Buchbesprechung: Heeresbericht

Edlef Köppen, Heeresbericht - Anklage gegen den KriegWenig bekannt ist der „Heeresbericht“ von Edlef Köppen. Es
ist in der Form eines Romans eine autobiografische Schilderung der Erlebnisse
des Autors als Kriegsfreiwilliger und Unteroffizier im 1. Weltkrieg. Die
Romanfigur, der Student Adolf Reisinger, zieht begeistert in den Krieg. Er erliegt
der Kriegspropaganda: „… Ist nicht alles
zugegangen, wie es in der Fibel steht? Der gute, noble, treue, deutsche Michel;
der schwarze, niederträchtige Russe, der zu Unrecht den Ehrentitel Europäer
führt; der Engländer, verdächtig zuwartend, und unten im Südosten der Balkane,
der Bomben wirft, mordet und verrät: alles wie in der Fibel!“

Es ist frappierend, wie diese Propaganda bis heute – nur etwas
moderner – fortgeführt wird. Da gibt es die immer edle Bundeswehr, die in aller
Welt humanitäre Einsätze macht, den Unterdrückten Freiheit bringt und das Böse
bekämpft. Da gibt es das unzuverlässige England, das düstere Russland und den
chaotischen Balkan. Uralte Vorurteile und Hetze wird immer wieder aufgekocht,
um erneut dem deutschen Militarismus den Heiligenschein zu verpassen.

Reisinger, zunächst in der Etappe eingesetzt, brennt darauf
als „Krieger“ an die Front zu kommen. Er ist ein guter Soldat, der jeden Befehl
ausführt. Er kämpft in Frankreich im Stellungskrieg, wo Fronten verbissen
gehalten, um ein paar Meter vor und zurück zigtausende geopfert werden. Dann
kommt der Gaskrieg. Schutzmasken werden ausgeteilt. Die Soldaten wissen noch
nicht, was da auf sie zukommt. Reisinger watet durch Leichen. Er wird zweimal
verwundet, kommt zweimal ins Lazarett und wieder an die Front.

Je länger der Krieg geht, um so mehr kommen Reisinger
Zweifel. Er sieht tote Gegner und erkennt in ihnen Menschen wie er selbst. Er
sieht Kriegsgefangene – und sieht wieder Menschen.

Er wird nach Russland abkommandiert. Dort erlebt er die
Oktoberrevolution. Auf einmal herrscht Waffenstillstand. Russische und deutsche
Soldaten verbrüdern sich. Auch Reisinger sieht, dass hier das Richtige
geschieht, das hier etwas Neues, Großartiges gemacht wird. Das Oberkommando
verbietet jeden Kontakt zu den russischen Soldaten, damit die deutschen
Soldaten nicht von der „revolutionären Krankheit“ angesteckt werden.

Dann kommt der Befehl, zum Einsatz an die Westfront.
Reisinger gehorcht wieder blind. Das Oberkommando will in einer letzten großen
Schlacht den „Endsieg“ gegen den haushoch überlegenen Feind erringen, das
verzweifelte Aufbäumen des deutschen Militarismus. In der Schlacht werden
zigtausende geopfert. Reisinger muss mit ansehen, wie seine gesamte Kompanie
bis auf ihn ausgelöscht wird. Im Buch heißt es:

„Da Reisinger, wie man
ihn findet und zum Generalkommando führt, erklärt, dass er den Krieg für das
größte aller Verbrechen hält, verhaftet man ihn und sperrt ihn ins Irrenhaus.“

(S.388)

Der Roman schildert den Krieg aus der Sicht eines Insiders,
brutal, genau im Detail, offen und schonungslos. Immer wieder sind in die
Erzählung Dokumente wie Zeitungsartikel, Befehle des Wehrmachtkommandos usw.
eingestreut, die den imperialistischen Krieg entlarven.

Nicht umsonst wurde das Buch von den Nazis kurz nachdem sie
vom deutschen Kapital an die Macht gebracht wurden, um einen neuen Weltkrieg
vorzubereiten, verboten. Köppen starb 1939 mit 46 Jahren an den Folgen seiner Kriegsverletzungen.
Angesichts der Bundeswehreinsätze in aller Welt ist es wieder brandaktuell.

Edlef Köppen, Heeresbericht, List-Verlag, ISBN
3-548-60577-X, 8,95 Euro

dm