feierliche Einweihung einer bronzenen Büste Alfried Krupps von Bohlen und
Halbach. Ein Foto zeigt die Bronzebüste an ihrem Standort vor dem Kieler Yacht
Club Gebäude am Hindenburgufer.
Die Krupp-Büste stand bis vor kurzem am Hindenburgufer vor
dem Kieler Yachtclub. Nach der Umbenennung in „Alfried Krupp Haus“ verschwand
sie plötzlich. Warum?
Anlass für einen Festakt war der 100. Geburtstag des
„Stahl-Unternehmers“. Zu feiern war für den in finanziellen Schwierigkeiten
befindlichen Verein „Kieler Yacht Club“ wohl auch, dass die Immobilie
(Gaststätte und Clubhaus) von der ThyssenKrupp AG für 2,45 Millionen Euro
gekauft wurde. Dementsprechend ließen sich die Konzernchefs feiern. Der
Stiftungsvorsitzende und Kieler Ehrenbürger Berthold Beitz dankte dem
Vorstandsvorsitzenden Ekkehard D. Schulz, „dass
die ThyssenKrupp AG mit dem Erwerb des Hauses ‚Kieler Yacht-Club’ die alte
Verbundenheit des Unternehmens mit der Stadt Kiel und dem Segelsport so
nachdrücklich unterstreicht“. Dagegen ließe sich nichts einwenden, handelt
es sich doch um eine privatwirtschaftliche Angelegenheit. Wer ein Haus kauft,
kann auch bestimmen, dass es zukünftig „Alfried Krupp Haus“ heißen soll.
Und der Hinweis auf die geschichtliche Verbundenheit des Unternehmens und der
Stadt Kiel ist eine Tatsache. Die Rüstungsschmiede war mit der Germaniawerft
und den Torpedo-Werkstätten Mitverursacher zweier Weltkriege. Nicht zuletzt ist
die Zerstörung großer Teile der Stadt während des Bombenkrieges auf die
Anwesenheit des Rüstungskonzerns in Kiel zurückzuführen.
Aber wie es viele Kieler schon immer gestört hat, dass eine
öffentliche Straße am Fördeufer nach dem Antidemokraten und Totengräber der
Weimarer Republik, Hindenburg, benannt ist, so störend ist die Ehrung des
Kriegsverbrechers Krupp. Und dass demokratisch gewählte Staatsvertreter, wie
der Ministerpräsident Carstensen und die Oberbürgermeisterin Volquartz,
an dem Festakt teilnehmen, ist nicht hinnehmbar. Dass „Journalisten“ im „Kieler
Express“ die Ehrung eines Kriegsverbrechers nicht kritisieren wollen oder nicht
dürfen, kann man nur noch mit Achselzucken hinnehmen.
Wo aber ist nun die Krupp-Büste geblieben? Böse Zungen behaupten
das Heimwerker des Nachts ihre Fähigkeiten getestet haben.
ec, kb
Der nachfolgende Text stammt aus einem Standardwerk zur
Geschichte des Nationalsozialismus, das im Fischer Taschenbuch Verlag 1987
erschienen ist.
Krupp von Bohlen und Halbach, Alfried (1907-1967)
Sohn von Gustav Krupp von Bohlen und Halbach. Er erlangte
1943 die alleinige Kontrolle über die längst sprichwörtlich gewordene Firma und
war eine Schlüsselfigur der NS-Wirtschaft. Geboren wurde er am 13. August 1907
in Essen. Er studierte technische Wissenschaften in München und schloss das
Studium mit der Prüfung zum Diplomingenieur ab. 1936 bis 1943 war er
Vorstandsmitglied des Essener Unternehmens, dem die Verantwortung für zwei
wesentliche Zweige des Konzerns, den Montanbereich und die Rüstungswerke,
oblag, wobei die Rüstungswerke wesentlich zur militärischen Wiederaufrüstung
Deutschlands beitrugen. Seit Beginn des Krieges 1939 sorgte K. dafür, dass ein
unaufhörlicher Strom von Panzern, Munition und Waffen zu den Truppen an die
Front ging.
K. war für die Verlagerung von Betrieben aus den besetzten
Gebieten verantwortlich, die man demontierte, nach Deutschland transportierte
und hier wieder aufbaute. 1942 beaufsichtigte er die Übernahme der ukrainische
Eisen- und Stahlindustrie. Beim Wiederaufbau der Elektrostahlwerke von Mariupol
in den Berthewerken (Breslau) setzte er Häftlinge eines benachbarten KZs ein,
das er von einer seiner Inspektionsreisen her kannte. Im Juni 1943 erhielt der
Konzern die Erlaubnis, Juden aus Auschwitz in Essen als Arbeiter zu verwenden,
wo die Lebensbedingungen besser waren als in den polnischen Todeslagern. Nach
einem Übereinkommen mit dem Minister für Rüstung und Kriegsproduktion Albert
Speer beschäftigte K. 45.000 russische Zivilisten als Zwangsarbeiter in seinen
Stahlwerken, desgleichen 120.000 Kriegsgefangene und 6.000 weitere Zivilisten
in seinen Kohlebergwerken – alle unter Arbeits- und Wohnbedingungen, die weit
unter dem aus gesundheitlichen Gründen zulässigen Minimum lagen. Sogar in
Auschwitz richtete er eine Munitionsfabrik ein, und leitende Angestellte seiner
Firma reisten oft in die besetzten Gebiete, um die Aushebung neuer
Zwangsarbeiter für das Unternehmen vorzubereiten.
1943 wurde K. alleiniger Leiter und Eigentümer des
Krupp-Imperiums, das durch die sogenannte Lex Krupp (ein Ausnahmegesetz, wonach
die 175 deutschen Betriebe der Familie und ihre 60 ausländischen Filialen eine
Steuereinheit bildeten) von der Erbschaftssteuer befreit war. Außerdem wurde er
zum Wehrwirtschaftsführer ernannt. Als solcher hatte er die Aufgabe, sämtliche
Hilfsquellen der deutschen Rüstungsindustrie zu mobilisieren. Ab März 1943
erlitten die Werke in Essen sowie andere Teile des Wirtschaftsimperiums der
Familie durch alliierte Bombenangriffe schwere Schäden, und je unausweichlicher
die deutsche Niederlage wurde, desto mehr drängte der bis dahin den
NS-Machthabern unerschütterlich ergebene K. auf Entschädigung und
Schuldenrückzahlung. Kurz vor Kriegsende wurde K. zusammen mit Direktoren
seiner Firma von kanadischen Truppen gefangen genommen und stellvertretend für
seinen nicht haftfähigen Vater vor das Nürnberger Militärgericht gestellt. Am
31. Juli 1948 verurteilte man ihn als Hauptkriegsverbrecher zu zwölf Jahren
Haft und Einziehung seines gesamten Vermögens. Die barbarische Behandlung der
Kriegsgefangenen und anderer Insassen der Kruppschen Arbeitslager und die
Demontagen ausländischer Industrieanlagen waren die Begründung für diesen
Schuldspruch. Doch K. saß nur drei Jahre seiner Haftstrafe ab und wurde am 4.
Februar 1951 dank einer Generalamnestie des amerikanischen Hochkommissars John
McCloy (der von Beruf selbst Bankier war) für verurteilte Industrielle
vorzeitig aus dem Gefängnis in Landsberg entlassen. Auch sein unermessliches
Vermögen – man schätzte es auf 45 bis 50 Millionen Pfund Sterling – sowie das
konfiszierte Eigentum seiner Gesellschaft wurden ihm zurückerstattet.
1953 durfte er seine alte Position als Chef des
Familienunternehmens einnehmen, und trotz einer Auflage der Alliierten Hohen
Kommission, die Kohle- und Stahlbeteiligungen abzustoßen, gewannen die
Kruppwerke rasch ihre frühere Position als führender Stahlproduzent in Europa
zurück. Als K. am 30. Juli 1967, unheilbar krank, an Herzversagen starb, befand
sich sein überdimensionierter Firmengigant am Rande des Zusammenbruchs. Als
seine letzte Maßnahme musste K. sein Familienunternehmen den deutschen
Großbanken überantworten, deren finanzielle Unterstützung allein die Firma
rettete. Nach seinem Tode und nach erfolgreicher Neuordnung erholte sich das
Unternehmen wieder, doch seine bewegte Geschichte als Familienbetrieb war zu
Ende.
(Robert Wistrich: Wer war wer im Dritten Reich? Ein
biographisches Lexikon. Anhänger, Mitläufer, Gegner aus Politik, Wirtschaft und
Militär, Kunst und Wissenschaft. Frankfurt a.M. 1987)
Siehe auch bei Wikipedia. http://de.wikipedia.org/wiki/Alfried_Krupp_von_Bohlen_und_Halbach