„Alle gemeinsam für 10 % mehr!“, mit dieser Losung startete
Arbeit-Zukunft im Januar in die Metalltarifrunde. Der Vertrauensleutekörper der
IG Metall bei Porsche in Stuttgart- Zuffenhausen forderte kurz darauf 9, 5%
mehr Lohn. Und am 8. Februar 2007 hat die Vertrauensleuteversammlung bei
DaimlerChrysler, Werk Bremen, folgende Forderungen zur Tarifrunde aufgestellt:
- 10% mehr Lohn!
- Die Verlängerung des „Pforzheimer Abkommens“ über 2007
hinaus darf nicht zum Gegenstand dieser Tarifrunde gemacht werden! - Tariferhöhungen müssen sockelwirksam sein!
- Es kann nicht Sache der Betriebsräte sein, über
Tariferhöhungen zu verhandeln (wie 2006 bei der Höhe der Einmalzahlung),
solange diese kein Streikrecht haben. - Einen „Investivlohn“ lehnen wir entschieden ab.
Wir begrüßen diesen klaren Standpunkt der Bremer
Kolleg/innen
Es ist ermutigend, dass wir mit unserer Analyse nahe bei
solch erfahrungsgemäß kampferprobten Truppen stehen, wie den Kolleg/innen aus
Bremen und Zuffenhausen.
Allerdings sind es die kämpferischsten und gegenüber den
Interessen des Kapitals rücksichtslosesten Kräfte, die so denken.
Der Vorstand der IG Metall denkt nicht so. Er empfahl am
Dienstag, dem 06.02. 2007, in Frankfurt den regionalen Tarifkommissionen für
die Tarifrunde 2007 die Forderung nach einer Erhöhung der Löhne, Gehälter und
Ausbildungsvergütungen um 6,5 Prozent. Die Laufzeit der Tarifverträge für die
rund 3,4 Millionen Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie soll
zwölf Monate betragen. Nach den Beratungen der regionalen Tarifkommissionen
legt der IG Metall-Vorstand am 26. Februar die endgültige Forderungshöhe
fest.
Am 22.02.07 hat die große Tarifkommission in
Baden-Württemberg die 6,5%-Forderung für alle Entgelte und
Ausbildungsvergütungen übernommen und beim Vorstand beantragt. Die
mitgliederstarke Verwaltungsstelle Stuttgart hatte immerhin 7 % gefordert und
dies in der großen Tarifkommission vertreten, konnte sich aber nicht
durchsetzen.
Wie zu erwarten war, hat der
Vorstand der IG Metall am Montag dem 26.02.2007 6,5% gefordert.
Danach können in den einzelnen Tarifgebieten der IG Metall
Verhandlungen aufgenommen werden. Am 14. März sind erste Verhandlungen in
Baden-Württemberg geplant, die von kämpferischen Aktionen aus den Belegschaften
und Vertrauensleutekörpern begleitet sein werden.
Dass, wie IG-Metall-Chef Jürgen Peters ausführt, die „Metall-
und Elektroindustrie eine Erhöhung in der Größenordnung von 6,5 Prozent locker
verkraften und finanzieren“, könne, soll nicht bezweifelt werden. Er hat Recht,
wenn er sagt, dass „2007 die Arbeitnehmer dran sind“. Auch hat er recht, wenn
er den Ankündigungen der Metallkapitalisten, die Arbeitnehmer mit einem
„Konjunkturbonus angemessen beteiligen zu wollen“, eine Absage erteilte. „Einen
Paradigmenwechsel in Richtung Einmalzahlung statt prozentualer Erhöhung wird es
nicht geben“, sagte Peters. Es gebe weder eine „Einmal-Produktivität“ noch eine
„Einmal-Inflation“. Beide Faktoren seien nachhaltig, deshalb sei es nicht
nachvollziehbar, warum wir uns mit einer „Einmal-Zahlung“ zufrieden geben
sollen. „Offensichtlich versuchten sich die Arbeitgeber dem Druck der
Erwartungen in dieser Tarifrunde durch Einmalzahlungen zu entziehen“, so
Peters. Sein Wort in „Gottes Ohr!“
Das ist alles nachvollziehbar. Aber falsch ist es, wenn die
Forderung wie üblich mit den angeblichen Forderungsspielräumen aus Zuwachsrate
der Produktivität und der Preissteigerungsrate begründet wird. Diese
Vorstellung schwingt übrigens schon in Peters Äußerung mit, „die Metall- und
Elektroindustrie könnte eine Erhöhung in der Größenordnung von 6,5 Prozent
locker verkraften und finanzieren“. Klar kann sie das, aber die hier wirkenden
Kapitalisten wollen es nicht!
Der IG Metallvorstand benennt einen Verteilungsspielraum von
4,1 % für Entgelterhöhungen gesamtwirtschaftlich und von 6,5 % in der
Metallindustrie aus. Dies deckt sich in etwa mit der Forderungsempfehlung. Die
IG Metall errechnet diesen Wert aus den vermuteten Preiserhöhungen, die dem
Kapital am Markt möglich sind (und die bei Verbrauchsgütern auch der Konsument
zu zahlen hätte) und aus den Produktivitätszuwächsen. Eine solche Rechnung aber
unterstellt unausgesprochen, dass es einen gleichsam „vernünftigen“ Anteil der
Entgelte an den Umsätzen der Unternehmen geben könnte, der durch die geforderte
Tariferhöhung irgendwie nicht in Frage gestellt würde.
Hier waltet die nackte Illusion! Es wird die Illusion
geweckt, dass eine Lohnerhöhung im Kapitalverwertungsprozess in einem gewissen
Rahmen problemfrei zu realisieren sei, nur die bösen gierigen Kapitalisten
seien dagegen. Das ist eine Illusion und sollte deshalb von den Kolleg/innen
nicht akzeptiert werden. Dagegen spricht, dass die Anteile der Personalkosten
an den Unternehmensumsätzen auf Grund der Rationalisierungswellen ständig
sinken, dass die Unternehmen anteilig also immer weniger für ihre Beschäftigten
zahlen, und doch keinen einzigen Cent mehr für die Kolleg/innen freiwillig und
ohne Druck herausrücken. Sie sehen eben keinen Verteilungsspielraum. Auch die
massiven Profite des letzten Jahres haben sie nur selten spendabler gemacht
Deshalb ist es überhaupt nicht im Interesse der
Lohnabhängigen, auf einen Verteilungsspielraum, den es gar nicht gibt,
einzugehen. Deshalb forderten wir auch mehr, gestützt auf den Blick ins
Portemonnaie bzw. aufs eigene Konto, auf die eigenen Risiken und die eigenen
Bedürfnisse. Und deshalb fordern die kämpferischen Kolleg/innen zu recht mehr,
bis zu zehn Prozent!
Wie wir bereits in der Januarausgabe ausführten, gibt es für
das Kapital und seine Profiterwartungen nur eine Grenze: Das physische Minimum
des Lohns und das physische Maximum der Arbeit. Das hat – bis heute aktuell! –
Marx erkannt und nachgewiesen. Das Kapital will den Lohn möglichst so weit herunterschrauben,
dass die Beschäftigten kaum mehr davon leben können und gleichzeitig die
Arbeitszeit so weit wie möglich ausdehnen, bis es eben physisch für die
Arbeitenden nicht mehr geht. Umso höher der Profit (der Ertrag, das Ergebnis,
der operative Gewinn, der EBIT und wie die Namen alle heißen)!
Wer das für unrealistisch hält, lese unseren Artikel zu den
Zuständen bei den Hartz-Gesetzen in dieser Nummer. Der sehe mit kritischem
Blick, was in unseren kapitalistischen Betrieben läuft: Ein ständiges Drücken
der Arbeitszeit nach oben und der Löhne nach unten und eine ständige, mal
stärkere, mal schwächere Gegenwehr der Gewerkschaft, der Kolleginnen und
Kollegen! Der schaue auf den auch im gegenwärtigen Konjunkturaufschwung um sich
greifenden Skandal der ausufernden Leiharbeit, der nichts anderes ist als
Niedriglohnarbeit neben noch relativ besser bezahlter, vielleicht noch
tariflich bezahlter Arbeit in einem und demselben Betrieb.
Und wir führten aus, dass nur – wie Marx es nannte – „das
unaufhörliche Ringen zwischen Kapital und Arbeit“, bei dem der Kapitalist
ständig danach strebt, den Arbeitslohn zu reduzieren und die Arbeitszeit zu
maximieren, während die Arbeiter ständig in die entgegengesetzte Richtung
drücken, über die Lohnhöhe und natürlich auch über die Länge der Arbeitszeit
entscheiden. „Die Frage“, so Marx, „löst sich auf in die Frage nach dem
Kräfteverhältnis der Kämpfenden!“ (Zitate nach Karl Marx: Lohn, Preis, Profit.
Marx, Engels Werke (MEW) Bd. 16, S. 149).
Es gibt keine „vernünftige Grenze“ für die Interessen des
Kapitals, es gibt nur einen stärkeren oder schwächeren Kampf unsererseits. Nur
unsere Entschiedenheit und Kampfkraft entscheidet. Wenn diese nicht zur
Anwendung kommt, dann haben wir am Ende, wie manche spöttischen und gescheiten
Kolleg/innen gewitzt voraussagen, vielleicht 3% oder 3,5%, dabei vielleicht
auch noch einen Einmalbetrag, der nicht „tabellenwirksam“ ist oder nicht
“sockelwirksam“, wie die Bremer Daimlerkollegen sagen.
Die ERA-Umsetzung beeinträchtigt die Tarifrunde!
Die Tarifrunde findet vor dem Hintergrund zunehmender
Auseinandersetzungen um den ERA, den neuen Entgeltrahmen-Tarifvertrag. statt.
Mit ihm sollen alle Mitarbeiter/innen der Metallindustrie neu eingruppiert
werden. Die Metallkapitalisten versuchen, diesen neuen Tarifvertrag zu
Lohnsenkungen zu nutzen. Kolleg/innen, die von
Abgruppierungen betroffen sind, werden „Überschreiter“ genannt. Wer
„Uberschreiter“ ist, wird zwar nicht sofort heruntergesetzt, muss aber bei
Tariferhöhungen beim Entgelt bluten, indem ihm 1% der Erhöhung weggenommen
wird, um schrittweise auf den niedrigeren Lohn zu kommen. Dieses eine Prozent
würde vielen Kollegen fehlen und einen niedrigen Tarifabschluss weiter
entwerten.
Bei DaimlerChrysler in Bremen kam es Anfang des Monats wegen
der ERA-Eingruppierungen bereits zu Massenreklamationen. Tausende Kollegen
gingen kollektiv ins Lohnbüro, um gegen ihre Abgruppierung zu protestierten und
ihr Reklamationsrecht auszuüben. Auch bei Alstom Power Mannheim-Käfertal gab es
am 7. Februar 2007 massive Proteste gegen die ERA-Umsetzung: Ca. 700
Kolleg/innen legten die Arbeit nieder und gingen ca. eine Stunde lang zum
Betriebsrat, um sich über die ERA-Umsetzung zu informieren.
Wie dem auch sei: Die 6,5%-Forderung ist der Kompromiss
innerhalb der Gewerkschaft. Sie müssen vollständig durchgesetzt werden.
Wenigstens die Kolleg/innen sollten sich keine Illusionen hingeben: Ohne Kampf
kein Erfolg! Wenn die 6,5% durchgesetzt werden sollen, dann geht das nur mit
Urabstimmung und Streik, und nur auf Kosten des Kapitals und seiner Profite.
Beginnen wir sofort, mit den Kolleg/innen darüber zu
diskutieren und uns darauf vorzubereiten. Gerade wenn schon Probleme bei ERA
auftreten, ist dies besonders wichtig. Den „Überschreiter/innen“, die ihre
Abstufung nicht per Reklamation vom Tisch kriegen, helfen nur hohe
Tarifabschlüsse!
Auf zur vollen Durchsetzung der 6,5%!
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