München: Bundesweite Protestveranstaltung der Milchbauern für fairen Milchpreis

Bauerndemonstration 14.8.07 in MünchenKorrespondenz: Die weltweit gestiegene Nachfrage
nach Milchprodukten hat die Milchbauern entgegen diverser Medienberichte nicht
zufrieden stellen können. Von einem möglichen Preisanstieg bei Milchprodukten
von bis zu 50 Prozent ist die Rede. Doch bei den Bauern ist die Freude über den
Milchpreisanstieg verhalten. Es bleiben bei den Milchbauern selbst nur einige
lumpige Cent mehr hängen als vor den Preiserhöhungen. Am 14.08.07 hat u.a. der
Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e.V. (BDM) zu einer bundesweiten
Kundgebung in München aufgerufen. Einen Eindruck über die Stimmung auf dieser
Protestveranstaltung möchte der nachfolgende Bericht vermitteln.

Die aktuelle Entwicklung des Milchpreises auf dem Weltmarkt,
– für die Bauern angeblich ein Traum, für viele Verbraucher, die eh schon
nichts mehr im Portmonee vorfinden, ein immer größer werdendes Problem, die
Lebenshaltungskosten noch aufbringen zu können. Lieferengpässe und eine
weltweit hohe Nachfrage, besonders aus Indien und China, haben angeblich die
Preise für Milchprodukte ansteigen lassen. Ein Traum für die Bauern, ein Grund
zum jubeln für die Milchbauern? Die Milchbauern jedenfalls trauen den
„Schönwetterberichten“ in diversen bürgerlichen Medien nicht und riefen am
14.08.07 auf dem Münchner Odeonsplatz zu einer bundesweiten Kundgebung auf. Und
die Veranstaltung strahlte alles andere als Zufriedenheit von jenen Bauern aus,
die als Milcherzeuger ihren Lebensunterhalt verdienen müssen. So fanden sich
nach Veranstalterangaben immerhin um die 15.000 Milchbauern ein. Oftmals samt
ihrer Familien weit angereist, trugen sie ihre Forderungen lautstark, mitunter
sehr kämpferisch vor! Die Hauptforderung war: „Bauern brauchen einen fairen
Preis- 40 Cent pro Liter Milch.“ Immerhin lag der Milchpreis vor 20 Jahren
schon mal bei 80 Pfennig pro Liter. Seit Anfang August wurde also gerade mal
der Stand von 1980 erreicht, so der BDM, bei gleichzeitig steigenden
Produktionskosten.

Die berechtigte Befürchtung der Bauern ist, dass der Handel
den „Rahm“ aus den erhöhten Milchproduktpreisen abschöpfen wird. Dies sprach
der Stellvertretende BDM-Vorsitzende Walter Peters auf der bundesweiten
Kundgebung in München auch unverblümt an: „Während sich der Einzelhandel und
die Molkerein die Taschen voll stopfen, sollen wir uns mit Versprechungen
begnügen [1].“

Natürlich „bedauern“ Politiker wie Verbraucherminister
Seehofer (CSU), dass die Gunst der Stunde von einigen genutzt wird, um
zuzuschlagen. Natürlich „bedauert“ Seehofer lt. Zeitungsberichten vor den
Milchbauern, dass er keine Handhabe hätte, dies zu verhindern [2]. Auf Horst
Seehofer und die CSU sind die bayerischen Milchbauern, immerhin gehört ein
großer Teil von ihnen zur Stammwählerschaft der CSU, nicht gut zu sprechen. „Wo
war denn der, als wir mit 2500 Bauern in Berlin protestiert haben? Der hat sich
um seine persönliche Karriere gekümmert“
, so ein Landwirt auf einer
Podiumsdiskussion [3].

Auf der obig erwähnten Protestveranstaltung in München wurde
auch unsere Zeitung „Arbeit Zukunft“ verteilt und dabei einige interessante
Gespräche geführt. Einige meinten mit einer Arbeiterzeitung, noch dazu mit
einer kommunistischen, sei man hier fehl am Platz. Eine eingeschränkte
Sichtweise kam auch zum Ausdruck, als einige Landwirte, und dies unabhängig
voneinander, in Bezug auf unseren Zeitungsnamen „Arbeit Zukunft“, den Spruch
äußerten: „Brauch ich nicht, Arbeit hab ich genug!“ Wenngleich diese
Sichtweise natürlich in der Hinsicht richtig ist, dass viele Landwirte die
Arbeit kaum noch bewältigen können, so zeigt dies auch die einengende Position
von kleinbetrieblichen Unternehmungen an. In der konkreten Situation, oftmals
auf sich allein und seine Familie gestellt, geht man isoliert von seiner persönlichen
Situation, von den eigenen Sorgen und Nöten aus. Dennoch wäre es natürlich
pauschal und einseitig, wenn man allen Bauern unterstellen würde, die
gesamtgesellschaftliche Entwicklung mit Arbeitslosigkeit, allgemeinen
Preiserhöhungen für Verbraucher werde von ihnen ignoriert und Solidarität sei
generell bei ihnen nicht vorhanden. Dass der Preiskampf der Milchbauern
vielschichtiger ist, wie es auf den ersten Blick den Anschein hat, trug ein
Landwirt in einem Gespräch uns gegenüber auf der Kundgebung vor. Dieser sah
über seinen eigenen Kreis hinaus und meinte: „Wo sollen, wo können die
kleinen Leute denn noch sparen? Doch nicht an der Miete, nicht an den
Stromkosten und anderen Nebenkosten, die relativ fix sind. Viele müssen an der
Qualität der Nahrung sparen, da machen landwirtschaftliche Produkte wie Milch
und Brot keine Ausnahme. –Man spart an der Qualität und greift zu den
günstigsten Angeboten, nicht um den Bauern zu schaden, sondern weil besonders
zum Monatsende hin, bei vielen einfach kaum mehr Geld vorhanden ist!“
Auch
hinsichtlich einer anderen Problematik in der landwirtschaftlichen Diskussion
gab dieser Landwirt zu Bedenken, die Zusammenhänge zu beachten. So seien die
Bauern international oftmals gezwungen umweltschädigend in die Natur einzugreifen.
Beispielsweise werden Wälder bzw. auch Regenwälder, für landwirtschaftliche
Anbauflächen vernichtet. Soll heißen, der einzelne Bauer hat nicht viel
Spielraum seine eigenen Gedanken, Wünsche und Träume umzusetzen, er ist der
harten Realität des Marktes mit seinen Vorgaben, mit seiner Konkurrenz
unterworfen! Wie in der Arbeiterklasse derzeit in Deutschland, fehlt es auch
bei den Bauern an einem wirksamen organisatorischen Zusammenschluss, um
Forderungen durchsetzen zu können. Zumindest einen Schritt dorthin, könnte am
Rande der Protestaktion vom BDM unternommen worden sein. Ein Zusammenschluss
seiner knapp 29.000 Mitglieder zu einer großen Liefergemeinschaft wurde
angeregt und so könnte geschlossener bei Preisverhandlungen mit Molkerein und
Handelketten aufgetreten werden, als dies bisher der Fall war [4].

Ab

Anmerkungen und Quellenangaben

 

1 Zitiert aus Süddeutsche Zeitung, Bayernteil vom 16.08.07,
„Tierischer Preiskampf“.

2 Vgl. Münchner Merkur vom 31.Juli 2007, „Preisexplosion bei
Milchprodukten, Nicht mehr alles in Butter.

3 Zitiert aus Süddeutsche Zeitung, Bayernteil vom
21./22.07.07, „Da wird die Milch sauer.“

4 Vgl. Süddeutsche Zeitung, Bayernteil vom 16.08.07,
„Tierischer Preiskampf“.