Keine Rente mit 67!

Kein Ende nehmen die Angriffe der CDU-SPD-Regierung Merkel
auf die Lebenslage der arbeitenden Menschen in Deutschland! Im Dezember beriet
der Bundestag in erster Lesung über  das
Gesetz zur stufenweisen Erhöhung des Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre.
Bereits im Januar soll die zweite Lesung folgen.

Deshalb rufen die IG Metall und zahlreiche  klassenkämpferischen Kolleg/innen in den
Gewerkschaften zu betrieblichen Aktionen im Januar auf.

Die IG Metall prangert auf ihrer Homepage an: „Können Sie
sich ein Land vorstellen, in dem fast 600.000 Menschen unter 25 Jahren und 1,2
Millionen über 50-jährige keinen Arbeitsplatz finden – und in dem die Regierung
trotzdem beschließt, das Renteneintrittsalter um zwei Jahre heraufzusetzen?
Diese Land heißt Deutschland.“

Der ganze Widersinn einer solchen Politik wird hier klar zum
Ausdruck gebracht.

Es kann kein Zweifel bestehen: Gerade für ältere
Arbeiterinnen und Arbeiter in den Fabriken, in Versand-, Handels- und
Logistikunternehmen, zunehmend aber auch für Angestellte in Büros,
Call-Centern, und anderen Angestelltenbereichen sind die Berliner Pläne eine
Horroraussicht.

Denn immer weniger Kolleg/innen erreichen überhaupt das gesetzliche
Renteneintrittsalter von derzeit 65 Jahren. Immer mehr scheiden, erschöpft und
gesundheitlich geschädigt, früher aus und nehmen dafür schon heute massive
Rentenabschläge in Kauf. Nach Angaben der Bundesregierung beträgt die
Beschäftigungsquote der über  55-jährigen
nur noch 42 %, andere Quellen nennen nur noch 39 %.

Das wird auch beim Renteneintritt mit 67 nicht anders sein.
Deshalb handelt es sich in Wirklichkeit um ein Rentenkürzungsprogramm!

Außerdem wird überall, wirklich überall, der Leistungsdruck
gesteigert, die Belastungsschraube angezogen: für alle Beschäftigten, aber
gnadenlos auch gegen ältere Mitarbeiter/innen. Devise: Immer mehr schaffen,
jede Lücke in der Arbeitszeitausnutzung ausmerzen, die Kolleg/innen für individuelle
Pausen zur Rede stellen, jährlich die Produktions- wie auch Verkaufsziele
heraufschrauben, die Arbeitszeit wieder in Richtung 40 Stunden heraufsetzen
usw. usf.! Dies ist die Entwicklung, die sich vor unsren Augen real abspielt.
Sie wird in den gerade erst von der IG Metall öffentlich gemachten
Produktivitätssteigerungen der Wirtschaft drastisch sichtbar. Allein von 2005
auf 2006 stieg diese in der Metallindustrie um 7,1 %, gegenüber 2003 sogar um
mehr als 18 %!! Wurden also 2003 von einem Kollegen pro Stunde 100 Teile einer
Ware X gefertigt, dann 2006 118 bis 119 Teile! Ein Fünftel mehr! Wer an Band
oder Automat steht, wer Versandkommissionen zu packen oder Lieferaufträge zu
bearbeiten hat, weiß, was ein Fünftel mehr bedeutet! Dabei handelt es sich um Durchschnittswerte,
sowohl innerhalb der Branche, als auch innerhalb eines Unternehmens. Im
Einzelfall treten sehr viel höhere Steigerungen auf. All das geht auf Knochen,
Nerven, auf die physische und psychische Gesundheit! Und diese Maloche noch
durchschnittlich 2 Jahre länger aushalten?! Hier kann es nur ein klares „Nein!“
geben.

Ganz abgesehen von der wachsenden Belastung: Durch diesen
Prozess gehen massiv und gezielt Arbeitsplätze verloren! Das muss man wissen,
wenn man die Schönrednerei der Bundesregierung hört. Im Namen der Merkel und
Müntefering, der Beck und Rüttgers, aber auch der stets noch mehr
fordernden  Chefs des Kapitals schwärmt
Staatssekretär Franz Thönnes (SPD!) aus dem Ministerium für Arbeit und Soziales
in der Financial Times Deutschland vom 14.12.06 über die Berliner Pläne:

„Kombilöhne, ‚30 000 Zusatzjobs für Ältere’, 250 Millionen
Euro für 62 Modellregionen, neue Eingliederungszuschüsse und die Übernahme von
Weiterbildungskosten von Mitarbeitern, die älter sind als 45 Jahre … werden die
Integration Älterer fördern.“

Thönnes vergisst auch nicht, die ziemlich wirkungslose
„Initiative 50 plus“ der Bundesregierung, mit der diese die Beschäftigung
Älterer zu fördern versucht, nochmals anzupreisen. In der gesellschaftlichen
Realität können Merkel und Co. dem Kapital als einziges Argument für die
geforderte „Erhöhung der Beschäftigungsquote der über 55-jährigen“ nur
Kostensenkungskonzepte anbieten, die sich klar in den von Thönnes angeführten
Programmen zeigen. Kostenübernahmen durch öffentliche Hände sind
gleichbedeutend mit geringeren (Lohn-)Kosten für das Kapital. Ob sich das
darauf einlässt, ist mehr als fraglich, siebt es doch mitleidlos gerade die
Älteren wegen der höheren Krankenquoten, wegen der vorangeschrittenen
Vernutzung der Arbeitskraft aus. Die Möglichkeit von Kombilöhnen gibt es im
Übrigen bereits und wird aus diesem Grund für Ältere kaum genutzt. Sollte sich
aber doch ein „Erfolg“ einstellen, dann ist jetzt schon abzusehen, dass
„teurere Arbeitsplätze“ durch die neuen „kostengünstigeren“ verdrängt werden.
Diese Wirkung wurde von der Bundesregierung bei den Ein-Euro-Hungerlöhnen von
Hartz-IV-Zwangsarbeiten bestritten, trotzdem ist sie eingetreten. Sie wird,
wenn sich überhaupt etwas tut, auch hier eintreten.

Zieht man all dieses in Betracht, dann ist das Urteil über
die „Rente mit 67“ klar: Geschenke fürs Kapital, die arbeitenden Menschen
müssen das bezahlen: Mit Rentenkürzungen und mit gesundheitlichem Ruin, der
sich längerfristig, auch angesichts der Gesundheitsreformen, in kürzerer
Lebenserwatung für Werktätige auswirken wird.

Man sieht, das eingangs zitierte Szenario der IG Metall
zeigt den Wahnsinn durchaus realistisch.

Verlogen sind auch die weiteren Argumente der Regierung:

Argumentiert wird mit der wachsenden Lebenserwartung und mit
der geringen Geburtenrate. Diese Argumente übergehen die ungeheuer steigenden
Profite der produzierenden Unternehmen, der Banken und des Handels.

Sie verschweigen die wachsende Arbeitslosigkeit,
insbesondere für die Jugend und die Älteren!

Sie übergehen, dass trotz wachsender gesellschaftlicher
Produktivität und mit ihr einhergehender Vernichtung von Arbeitsplätzen die
Arbeitszeit, sei es die tägliche, die wöchentliche wie auch die
Lebensarbeitszeit für die einzelnen Menschen auf Druck des Kapitals wieder
steigt. Und diese Entwicklung wird in offener Form vom Kapital vorangetrieben,
mit genauso offener Unterstützung durch die Regierung und die herrschenden
Parteien.

Übergangen wird die Tatsache andauernder Lohn- und
Gehaltssenkungen, auch hier mit massiver Unterstützung der Herrschenden: durch
Schaffung aller möglichen Arten von prekären Arbeitsverhältnissen, die den
Sozialversicherungen und damit der Rentenversicherung die Einnahmen entziehen.

Und nicht zuletzt kommt immer wieder das Argument, es sei
kein Geld da, um die Renten zu bezahlen. Die Regierung und das Parlament selbst
leeren die Staatskassen durch dauernde Entlastungen für Unternehmen und
Kapital. Deshalb fordern wir die Erhöhung der Kapitalsteuern und die
Wiedereinführung der Vermögensteuer!

Klare Forderungen angesichts der gewaltig gestiegenen
Produktivität, der sprudelnden Gewinne und der wachsenden gesellschaftlichen
Ungleichheit müssen erhoben werden:

  • Die Überschüsse und Profite des Kapitals müssen zur
    Konsolidierung der Rentenfinanzen herangezogen werden.
  • Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und
    Personalausgleich: Eine andere Chance auf mehr Arbeitsplätze gibt es im
    Kapitalismus nicht.
  • Existenzsichernde Mindestrenten für alle!
  • Absenkung des Rentenalters auf höchstens 60 Jahre!
  • Einstellung aller Pläne zur Erhöhung des Rentenalters!

 

In die Aktion gehen!

Dem Kapital und der willfährigen Regierung ist jeder Cent
zur Finanzierung der Renten zu schade. Zunehmende Altersarmut ist kein
wirkliches Problem für diese Herrschaften. Deshalb unsere Aufforderung an die
Betroffenen: Machen wir ein Problem für sie daraus!

Ab Januar will die IG Metall gegen die von der
Bundesregierung beschlossene Rente mit 67 demonstrieren. In den Betrieben
rumore es, die Empörung bei den Arbeitnehmern über diese Pläne der Großen
Koalition sei enorm, so IG-Metall-Chef Jürgen Peters gegenüber der
Nachrichtenagentur AP. Die Gewerkschaft werde der Entwicklung nicht tatenlos
zusehen: „Die IG Metall wird im Januar zu Demonstrationen und Protesten gegen
die Einführung der Rente mit 67 auffordern.“

Dies Aktionen verdienen die aktive Unterstützung von
möglichst vielen, ja von allen Kolleginnen und Kollegen! Legen wir die Betriebe
doch einmal lahm! Das ist die Sprache, die die kapitalistischen Rentenkürzer
und Leuteschinder verstehen! Lassen wir uns von den Kolleginnen und Kollegen in
Frankreich anstecken, die immer wieder mit gutem kämpferischen Beispiel
vorangehen..

ft.