Ein Gespenst geht um in Europa…

so heißt es im Kommunistischen Manifest. Auf die heutige
Zeit aktualisiert, ist dies das Gespenst der Volksabstimmungen gegen die
EU-Verfassung, die den „freien Markt“ und „freien Wettbewerb“ des Kapitals
heilig spricht, die permanente Aufrüstung zum Verfassungsgrundsatz macht, die
das Volk zum bloßen Zuschauer der Akteure in Brüssel degradiert. Das Gespenst
des NEIN zu dieser Verfassung plagt die Regierungen.

Von drei Referenden, die die Herrschenden gewagt haben,
haben sie zwei – in Frankreich und den Niederlanden – verloren. Nun sollen auf
einmal die Referenden in Großbritannien und Dänemark abgesagt werden. Die
Herrschenden, die so gern von Demokratie reden, haben Angst vor ihren Völkern.
Demokratie heißt ja wörtlich ganz einfach Volksherrschaft. Der Umgang mit der
EU-Verfassung und den Referenden dazu zeigt, wie wenig die Herrschenden von
einer Volksherrschaft halten – nichts! Sie diskutieren derzeit nicht etwa, wie
sie den Volkswillen, der sich so eindrucksvoll manifestiert hat, in die Tat
umsetzen, sondern wie sie ihn umgehen und doch noch ihre Verfassung
durchdrücken können.

Den Völkern Frankreichs und der Niederlande wurde von den
Herrschenden der Vorwurf gemacht, sie hätten nur aus Trotz und Ärger über die
Regierungen mit Nein gestimmt. Aus der Sicht der Herrschenden ist das Volk dumm
und hat keine Ahnung. Für die Herrschenden ist es ein Unglück, wenn das Volk
frei und ungehindert seine Meinung sagen und auch politisch durchsetzen kann.
Als in Spanien noch eine Mehrheit der Verfassung zustimmte, da fragte niemand
von den Herrschenden nach den Motiven oder ob die Menschen ausreichend
informiert waren. Da wurde einfach nur gejubelt. Es war egal, aus welchen
Quellen sich die Zustimmung speiste. Es zählte nur, dass die Interessen der
Herrschenden durchgesetzt wurden. Das NEIN in Frankreich und den Niederlanden
jedoch wird durch die Herrschenden ständig in Frage gestellt.

Doch das klare Votum der beiden Völker hat den Herrschenden
die Suppe versalzen und den ganzen Prozess der Ratifizierung der Verfassung ins
Stolpern gebracht. Zugleich haben sich die Widersprüche zwischen den
verschiedenen imperialistischen Hauptakteuren auf der europäischen Bühne
verstärkt. Während die Bankrotteure Schröder und Chirac die Fortsetzung der
Verabschiedung der Verfassung fordern, bläst Blair das Referendum in
Großbritannien ab, weil er Angst vor seinem Volk hat und nicht so wie Chirac
und Schröder Schiffbruch erleiden möchte. Auch die dänische Regierung hat
Angst, sich die Finger zu verbrennen. Zur gleichen Zeit wird der Streit um die
EU-Finanzen heftiger. Die Uneinigkeit und Instabilität der EU nimmt zu.

Diese Entwicklung ermutigt! Es gibt aber keinen Anlass zur
Untätigkeit. Denn deutlich ist, dass die Herrschenden mit allen Tricks und
Schlichen ihre Interessen auch gegen die Völker durchboxen möchten. Die ersten
Erfolge des Widerstandes sind also kein Signal, um sich gemütlich in den
Erfolgen zu sonnen, sondern sie sind ein Signal, diese Erfolge auszubauen und
mit Zähnen und Klauen zu verteidigen. Deshalb müssen wir uns für die
Fortsetzung der Referenden einsetzen und auch für alle die Staaten, wo
Referenden bisher abgelehnt wurden, ein Referendum fordern. Auch und gerade in
Deutschland verlangen wir, dass das Volk endlich das Recht erhält, ebenfalls
über diese EU-Verfassung abzustimmen. Das Gemauschel hinter dem Rücken der
Völker muss endlich beendet werden.

ernst