Die
aktuelle Arbeitslosenzahl von über 5 Millionen war ein Schock! Dabei ist es
egal, ob es nach den alten statistischen Regeln ca. 200.000 weniger gewesen
wären. Denn tatsächlich ist dies ja nur ein Eingeständnis, dass bisher die
Arbeitslosenstatistik nach unten frisiert war. Und das ist sie auch weiterhin.
Denn allein rund 1,5 Millionen, die in Umschulungen, ABM-Maßnahmen usw.
stecken, werden in der offiziellen Arbeitslosenstatistik nicht mitgezählt. Es
gibt zahllose kleine und große Tricks mit denen das wahre Ausmaß der
Arbeitslosigkeit verschleiert wird. Sonst müssten ungefähr 8 Millionen gezählt
werden!
Diese
Zahlen, selbst wenn man von den „niedrigen“ 5 Millionen Arbeitslosen
ausgeht, machen deutlich, dass es in diesem kapitalistischen System für das
Problem Arbeitslosigkeit keine Lösung mehr gibt. Alle „Rezepte“, die
nun wieder von Politikern, Unternehmern, Wirtschaftsexperten vorgetragen
werden, können die Krankheiten dieses Systems nicht heilen. Gehen wir einige
der wichtigsten Vorschläge einmal durch:
1.
Steigerung des Wirtschaftswachstums?
Das
Bruttosozialprodukt stieg von 1991 mit 1,5 Billionen Euro in 12 Jahren bis 2003
auf 2,1 Billionen Euro. Das sind 40% Steigerung. Der reale Anstieg nach
Berücksichtigung der Inflation betrug allerdings nur ca. 15% Die Zahl der
Arbeitslosen stieg gleichzeitig von 2,6 Mio. auf fast 4,4 Mio. Das sind 70%
Steigerung. Also: Trotz 15% Erhöhung des realen BSP stieg die Arbeitslosenzahl
um 70%! Das Wirtschaftswachstum müsste irrsinnig hoch sein, um die
Arbeitslosenzahl überhaupt stabil zu halten, und noch höher, um sie zu senken.
Denn
während das BSP nur um 15% stieg, schnellte die Produktivität durch die
Einführung moderner Technik hoch. Allein in nur 8 Jahren von 1995 bis 2003 um
35%.
Es wird
also immer weniger Arbeitszeit gebraucht, um immer mehr Produkte herzustellen!
2.
Steigerung der internationalen Konkurrenzfähigkeit, Stärkung des „Standort
Deutschland“?
1991 lag
der Außenhandelsüberschuss bei 21,9 Milliarden Euro. 2003 waren es bereits
129,6 Milliarden Euro Exportüberschuss, also fast das 6-fache! Die
Arbeitslosenzahl stieg im gleichen Zeitraum, wie unter Punkt 1 dargelegt, um
70%. Wie hoch müsste der Exportüberschuss steigen, damit 7 Millionen
Arbeitslose eine Arbeit erhalten?
3. Die
Gewinne müssen steigen?
1991
lagen die Nettogewinne bei rund 265 Milliarden Euro. 2003 betrugen sie ca. 384
Milliarden Euro. Das war eine Steigerung um 45%. Eine ordentliche Steigerung!
Doch nicht genug für Arbeitsplätze. Denn die Arbeitslosigkeit nahm ja im selben
Zeitraum um 70% zu.
Neuestes
Beispiel für die Widerlegung der These „Hohe Gewinne bringen Arbeitsplätze“ ist
die Deutsche Bank. Ihr Geschäftsergebnis 2004 brachte eine Steigerung des
Reingewinns um 87 Prozent auf 2,5 Milliarden Euro. Zugleich wurde der Abbau von
weltweit 6400 Stellen bekannt gegeben.
Wie hoch
müssen Gewinne steigen, damit es ausreichend Arbeitsplätze gibt?
ver.di-Fachsekretär
Wolfgang Hermann kritisierte, die Beschäftigten dürften „nicht auf dem
Altar der Analysten geopfert“ werden. „Das Hecheln nach der
Steigerung der Eigenkapitalrendite ist keine solide Strategie“. Doch
die moralische Empörung ändert die kapitalistische Realität nicht. Man müsste
zumindest kompromisslos kämpfen, um die schlimmsten Angriffe zu verhindern.
Doch dass tun viele Gewerkschaftsführer nicht. Im Gegenteil sie predigen Klassenzusammenarbeit
und appellieren an „die Vernunft“ und die „moralische Verantwortung“ des
Kapitals. Von einer grundlegenden Änderung der Gesellschaft wollen sie erst
recht nichts wissen.
4.
Senkung der Lohn- und der Lohnnebenkosten?
Die
Nettoreallöhne fielen von 1991 mit 16.831 Euro im Jahr 1991 je Arbeitnehmer auf
16.574 Euro in 2003. Das sind 12 Jahre keinerlei reale Erhöhung der Löhne und
Gehälter! Dazu kommen 35% Produktivitätssteigerung, erhöhte Flexibilisierung,
massiver Sozialabbau, um die Lohnnebenkosten für das Kapital zu senken.
Trotzdem gab es nicht mehr Arbeitsplätze, sondern weniger. Die Arbeitslosenzahl
stieg um 70%.
Auch all
die anderen ständig gebetsmühlenartig wiederholten Rezepte wie
Steuererleichterungen, Soziallabbau, mehr Flexibilisierung bringen keine
Abhilfe. Denn im genannten Zeitraum wurden die Steuern für das Kapital stark
gesenkt, Sozialleistungen massiv abgebaut und die Flexibilisierung rasch
vorangetrieben. Ergebnis: steigende Arbeitslosigkeit!
Sozialer Kapitalismus ist unmöglich!
Es kann
auch gar nicht anders sein. Das Kapital ist, so mächtig es auch ist, selbst
nicht Herr seiner eigenen Geschicke, sondern wird von den ökonomischen Gesetzmäßigkeiten
seines eigenen Systems getrieben. Wir können hier nicht in die Details gehen.
Wer das will, muss Marx im Original lesen. Aber wir möchten auf einige
grundlegende Gesetze eingehen.
Da ist
zum einen die Konkurrenz. Sie wurde zwar durch die Herausbildung großer
Monopole in einigen Bereichen abgeschwächt. Doch insgesamt hat sie sich durch
die Größe der Beteiligten, durch die Internationalisierung der Märkte, der
Produktion, des Kapitalverkehrs dramatisch verschärft. Das merken nicht nur die
Beschäftigten, sondern auch das Kapital. Maßstab in dieser Konkurrenz ist
allein die Höhe des Mehrwertes auf das eingesetzte Kapital – die Mehrwertrate. Wir
sprechen vereinfachend von Gewinn oder Profit. Erzielt ein Unternehmen in einer
Branche einen Profit von 25% auf das eingesetzte Kapital, ein anderes nur 10%,
so reichen die 10% auf Dauer nicht. Der Kapitalist, der 25% Profitrate erzielt,
wird auf Dauer den Konkurrenten besiegen. Es sei denn der Konkurrent schafft
es, seine Profitrate zu erhöhen und den Spieß umzudrehen. Immer wieder betonen
um den „sozialen Frieden“ bemühte sozialdemokratische Politiker oder
sozialpartnerschaftlich orientierte Gewerkschaftsführer, dass man ja auch mit
10% Profit gut leben und zufrieden sein könne. Der gesunde Menschenverstand
sagt einem spontan, dass das stimmt. Müsste man nicht bei einem Kapitaleinsatz
von sagen wir 25 Mio. Euro von 2,5 Euro Gewinn jährlich ganz gut leben und noch
investieren können? Gehen wir einmal davon aus, dass es einen Kapitalisten mit
sozialem Gewissen gibt – das ist im Rahmen dieses Systems durchaus möglich.
Gehen wir davon aus, er würde sich mit „nur“ 10% Profitrate zufrieden geben.
Oder er wäre sogar bereit, diese recht hohe Profitrate zu nutzen, um die Löhne
zu erhöhen oder ein paar zusätzliche Arbeitskräfte einzustellen und so die
Arbeitshetze etwas herabzusetzen. Eine Weile geht das sicher gut. Wäre das
System statisch, gäbe es keine Veränderungen, so könnte es sogar in Ewigkeit
gut gehen. „Und wenn sie nicht gestorben sind, ….“ – wie in vielen Märchen.
Doch das
System ist nicht statisch. Die Konkurrenz zwingt das Kapital ständig zu
Veränderung, Entwicklung, Anpassung. Im genannten Beispiel könnte der
Kapitalist mit 25% Profitrate mehr Kapital aufhäufen. Er könnte schneller neue
Techniken einführen, rationalisieren, die Preise senken und so seinen Konkurrenten
mit 10% Profitrate schnell in Bedrängnis bringen. Er könnte auch leichter eine
der immer wieder kehrenden Überproduktionskrisen, Zeiten der Flaute und des
Gewinneinbruchs, überstehen. Sein Konkurrent geht da vielleicht Pleite. Und der
Kapitalist mit der höheren Profitrate kauft dann vielleicht mit dem angehäuften
Kapital den Konkurrenten auf und lässt sich als „Retter“ feiern. Das gilt
übrigens auch für die Deutsche Bank. Deshalb reicht dem Deutsche-Bank-Chef
Ackermann eine Gewinnsteigerung von 87% nicht, solange die Gewinnrate, die Höhe
des Gewinns auf das eingesetzte Kapital, niedriger ist als bei der
internationalen Konkurrenz. Und gerade im Bankgeschäft ist die Konkurrenz
gnadenlos. Wer zu wenig Profit macht, ist bald am Ende und wird von der
Konkurrenz geschluckt.
Soziales
Verhalten auf Seiten des Kapitals ist langfristig nur in den engen Grenzen
möglich, in denen es die Profitrate erhöht oder deren Fall bremst. So kann es
z.B. für einen Konzern sinnvoll sein, besonders qualifizierte Facharbeiter
durch übertarifliche Löhne an sich zu binden, um so die Produktion insgesamt
billiger zu machen und den Profit zu erhöhen. Bei Arbeitskräftemangel kann die
Einrichtung eines Betriebskindergartens durchaus der Sicherung oder Erhöhung
des Profits dienen. Das ist jedoch in der Regel genau anders herum. Soziales
Verhalten ist für das Kapital grundsätzlich schädlich.
Ein
weiterer Faktor, der das Kapital gnadenlos antreibt, ist die Tendenz zum Fall
der Profitrate. Die Konkurrenz zwingt ständig zu Rationalisierung, zum Einsatz
modernster Technik. Ist eine Technik gerade mit hohen Investitionen eingeführt,
gibt es oft schon eine noch modernere, noch effektivere. Neue Maschinen,
Produktionsstraßen, Computernetzwerke usw. werden immer komplexer und immer
teurer. Das eingesetzte Kapital in der Produktion für Maschinen, Ausrüstung,
Technik steigt also beständig. Die Steigerung der Gewinne hält meist mit dem
notwendigen Kapitaleinsatz nicht Schritt, sodass die Profitraten allmählich
sinken. Trotzdem zwingt die Konkurrenz immer neue Rationalisierungsrunden auf.
Wer stehen bleibt, geht langfristig unter. Während die Kosten für Maschinen
usw. relativ fix sind, kann das Kapital einen flexibleren Kostenfaktor nutzen,
um in dieser für es misslichen Situation, der Tendenz zum Fall der Profitrate
entgegenzuwirken: die Ware Arbeitskraft. Denn aus dieser kann man durch
Rationalisierung, Erhöhung der Arbeitshetze entweder mehr herausholen oder
durch Senkung der Löhne die Kosten herabsetzen.
Und das macht es unter dem Zwang der weltweit fallenden Renditen. Auch
diese Gesetzmäßigkeit gilt für die Deutsche Bank. Hoher Profit reicht allein
nicht. Die Profitrate, der Profit auf das eingesetzte Kapital zählt. Deshalb
folgt Ackermann nur den kapitalistischen Zwangsgesetzen, wenn er 6400
Arbeitsplätze streicht, um die Profitrate zu erhöhen.
Einzige Alternative: Sozialismus!
Es ist
eine unglaubliche Heuchelei, wenn Politiker, die alles daran tun, um die
Profite zu erhöhen, nun aufschreien und von sozialem Gewissen faseln, wo am
Beispiel der Deutschen Bank, die ganze Brutalität, Menschenfeindlichkeit und
Widersprüchlichkeit des kapitalistischen Systems so deutlich klar wird.
Gerade
solche Beispiele zeigen, dass die angepriesenen Rezepte zur Sanierung dieses
Systems allesamt wirkungslos sind. Hier zeigt sich so deutlich, dass die
Interessen von Kapital und Arbeit vollkommen entgegengesetzt sind. Denn vom
Standpunkt der Arbeiterklasse könnte eine gesamt gesellschaftliche
Wirtschaftsweise das Problem der millionenfachen Arbeitslosigkeit und nicht nur
dieses mit den heute vorhandenen Produktionsmitteln leicht lösen. Müsste keine
Rücksicht auf die Profitinteressen genommen werden, so könnte man die steigende
Produktivität umgehend für eine radikale Arbeitszeitverkürzung nutzen. Wenn mit
weniger Arbeit mehr Güter hergestellt werden können, kann nämlich die
Arbeitszeit gesenkt und der Wohlstand gesteigert werden. Statt
Massenentlassungen gäbe es eine ungeheure Verbesserung des Lebens aller. Eine
Abschaffung der Arbeitslosigkeit auf diesem Wege würde sogar noch weitere
produktive Kräfte freisetzen und weitere Arbeitszeitverkürzung ermöglichen.
Denn mit der Abschaffung der Arbeitslosigkeit wäre die Verwaltung und Kontrolle
der Arbeitslosen überflüssig, die radikal abnehmende Zahl von Arbeitsgerichts-
und Sozialprozessen würde auch hier große Mengen Arbeitskraft frei machen.
Nicht mehr notwendige Sozialarbeiterstellen kämen dazu. Würde man all diese
menschliche Energie in z.B. Bildung, Kultur, Jugendarbeit stecken, würde der
Reichtum der Gesellschaft steigen – im Kapitalismus muss stattdessen die Armut
verwalten werden. Und da ja die Produktion mit den neuen Techniken steigt, wäre
die Finanzierung kein Problem. Die einzige Bedingung ist die Abschaffung des
Kapitals!
Es ist
klar, dass alle die, die von den heutigen Verhältnissen gut und auskömmlich
leben können, kein Interesse daran haben, diese einfache Wahrheit zu
verbreiten. Stattdessen kochen sie ihre schon tausende Male gescheiterten
Rezepte immer wieder neu auf. Machen wir uns daran, die Wahrheit
entgegenzusetzen und dieses System grundsätzlich zu entlarven, um die
arbeitenden Menschen für den Sturz des kapitalistischen und die Errichtung des
sozialistischen Systems zu gewinnen.
Kämpfen
wir heute kompromisslos gegen jeden Angriff des Kapitals! Kämpfen wir heute
auch schon für jeden sozialen Fortschritt, sei er auch noch so klein und instabil!
Kämpfen wir aber vor allem für die Abschaffung des Kapitalismus! Und kämpfen
wir um unsere Kolleginnen und Kollegen, dass sie ihre Interessen wieder klar
und deutlich erkennen und dafür eintreten!
dm