Weltjugendtag der katholischen Kirche: Professionelle Show in Köln!

Mit einer
äußerst professionellen Show in Form einer traditionellen römisch-katholischen
Messe wurde der Abschluss des XX. Weltjugendtages auf dem „Marienfeld“ bei Köln
durch Gastgeber Kardinal Meisner und seinen Chef, Papst Benedikt XVI (Joseph
Ratzinger), begangen. Moderne, international gestaltete Musik wurde ddafür in
Auftrag gegeben, Neues und Altes wurde ansprechend miteinander verbunden,
ästhetisch durchaus anspruchsvoll. Man klotzte, man kleckert nicht. Das war
professionell. Professionell war, wie man es verstand, unter dem modern
schillernden Gewand eine reaktionäre Botschaft zu platzieren: Die katholische
Kirche schafft es, hunderttausende Jugendlichen dazu zu bewegen, sich ihren
obskuren, patriarchalischen, religiösen Machtansprüchen unterzuordnen, wenn sie
es auch zulässt, eine solche Unterwürfigkeit mit sorgsam organisierter
Fröhlichkeit und Friedlichkeit zu tarnen.

Bedeutsam ist,
dass die katholische Kirche es schaffte, den freiheitsliebenden Gestus vieler
Jugendlichen mit der Propaganda offen reaktionärer kirchlicher Kreise
zusammenzuspannen, unter einem der rechtesten Vorkämpfer dieser Richtung, dem
Kölner Joachim Kardinal Meisner! Beispielsweise war das so genannte „opus
dei
“ auf dem Weltjugendtag zugegen, eine rechte katholische Organisation,
die direkt dem Papst untersteht und seinerzeit offen die blutige faschistische
Franco-Diktatur in Spanien unterstützt hatte.

Unter der
polierten Oberfläche brachte es Meisner fertig, Teilnehmer/innen aus anderen
Religionen und nichtgläubige Menschen offen auszugrenzen. Dazu nutzte er die
friedliche Atmosphäre der Massenversammlung. In einer solchen Stimmung kommt
selten Protest auf! So ließ er ungerührt auf der Eröffnungsmesse bekannt geben,
dass die Kommunion, das „Abendmahl“, dieses Zentralritual der Kirche, auch bei
diesem freudigen Anlass nur den Angehörigen der katholischen Kirche zustünde,
also nicht allen Teilnehmern!. Hier wird gespalten. Geschickt, geschickt!

Ratzinger
forderte die Jugendlichen auf, sich „keinen privaten Christus“ zu stricken,
sondern ausschließlich „den Christus der Bibel anzubeten“.

Es ist
bemerkenswert, wie Ratzinger, Meisner und ihre „Glaubensmanager“ den Spagat
beherrschen: In der öffentlichen Medienpropaganda ein freies, offenes,
fröhliches und friedensgesättigtes Fest anzukündigen, darüber aber das Motto zu
setzen: „Wir sind gekommen um anzubeten“.

Anbeten – eine
Haltung der Unterwürfigkeit. Peinlich ist für jeden frei und materialistisch
Denkenden die Unterwürfigkeit, mit der die Moderatoren vor Ort wie in den
Medien Joseph Ratzinger behandelten und dies somit zum Vorbild für die
anwesenden Jugendlichen und alle anderen Anwesenden und
Medienzuschauer/-zuhörer machten. Und es ist erschreckend, wie der Einzug des
Papstes auf dem „Papsthügel“ des „Marienfeldes“ durch Kardinal Meisner in Form
einer Anbetung gefeiert wurde: „Danke, heiliger Vater, dass du gekommen bist“.
Und zum Abschluss: „Wir beten für den heiligen Vater!“ Ratzinger ließ es sich
huldvoll gefallen! Mit dem aufklärerischen Motto: „Beuge dein Haupt nie vor
einem lebenden Menschen!“ können solche Leute nichts anfangen!

In der
Schlusspredigt, die Ratzinger abwechselnd in verschiedenen Sprachen hielt,
widmete er sich genau diesem Stichwort „Anbetung“, zum Zweiten aber dem
„Abendmahl“, der „Kommunion“, diesem atavistischen Ritual, in dem laut
Ratzinger „Jesus uns seinen Leib als Brot“ gegeben habe. Dem Gläubigen wird
also nahe gelegt wird, ein kleines Stückchen gebackenen Mehlteigs zu essen und
dabei zu denken, dass sei „der Leib“ von Jesus. Welch merkwürdige Erinnerung an
den seit tausenden von Jahren gesellschaftlich überwundenen Kanibalismus in
einem offiziellen Ritual einer Weltreligion!? Mich diesem Ritual genau im Sinne
der katholischen Kirche zu unterwerfen, erfordert es, von allem kritischen,
aufklärerischen und wissenschaftlichen Verstand Abstand zu nehmen.

Alle Kritik an
diesem Ritual ließ Ratzinger in Köln an seiner Kirche öffentlich abperlen:

Sowohl die der
Protestanten, die das „Abendmahl“ als symbolisches Gastmahl, als Form der
Brüderlichkeit unter Christen verstanden wissen wollen, deshalb beides,„Brot
und Wein“ reichen und von einer „Wandlung“ von Brot in Fleisch geschweige denn
des Weins in das Blut Jesu(!!) nichts wissen wollen, als auch die der
Nichtgläubigen und Atheisten, die den obskuren und atavistischen Charakter
dieses Rituals im Sinne der Überwindung rückständiger Weltanschauungen
kritisieren.

Ratzinger
forderte die Anwesenden schließlich auf, sich unter der Anleitung der Bischöfe
(„Haltet Verbindung mit den Bischöfen!“) in „Glaubensgruppen“ zu organisieren,
damit es sich nicht um „Privatglauben“ handele. Hier wird offensiv, wenn auch
unter gegebener Zurückhaltung getarnt, versucht, den alten Einfluss der Kirche
zurück zu gewinnen.

Sich fröhlich
unterordnen, Jesus, Gott, Maria (!!), den Papst, die Bischöfe und die „heilige
Kirche“ anbeten, alle Kritik arrogant übergehen! – hier wird unter dem
Deckmantel des „fröhlichen“ Festes, beharrlich , wo nötig auch behutsam, an
einer solchen Haltung für die Jugend gearbeitet.

Wer hat den
Nutzen davon? Oder in der Sprache der Kirche gesprochen, dem Latein: Cui
bono?
Die alte kritische Frage! Den Herrschenden dieser kapitalistisch –
imperialistisch – reaktionären Gesellschaft, den Besitzern all des Kapitals,
des Bodens, der Banken, denen die menschliche Arbeit ausbeuten, die Millionen
verarmen lassen   ihnen nützt es ganz gewiss! Entschlossener
Kampf um die Klasseninteressen der lohnarbeitenden, ausgebeuteten, im Elend
lebenden Massen ist da nicht vorgesehen. Im Gegenteil: Er wird von der Kirche
verurteilt, mal verdeckt, meist aber ganz offen! Das kommt auch durch
Ratzingers Verhalten in Köln zum Ausdruck. Den Massen auf den Shows rief er ein
entlarvendendes „Seid bereit zu teilen!“ zu. Die Vertreter des Herrschenden
dagegen, z. B. Schröder oder Merkel, empfing er tags zuvor hinter
verschlossenen Türen in Privataudienz.

Der
amerikanische Kommunikationsforscher Peter Shawn schreibt in seinem
Standartwerk „About Showbiz“:

„Eine gelungene
und professionelle Show braucht die Aufsehen erregende Aktion, den auffahrenden
Gestus, den nicht alltäglichen Rahmen. Aber das genügt nicht. Sie muss tiefere
Bewusstseinschichten anrühren, sie muss widersprüchliche Gefühle anrühren.
Diese darf sie nicht aufrühren , sondern nur kitzeln, ohne zu sehr zu
verunsichern. Sie muss beim Publikum das Gefühl einer Befriedigung zurücklassen,
es dabei stärken und für den Tag danach motivieren“.

Viele von uns
fragen sich: Wie lange soll die Religion, das Opium des Volkes, das Opium fürs
Volk, Bestand haben gegen die wissenschaftliche Kritik, gegen wissenschaftliche
Dialektik und Materialismus? Die Antwort darauf müssen wir geben.

Es handelt sich
um eine große, um eine gewaltige Aufgabe. Packen wir sie an: Gemeinsam, aber
auch optimistisch: Denn eine gelungene, eine professionelle Show zu
konstatieren, heißt die untergründige Schwäche des mächtig erscheinenden
Gegners zu  erkennen. In Wahrheit ist die
katholische Kirche von inneren Widersprüchen geschüttelt, von Doppelmoral und
Unehrlichkeit. Gerade deshalb muss sie auf den Gefühlsrausch, das Abschalten
des Verstandes setzen. Und das heißt: Es gibt gute Chancen für die
wissenschaftlich-materialistische Kritik.

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