Auch im neuen Jahr 2006 soll der Sozialabbau nach dem Willen
der CDU/CSU/SPD-Regierung unter Merkel und Müntefering weitergehen. Bereits im
Koalitionsvertrag wurden zahlreiche Belastungen wie Erhöhung der
Mehrwertsteuer, Streichung der Eigenheimzulage, Kürzung des Sparerfreibetrages,
Streichung des Kindergeldes bei Ausbildung und Studium über 25 Jahren, höhere
Beiträge zur Sozialversicherung bei Nacht-, Feiertags- und Sonntagsarbeit,
höhere Sozialversicherungspauschale bei Minijobs vereinbart. Das ist nur der
Anfang! Das Kapital will mehr! Die Regierung ist willig!
In ihrer Neujahrsansprache verkündete Kanzlerin Angela
Merkel: „Ich weiß, dass vielen bereits sehr viel abverlangt wird…. Die
Regierung der großen Koalition wird daher angesichts der überaus schwierigen
Haushaltslage überall sparen… Deshalb machen wir Bürokratieabbau, eine
wettbewerbsfähige Unternehmensbesteuerung, eine Reform von Bund und Ländern…
Und wir arbeiten für eine echte Reform der Kranken- und Pflegeversicherung im
nächsten Jahr…“
Sie kündigt also weitere Kürzungen an. „Bürokratieabbau“
bedeutet Streichung von Stellen im öffentlichen Dienst – also mehr Arbeitslose.
„Überall sparen“ heißt Sozialkürzungen. „Wettbewerbsfähige
Unternehmensbesteuerung“ meint neue Steuererleichterungen für das Kapital.
Und „echte Reform der Kranken- und Pflegeversicherung“ bedeutet die
nächste Runde mit höheren Zuzahlungen, Leistungskürzungen und
Verschlechterungen im Gesundheitswesen. Der Staat ist pleite, überschuldet.
Von 1993 bis 2003 stieg das Bruttoinlandsprodukt um ca. 27%
und rund 450 Mrd. Euro! Eine Riesensumme! Im gleichen Zeitraum sanken die
Nettorealverdienste der Arbeitnehmer von 17.466 Euro im Jahr auf 16.574 Euro im
Jahr, also 900 Euro Minus. Auch bei Rentnern, Arbeitslosen,
Sozialhilfeempfängern sind diese 450 Mrd. Euro Steigerung des BIP nicht
angekommen.
Wer hat sich wohl diesen Reichtum angeeignet? Das Kapital!
Warum ist der Staat in einem so reichen Land pleite und hat kein Geld? Weil das
Kapital unersättlich Steuererleichterungen einfordert, um die Profite zu
erhöhen.
Laut Handelsblatt vom 30.12.06 stiegen die
Unternehmensgewinne der größten deutschen Konzerne 2005 um über 25%, obwohl das
Wirtschaftswachstum nur bei 1% lag. Das Handelsblatt überschreibt den Artikel
mit „Konzerne greifen wieder an“. Im Artikel wird offen dargelegt, dass
Arbeitsplätze auch dann vernichtet und Betriebe geschlossen werden, wenn damit
Gewinn gemacht wird. Als Beispiel wird das Reifenwerk von Continental in
Hannover genannt, dass Ende 2006 stillgelegt wird, obwohl es Profit
erwirtschaftet – aber keinen Höchstprofit. Das Handelsblatt schreibt kühl, „dass
die Fabrik im internationalen Vergleich die am wenigsten gewinnträchtige ist
und daher den Standortwettbewerb verloren hat.“ Das ist auch bei Mercedes
mit 16.000, der Deutschen Telekom mit 30.000 und VW mit 10.000
Stellenstreichungen der Fall. Trotz hohen und steigenden Profiten werden
Arbeitsplätze vernichtet. Im Rahmen des zunehmenden internationalen
Konkurrenzkampfes reichen dem Kapital Profite nicht mehr zum Überleben – es
müssen schon Höchstprofite sein. Wo früher Renditen von 5-6% bei einem
Unternehmen als solide galten, sind heute Renditeraten von 15-20% auf das
eingesetzte Kapital das erklärte Ziel vieler Großkonzerne. Dazu sind massive
Angriffe auf Arbeiter, Angestellte, Rentner, Arbeitslose usw. nötig.
Bei der freien Internet-Enzyklopädie Wikipedia findet man
eine Aufstellung der weltgrößten Konzerne (Stand 2005, http://de.wikipedia.org/wiki/Weltkonzern).
DaimlerChrysler steht dort auf Platz 6 mit einem Umsatz von 176.687,5 Mio.
Dollar und einem Gewinn von 3.067,1 Mio. Dollar. Konkurrent Toyota folgt auf
Platz 7 mit einem Umsatz von 172.616,3 Mio. Dollar, aber einem Gewinn von
10.898,2 Mio. Dollar, also mehr als dreimal so viel! Autobauer General Motors
liegt zwar auf Platz 5 vor DaimlerChrysler, beim Gewinn aber weit dahinter.
Diese Zahlen zeigen den immensen Konkurrenzkampf auf dem Weltmarkt. Das Kapital
hat diesen Weltmarkt geschaffen und steht nun unter seiner Knute.
Mit dem Zwang zu und Streben nach Höchstprofit verschärft es
die Krise der kapitalistischen Wirtschaftsordnung. Lohnkürzungen,
Arbeitszeitverlängerung, Sozialabbau untergraben den Konsum, zwingen zu vermehrtem
Export und damit zu Unterbietung der Konkurrenz auf dem Weltmarkt… das
erfordert immer neue Runden von Lohnkürzungen, Arbeitszeitverlängerung,
Sozialabbau… und damit verschärft sich die Krise.
Diesen Prozess erleben die arbeitenden Menschen in unserem
Lande gegenwärtig am eigenen Leib. Der Lebensstandard der Massen sinkt, ohne
Aussicht auf Besserung.
Die Herrschenden beteuern immer wieder, dass Arbeitsplätze
geschaffen werden müssten, dass dazu aber weitere Einschnitte und Opfer
notwendig seien. Kanzlerin Merkel meinte in ihrer Neujahrsansprache dazu:
„Und wir sollten uns an eine einfache Weisheit erinnern, sie lautet: Arbeit
braucht Wachstum und Wachstum braucht Freiheit.“
Mit Freiheit meint sie Freiheit für das Kapital. Aber wie
soll Arbeit durch Wachstum entstehen? Bei dem heutigen
Produktivitätsfortschritt benötigt man mindestens 7-8% jährliches
Wirtschaftswachstum, um mehr Arbeitsplätze zu schaffen. Bei 5-6% können gerade
die bestehenden Arbeitsplätze erhalten werden. Regierung und Kapital jubeln
aber bereits, wenn sie wie 2006 ca. 2% Wirtschaftswachstum erwarten. Und sie
müssen eingestehen, dass das weiteren Arbeitsplatzabbau bedeutet. In diesem
System bedeutet jeder weitere wirtschaftliche Fortschritt unter den
gegenwärtigen Bedingungen in der Regel Erhöhung des Mehrwertes, den das Kapital
einsackt, auf der einen Seite, weitere Entlassungen und Senkung des
Lebensstandards der Massen auf der anderen Seite.
Dieses System kann seine eigenen Gesetzmäßigkeiten nicht
durchbrechen. Das Kapital ist selbst daran gefesselt. Und diese Marktgesetze
richten sich brutal gegen Arbeiter, Angestellte, Rentner, Arbeitslose,
Sozialhilfeempfänger, Studenten, Schüler usw. Dieses System bietet diesen
Menschen keine langfristige Perspektive mehr. Obwohl die Produktivkräfte immer
mehr Reichtum ermöglichen, eignet sich nur eine kleine Gruppe diesen wachsenden
Reichtum an. Um diesen für die Gesellschaft tödlichen Kreislauf zu sprengen,
muss das Kapital entmachtet, enteignet und eine neue sozialistische
Gesellschaftsordnung geschaffen werden! Dabei muss aus den Erfahrungen und
Schwächen des ersten Versuches, den Sozialismus aufzubauen, gelernt werden.
Doch wir wollen nicht abwarten, bis dieses Ziel Wirklichkeit
wird. Schon vorher müssen Arbeiter, Angestellte und alle, die unter diesem
Wirtschaftssystem leiden, sich zusammentun, ihre Interessen verteidigen und
gegen die ständigen Angriffe von Kapital und Regierung ankämpfen. Das Kapital
zwingt sie dazu. Das Neue Jahr 2006 wird daher ein hartes Jahr. In den Kämpfen
können und werden die arbeitenden Menschen viel Erfahrung sammeln, ihre
Kampfkraft stärken und sich besser auf die Beseitigung des kapitalistischen
Systems vorbereiten.
Alle gemeinsam gegen das Kapital!
ernst