Baden-Württemberg verschärft ausländerfeindlichen, rassistischen Kurs

Ab 1. Januar 2006 fordert Baden-Württemberg als einziges
Bundesland von islamischen Bewerbern um die deutsche Staatsbürgerschaft eine
besondere Überprüfung ihrer „Treue zum Grundgesetz“.  Die Kriterien sind dabei ausgesprochen
schwammig. So soll z.B. eine Einstellung, die die Unterordnung der Frau unter
den Mann als richtig ansieht, zu einer Verweigerung der Einbürgerung führen
können. Wäre dies ein tatsächliches Kriterium für die deutsche Staatsbürgerschaft,
dann müssten allerdings zigtausende deutsche Männer ihre Staatsbürgerschaft
verlieren. Staatsbürgerschaft wird so zu einer Gesinnungsfrage gemacht und
damit der Willkür staatlicher Stellen Tür und Tor geöffnet. So kann man alle
unliebsamen Menschen von der deutschen Staatsbürgerschaft ausschließen. Tatsächlich
will das baden-württembergische Innenministerium die Staatsbürgerschaft auch
wieder aberkennen, wenn sich herausstellt, dass der Bewerber bei der Gesinnungsprüfung
seine Haltung nicht vollkommen offen legt. Es lebe die Gesinnungsschnüffelei!

In Erinnerung sei gerufen, wie die gleichen Herrschaften empört
waren, als die DDR und die UdSSR Staatsbürger wegen ihrer Gesinnung ausbürgerten.
Damals redeten sie hochtrabend von Menschenrechten, die verletzt würden. Nun
machen sie dasselbe und zwar massenhaft. In Baden-Württemberg sollen über 60%
der Einbürgerungsbewerber auf ihre Gesinnung überprüft werden.
Einbürgerungswillige Hindu, Christen, Buddhisten usw. werden nicht überprüft.

Hinzu kommt, dass das baden-württembergische
Innenministerium seit einiger Zeit deutsche Staatsbürger türkischer Herkunft
seit einiger Zeit ebenfalls mit einer Überprüfung traktiert, ob ihre Einbürgerung
„rechtmäßig“ sei. Sie sollen erklären, ob sie nach der Einbürgerung wieder
einen türkischen Pass erlangt haben. 3.600 Menschen droht das Innenministerium
ihre Ausbürgerung an. Hohe Funktionäre der EU, Wissenschaftler, Künstler,
Politiker, Manager aus der Wirtschaft können ohne große Schwierigkeiten eine
doppelte Staatsbürgerschaft erhalten. Das Gesetz, dass die doppelte
Staatsbürgerschaft untersagt, sieht nämlich Ausnahmen vor. In der Praxis
bedeutet dies: Wer reich oder für das herrschende System wichtig ist, darf gern
eine doppelte Staatsbürgerschaft besitzen; wer jedoch aus der Arbeiterklasse
oder anderen unteren Schichten stammt, wird deswegen bedroht und gemaßregelt.

Alle diese Maßnahmen sind Bestandteil einer reaktionären Ausländerpolitik,
die ausländische bzw. ehemalige ausländische und deutsche Kolleg/innen spalten,
gegeneinander ausspielen will. Die Herrschenden haben ein Interesse, das die
unteren Schichten nicht in Ruhe und Frieden leben, dass sie ständig in Angst um
ihre Existenz sind. Damit kann man sie drücken. Deshalb erhalten Asylbewerber
kaum noch politisches Asyl, auch wenn sie gefoltert wurden. Deshalb werden
anerkannte Flüchtlinge wieder nach Afghanistan, Kosovo usw. in ein Leben in
völliger Unsicherheit abgeschoben.

„Da zu den politischen
Besonderheiten des Imperialismus die Reaktion auf der ganzen Linie sowie die
Verstärkung der nationalen Unterdrückung in Verbindung mit dem Druck der
Finanzoligarchie und mit der Beseitigung der freien Konkurrenz gehören“

so charakterisierte Lenin den Imperialismus (W.I. Lenin, Der Imperialismus als
höchstes Stadium des Kapitalismus). Und weiter sagte er: „Der Imperialismus ist die Epoche des Finanzkapitals und der Monopole,
die überallhin den Drang nach Herrschaft und nicht nach Freiheit tragen.
Reaktion auf der ganzen Linie, gleichviel unter welchem politischen System,
äußerste Zuspitzung der Gegensätze auch auf diesem Gebiet – das ist das
Ergebnis dieser Tendenz.“
(ebenda)

Solange dieses System besteht, wird damit auch diese
Ungerechtigkeit bestehen und im Imperialismus besteht die Tendenz zu immer
stärkerem Abbau demokratischer Rechte und Freiheiten.

Trotzdem heißt das nicht, dass man die Hände in den Schoß
legen soll. Für alle Arbeiter, Angestellten, alle fortschrittlichen Menschen
ist es wichtig, nicht tatenlos und passiv zuzuschauen, weil es ja einen nicht
selbst trifft. Denn Spaltung und Unterdrückung bedeuten erhöhte Konkurrenz
unter den arbeitenden Menschen. Die Herrschenden reiben sich da die Hände.

In ihrer Erklärung vom Juni 2005 „Imperialismus, Krieg und nationale Befreiung“ hat die Organisation
für den Aufbau einer kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands daher
festgestellt:

„Jede Unterdrückung
und Ungleichbehandlung von Menschen aufgrund ihrer Nationalität, ihrer
Überzeugungen, ihrer Herkunft wird von uns entschieden bekämpft. Wir setzen uns
für den gemeinsamen Kampf der Arbeiter, Angestellten, Bauern, Rentner,
Arbeitslosen, ihrer Familien und der Jugend für ihre Interessen ein!
Gleiche Rechte für alle, die dauerhaft
in Deutschland leben und arbeiten!
Doppelte Staatsbürgerschaft!
Kampf gegen Rassismus und Faschismus!
Schluss mit dem Abbau demokratische Rechte!

Die gesamte imperialistische Politik zeigt, wie verbraucht und
menschenfeindlich dieses System ist. Der Widerstand der Völker in den
unterdrückten Ländern aber auch in Europa und in Deutschland entwickelt sich.
Wir nehmen aktiv an diesem Kampf teil. Dabei bilden sich neue Formen der
Organisierung und des Kampfes heraus. Wir nehmen aktiv daran teil und ermutigen
alle fortschrittlichen Kräfte, dies ebenfalls zu tun. Wir treten dafür ein, die
Solidarität der Völker und der Arbeiter der verschiedenen Nationalitäten im
gemeinsamen Kampf zu stärken. Wir treten ein für eine Welt der Gerechtigkeit,
der Brüderlichkeit und des Friedens, für eine Welt frei von Ausbeutung,
Unterdrückung und Plünderung; für den Sozialismus!“

ernst

 

Über Pässe

 

Der Paß ist der edelste Teil

von einem Menschen.

Er kommt auch nicht

auf so einfache Weise

zustand wie ein Mensch.

Ein Mensch kann überall zustandekommen,

auf die leichtsinnigste Art

und ohne gescheiten Grund,

aber ein Paß niemals.

 

Dafür wird er auch anerkannt,

wenn er gut ist,

während ein Mensch

noch so gut sein kann

und doch nicht anerkannt wird.

Man kann sagen,

der Mensch ist nur

der mechanische Halter eines Passes.

 

Bertolt Brecht

 

 

Pressemitteilung, 4.1.06: Gesinnungstest diskriminiert
Muslime

 

Zu der vom baden-württembergischen Innenminister Heribert
Rech seit Jahresbeginn eingeführten Einbürgerungspraxis erklärt die Abgeordnete
der Bundestagsfraktion DIE LINKE. Sevim Dagdelen:

Die bislang einmalige Prozedur in Baden-Württemberg ist eine
institutionelle Diskriminierung, öffentliche Demütigung und Stigmatisierung
gegenüber Menschen muslimischen Glaubens sondergleichen. Sie bedient lediglich
die vorherrschenden Ressentiments gegen Muslime und hat mit unserem
demokratischen Selbstverständnis nichts gemein.

In dem Gesprächsleitfaden spiegelt sich die Vorstellung
einer deutschen Leitkultur wieder. Hinter den Fragen verbirgt sich nämlich das
Bild der „kulturellen Rückständigkeit“ von Muslimen und das Vorurteil, sie
seien unfähig sich zu integrieren.

Dieser neue Leitfaden erweitert die Befugnisse der
Ausländerbehörden, die Staatsbürgerschaft auch Jahre später abzuerkennen. Damit
wird ein Jahr nach In-Kraft-Treten des Zuwanderungsgesetzes die Praxis der
Aberkennung erneut verschärft.

Mit dem für die Einbürgerung erforderlichen Bekenntnis zur
freiheitlichen demokratischen Grundordnung erkennen die Einbürgerungsbewerber
ohnehin die Grundsätze unserer Gesellschaft an.

Ich fordere das Innenministerium in Baden-Württemberg auf,
dieses menschenunwürdige Verfahren mit sofortiger Wirkung zurückzunehmen.

Die Zulässigkeit dieses Verfahrens ist in Hinblick auf das
geltende Gleichheitsgebot besonders bedenklich. Es ist nicht einzusehen, warum
Menschen eines bestimmten Glaubens intensiver geprüft werden sollen als zum
Beispiel einbürgerungswilligen Hindus oder Christen.

Berlin, 04.01.2006