Am 24. Februar 07 berichteten wir über die Kündigung der
Betriebsratsvorsitzenden der Volksbank Ludwigsburg, Andrea Widzinski (http://www.arbeit-zukunft.de/index.php/item/622/catid/2).
Der Kampf ging mit härtesten Bandagen weiter. Nachdem klar wurde, dass die
erste Kündigung vom Arbeitsgericht abgelehnt würde, schickte die Volksbank eine
zweite Kündigung wegen angeblichen Spesenbetrugs hinterher. Als die Betriebsratsvorsitzende
bei der Staatsanwaltschaft Selbstanzeige erstattete, um den Vorfall gegen den
Willen der Bankführung zu klären, stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren
umgehend ein, weil noch nicht einmal ein Anfangsverdacht wegen Betruges
bestand.
Für die Kündigungen und den Kampf gegen die
Betriebsratsvorsitzende bediente sich die Volksbank eines Anwaltes Helmut
Naujoks aus Duisburg, der damit wirbt, dass er hilft, Unkündbare loszuwerden.
In einem seiner „Fachbücher“ spricht er von Psychofolter als Methode, um
unliebsame Mitarbeiter rauszumobben. Auf seiner Internetseite preist er sich an:
„Der typische Vorhalt Betriebsratsmitgliedern kann man nicht kündigen, es sei
denn, sie stehlen ‚goldene Löffel’ ist falsch! Entscheidend ist die
richtige Strategie!“ (http://www.fachseminare-naujoks.de/)
Bei der Volksbank bestand die Strategie darin, die Betriebsräte und
Mitarbeiter massiv unter Druck zu setzen. Zeitweise war über die Hälfte der
Betriebsratsmitglieder krank. Mittlerweile sind so viele Betriebsratsmitglieder
zurück getreten, dass Neuwahlen durchgeführt werden müssen. Der Vorstand der
Volksbank hofft wohl, so die verhasste Betriebsratsvorsitzende loszuwerden.
Doch Andrea Widzinski, viele Mitarbeiter der Volksbank und auch verdi ließen
sich nicht klein kriegen. Es gab massive Protestaktionen. Immer wieder wurden
Flugblätter vor der Volksbank verteilt. Vor der Wohnung des Chefs der
Volksbank, Karlheinz Unger, fanden Kundgebungen statt. Durch intensive
Öffentlichkeitsarbeit wurde der Fall bekannt gemacht.
Für die Volksbank wurde es zunehmend peinlich, als ihre Kunden erfuhren,
mit was für einem Rechtsanwalt sie zusammenarbeitet. Als dann die
Anschuldigungen gegen die Betriebsratsvorsitzende zusammenfielen wie ein
Kartenhaus wurde immer offensichtlicher, dass es sich hier tatsächlich um
Psychofolter gegen eine nicht willfährige, aktive Kollegin handelt. Die Bank
geriet immer mehr in die Defensive und musste um ihren „guten Ruf“ als „seriöses“
Geldinstitut bangen.
So kam es am 30. April zu einem Treffen zwischen verdi, dem Vorstand der
Volksbank Ludwigsburg, dem Rechtsanwalt Naujoks, dem Geno-Präsidenten Kuhn und
anderen. Das Ergebnis: Die Volksbank nimmt sämtliche Anschuldigungen und beide
Kündigungen zurück. Kollegin Andrea Widzinski kann ab sofort wieder an ihren
Arbeitsplatz zurückkehren und ihre Tätigkeit als Betriebsratsvorsitzende
aufnehmen. Sie wird sich den baldigen Neuwahlen stellen und setzt sich für
Persönlichkeitswahl ein, damit die Mitarbeiter frei entscheiden können, wen sie
als ihren Vertreter haben wollen. Bei den BR-Wahlen vor einem Jahr erhielt sie
88% der Stimmen.
Die Geschichte von Andrea Widzinski ist ein wichtiges Lehrstück für viele
Kolleg/innen und Betriebsräte. Der Druck in den Betrieben wird immer größer.
Wer aufmuckt und sich wehrt, wird oft fertig gemacht. Doch es zeigt sich:
Solidarität und entschlossener Kampf können etwas bewirken. Dies ist
offensichtlich auch die einzige Sprache, die die Unternehmer gut verstehen.
Denn verdi und Andrea Widzinski hatten zuvor schon mehrfach Gesprächsangebote
gemacht, die die Volksbank ausschlug oder gar nicht beantwortete. Erst durch
den Kampf wurden sie gezwungen, klein beizugeben.
ernst