Arbeitszeitverkürzung
    auf Kosten der Profite!
  • Für Mindestlöhne im Kampf gegen
    Lohndumping und Spaltung der Arbeiter!
  • Für den Erhalt und den Ausbau
    demokratischer Rechte und Freiheiten, für ein politisches Streikrecht!

Ab 10:30Uhr war das „Offene Mikrophon“, eine Einrichtung,
die durch die Montagsdemo-Bewegung eingeführt und populär gemacht wurde,
eröffnet. In zahlreichen Beiträgen wurde die Politik des sozialen Kahlschlags
durch die CDU/CSU/SPD-Regierung angeprangert und eine andere Politik gefordert,
von einigen Rednern auch die sozialistische Revolution propagiert.

Die Demonstration selbst, durch ihre Länge und die
verschiedenen kämpferischen Transparente schon imponierend, hatte nach
Veranstalterangaben etwa 6 000 bis 7 000 Teilnehmer. Das ist einerseits schon
beachtlich, wenn man bedenkt, dass die Teilnehmer teilweise sehr lange
Anfahrtwege (bei mir selbst sind es auch über 600 km) in Kauf nehmen müssen.
Andrerseits ist es auch Tatsache, dass es in den vergangenen Jahren eine
deutlich höhere Beteiligung gab.

Daran, dass es den Hartz-IV-Empfängern heute besser ginge
als vor einem Jahr und der Sozialabbau gestoppt worden wäre, kann es nicht
liegen.

Ein Grund liegt vielleicht darin, dass ein immer wieder
gebrauchtes Messer auch einmal stumpf wird, d.h. in diesem Fall, dass sich die
Politik der Regierung nicht von jährlich wiederholten Demos in Berlin
wesentlich beeinflussen lässt, und das ist sicher auch vielen Leuten bewusst,
die prinzipiell etwas gegen den Sozialabbau tun wollen. Viel wichtiger ist eine
Verbreiterung des Widerstands in breite Schichten der Bevölkerung und der
Betroffenen hinein. Und das muss vor Ort geschehen. Damit will ich nicht sagen,
dass man keine zentralen Grossdemos machen soll, aber dass es eben auch nicht
zum Ritual verkommen darf. Man darf sich keine Illusionen darüber machen, dass
sich die Regierung in Berlin „wegdemonstrieren“ lässt – wenigstens nicht mit 6
000 bis 7 000 Teilnehmern.

Ein weiterer Grund könnte auch in der mangelnden
Bündnisfähigkeit  der zentralen
Montagsdemo-Organisation liegen. Die MLPD, die ja auf die
Montagsdemo-Organisation einen entscheidenden Einfluss hat, hält sich zugute,
dass sie „immer eine große Bündnisfähigkeit bewiesen und diese gerade in den
letzten Jahren bedeutend weiterentwickelt hat“ (Stefan Engel in seiner Rede zum
25. Geburtstag der MLPD). Mir fiel allerdings auf, dass an der
Schlusskundgebung nur zwei Stände aufgebaut waren, die nicht von der MLPD oder
einer Organisation, die zu ihrem Umfeld gehört, besetzt waren. Das finde ich
schade, denn ich weiß, dass es vor Ort sehr gut geht, dass Mitglieder
verschiedener Parteien und Organisationen sowie Unorganisierte gut und
solidarisch zusammenarbeiten. Warum sollte das nicht auf zentraler Ebene gehen?

Es war auch schade, dass als
Redner auf der Schlusskundgebung  Jörn
Wunderlich, Bundestagsabgeordneter und familien- und seniorenpolitischer
Sprecher der Fraktion „Die Linke“ und Hans-Joachim Kernchen,
Bezirksvorsitzender der GDL abgesagt hatten. Es gab aber dann noch einige
andere interessante Redebeiträge vom Podium.

Es war, abschließend gesagt, schon
ein gutes Erlebnis, mit Tausenden auf den Straßen Berlins gegen diese Regierung
und ihre unsozialen Maßnahmen zu demonstrieren. Allerdings denke ich: wir
hätten mehr sein können!

S.N.