Ministerpräsidenten Oettinger bei der Trauerfeier für den „furchtbaren
Juristen“ und NSDAP-ler Filbinger zeigt wieder einmal deutlich die Gesinnung
derer, die in diesem Lande herrschen.
Im Original sagte Oettinger Folgendes:
„Anders als in einigen Nachrufen zu lesen, gilt es
festzuhalten: Hans Filbinger war kein Nationalsozialist. Im Gegenteil: Er war
ein Gegner des NS-Regimes. Allerdings konnte er sich den Zwängen des Regimes
ebenso wenig entziehen wie Millionen andere . . . Hans Filbinger wurde – gegen
seinen Willen – zum Ende des Krieges als Marinerichter nach Norwegen
abkommandiert. Er musste sich wegen seiner Beteiligung an Verfahren der
Militärjustiz immer wieder gegen Anschuldigungen erwehren. Es bleibt
festzuhalten: Es gibt kein Urteil von Hans Filbinger, durch das ein Mensch sein
Leben verloren hätte. Und bei den Urteilen, die ihm angelastet werden, hatte er
entweder nicht die Entscheidungsmacht oder aber die Entscheidungsfreiheit, die
viele ihm unterstellen . . . Hans Filbinger hat mindestens zwei Soldaten das
Leben gerettet . . . Hans Filbinger hat also die schreckliche erste Hälfte des
letzten Jahrhunderts nicht nur erlebt, er hat sie auch erlitten.“
(zitiert nach Hamburger Abendblatt vom 14.4.07)
Filbinger – rechtsradikal bis zum Ende
Die Realität sah und sieht anders aus:
Filbinger war nach eigenen Angaben bei seiner
Immatrikulation an der Universität München 1934 Mitglied der NSDAP. Die
Unterlagen dazu sind verschwunden. Weiterhin gehörte er der SA, dem
Schlägertrupp der Nazis, an.
1935 veröffentlichte er zum Beispiel in der Zeitschrift
„Werkblätter“ eine Würdigung der „Schutzbestimmungen für die Rasse“.
Darin kritisiert er das liberale Strafrecht vor 1933 und lobt das NS-Unrecht,
weil es den Schutz der Volksgemeinschaft in den Vordergrund stelle. Für ihn war
die Volksgemeinschaft eine Blutsgemeinschaft, deren „rassisch wertvollen“
Bestandteile planvoll entwickelt werden sollten. Er forderte, durch die „Schutzbestimmungen
für die Rasse“, sollten die „Schädlinge am Volksganzen“ durch
Untersagung der Berufsausübung, durch Entmannung und Sicherheitsverwahrung
bestraft werden. Filbingers Wünsche gingen, wie wir wissen, auf grausame Weise
in Erfüllung.
So machte Filbinger unter den Nazis Karriere, promovierte
als Jurist, wurde Offizier und schließlich Marinerichter.
Beim Matrosen Gröger, der wegen Fahnenflucht vor Gericht
stand, forderte Filbinger als Anklagevertreter das Todesurteil. Als ein Gnadengesuch
abgelehnt wurde, drängte Filbinger auf sofortige Vollstreckung, sodass Gröger
noch kurz vor Kriegsende am 16. März 1945 hingerichtet wurde.
Grögers Schwester, Ursula Galke (78), sagte, sie sehe den
ehemaligen Marinerichter Filbinger als „Mörder meines Bruders an“.
Da die britische Militärregierung nach dem Sieg über
Nazideutschland rasch die Zusammenarbeit mit den alten Herren gegen die
sozialistische Sowjetunion suchte, ließ sie die Militärjustiz der Nazis
bestehen. So konnte Filbinger auch dann noch einen Soldaten wegen Widerstands,
Gehorsamsverweigerung und Zersetzung der Manneszucht zu einem halben Jahr Haft
verurteilen. Der Soldat Kurt Petzold hatte nämlich einem Nazi-Offizier den
Befehl mit den Worten „Ihr Nazihunde, ihr habt ausgeschissen!“ verweigert und
sich die Hakenkreuze von Mütze und Uniform herunter gerissen. Für den
angeblichen „Antifaschisten“ Filbinger war das ein schweres Verbrechen.
Bekannt ist Filbingers Rechtfertigung für seine Verbrechen
in der Nazizeit: „Was damals Recht war, kann heute kein Unrecht sein.“
Und tatsächlich stand Filbinger treu in der Rechtstradition
der Nazi-Zeit. Nachdem sein Rücktritt als Ministerpräsident Baden-Württembergs
von einer breiten fortschrittlichen Bewegung erzwungen worden war, gründete
Filbinger im Renaissanceschloss Weikersheim, dass er zuvor als
Ministerpräsident mit Millionen DM Steuergeldern herausputzte, das so genannte
„Studienzentrum Weikersheim“ – eine Zentrale für rechtsradikale Umtriebe.
Dieses „Studienzentrum“ wurde und wird mit Steuergeldern finanziert. Im
Vorstand saß neben dem jeweiligen Ministerpräsidenten Baden-Württembergs unter
anderem der Republikaner Rolf Schlierer. Als dies 1989 an die Öffentlichkeit
drang, trennte sich Filbinger öffentlich von ihm, um ihn in geheimen Gesprächen
zu beknien, er solle weiter mitmachen, weil er als führender Republikaner im
„Studienzentrum Weikersheim“ seine „politischen Ziele viel besser verfolgen“
und „Einfluss auf die Parteien der Mitte“ nehmen könne. Zum Leidwesen
Filbingers wurden die geheimen Protokolle dieser Treffen öffentlich. 1990
durfte im mit Staatsgeldern finanzierten Vereinsorgan „Weikersheimer Blätter“
ein angeblicher Historiker erklären, dass „die Vergasung von sechs Millionen
Juden… auch durch nichtdeutsche Wissenschaftler und Fachleute bereits erheblich
angezweifelt wurde“. Der „bekennende Christ“ Erwin Teufel, damals als
Ministerpräsident Baden-Württembergs im Vorstand des „Studienzentrums“ hatte
dieses Blatt mit seiner faschistischen Hetze auf seinem Schreibtisch. Aber man
mühte sich jahrelang zu verhindern, dass dies an die Öffentlichkeit drang,
statt dagegen etwas zu unternehmen. Beim 80. Geburtstag Filbingers saß neben
dem früheren Finanzminister Baden Württembergs, Gerhard Mayer-Vorfelder, der
für seine rechtsradikalen Ansichten und seine zahlreichen Skandale bekannt ist,
Paul Schmidt-Carell, der früher einmal Paul Karl Schmidt hieß und damals
Pressechef der Nazis im Reichaussenministerium war. In dieser Eigenschaft machte
er die begleitende Pressearbeit für die Endlösung der Judenfrage in Polen.
Filbinger war also kein „Gegner des NS-Regimes“, wie
Oettinger verkündete. Filbinger war bis zu seinem Ende Rechtsradikaler und
umgab sich mit Rechtsradikalen. Er hat nichts „erlitten“, wie Oettinger
tränenreich beklagte, sondern hat bei anderen Menschen für unsägliches Leid
gesorgt. Bis zum Ende hat er diese Verbrechen vertuscht und gerechtfertigt. Mit
seinem „Studienzentrum Weikersheim“ hat er Alt- und Neonazis eine Plattform
geschaffen, von der aus sie die Verbrechen des NS-Regimes verharmlosen und
leugnen sowie die Opfer verhöhnen konnten.
Oettinger: Der wurmstichige, braune Apfel fällt nicht
weit vom Stamm
Wenn Oettinger Filbinger zum leidenden Gegner des NS-Regimes
hochstilisiert, dann zeigt er seine eigene Gesinnung. Er tritt in die
Fußstapfen Filbingers und zeigt sich als würdiger Ziehsohn des braunen Sumpfes
in der CDU. Der Apfel fällt eben nicht weit vom Stamm!
Oettinger selbst ist stolzes Mitglied der schlagenden Tübinger
Burschenschaft Ulmia (Motto: „Eintracht – Ehre – Freiheit“). Vor Jahren hatte
er dort schon die erste Strophe des Deutschlandliedes begeistert mitgesungen.
Mit seinen Kameraden mit Schmiss träumt er wohl immer noch von einem
Deutschland von der Etsch bis an den Belt.
Bei einer Rede vor dieser Burschenschaft 2006 meinte er dann, dass sich
in der Geschichte nach Kriegen immer eine besondere Wirtschaftsdynamik entfalte
und: „Wir sind in der unglaublich schönen Lage, nur von Freunden umgeben zu
sein. Das Blöde ist, es kommt kein Krieg mehr.“
Mit seiner Rede zu Filbinger hat Oettinger klar gemacht,
dass es sich nicht um frühere Ausrutscher gehandelt hat, wie er und die Medien
immer behaupteten. Es ist seine Gesinnung.
Merkels und Oettingers Entschuldigungen – wertlose
Floskeln
Angela Merkel hat sich, nachdem der Skandal um die Lobrede
Oettingers auf den „Antifaschisten“ Filbinger bereits hohe Wellen schlug,
geschickt distanziert. Sie ließ mitteilen, dass sie sich „gewünscht hätte,
dass neben der großen Lebensleistung von Ministerpräsident Hans Filbinger auch
die kritischen Fragen im Zusammenhang mit der Zeit des Nationalsozialismus zur
Sprache gekommen wären, insbesondere im Blick auf die Gefühle der Opfer und
Betroffenen“. (zitiert nach Stuttgarter Zeitung, 14.4.07)
Man muss zwischen den Zeilen lesen, um den Sinn zu
verstehen. Merkel sagt nicht, dass Oettinger Unrecht hatte. Sie sagt lediglich,
dass er „auf die Gefühle der Opfer und Betroffenen“ hätte Rücksicht
nehmen sollen. Bei Filbinger spricht sie lediglich von „kritischen Fragen“ –
nicht von Tatsachen! Wenn man also die diplomatischen Floskeln zur Beruhigung
der Öffentlichkeit abzieht, dann bedeutet Merkels Kritik: Oettinger, Du hast ja
recht, aber Du hättest besser den Mund gehalten. Schließlich sitzen beide in
der CDU-Führung und Oettinger gilt als ein Unterstützer von Angela Merkel.
Noch lauwarmer ist das „Bedauern“, dass mittlerweile
Oettinger zum Ausdruck gebracht hat. Er sagte, es ginge ihm nicht um eine
Verharmlosung der Nazi-Diktatur: „Ein solcher Eindruck war von mir in keiner
Weise gewollt. Soweit Missverständnisse in dieser Hinsicht entstanden sind,
bedauere ich dies ausdrücklich“. (zitiert nach Sonntag aktuell, 15.4.07)
Das heißt im Klartext: Meine Darstellung war richtig. Wenn
jemand den „Eindruck“ gehabt hat, ich wollte das NS-Regime verharmlosen, dann
hat der mich missverstanden. Ich bedaure, dass es so dumme Menschen gibt, die
mich missverstehen und so einen Eindruck bekommen können.
Aus seiner Partei bekommt er begeisterte Unterstützung.
CDU-Landesgruppenchef für Baden-Württemberg im Bundestag, Georg Brunnhuber,
meinte Oettingers Jubelrede auf den „furchtbaren Juristen“ Filbinger sei seine „Meisterprüfung“
gewesen! Und weiter: „Jedes Wort war richtig, da kann man fünf
Ausrufezeichen dahinter machen.“ (zitiert nach Stuttgarter Zeitung,
14.4.07)
Es ist bezeichnend für den Zustand der herrschenden Klasse,
dass in ihren Reihen Verharmloser und Rechtfertiger des Faschismus das große
Wort führen.
Wir fordern:
Sofortiger Rücktritt von Oettinger!
Verbot aller faschistischer Organisationen!
Kein Staatsgeld für das „Studienzentrum Weikersheim“!