BILDs reaktionäre Kampagne „gegen die Abzocker“

Es ist tatsächlich eine Schande, wie unverschämt sich verschiedene
Politiker bereichern. Da waren die Fälle der Billigstromer von der CDU,
über die wir bereits berichteten. Da waren die Fälle diverser
SPD-Politiker, die von VW ausgehalten wurden. Da ist der Fall der
führenden CDU-Politikerin Hildegard Müller, die sich von der Dresdner
Bank ein Gehalt von 2000 Euro und eine Sekretärin bezahlen ließ. Da
sind die Fälle der Ex-Minister Döring (FDP) und Palmer (CDU), die nach
8 Jahren als Minister im „hohen“ Alter von 42 und 50 Jahren 4300 Euro
Pension erhalten – zusätzlich zu ihren Diäten als Landtagsabgeordnete
in Höhe von 4750 Euro und ihren sonstigen Nebeneinnahmen in unbekannter
Höhe.

Diese Fälle zeigen deutlich, wie verkommen und korrupt dieses System
ist. Es sind ja nicht die ersten Fälle. Hunderte wurden zuvor bekannt
und tausende blieben verborgen. Immer wieder wurden neue
„Anstandsregeln“ für Abgeordnete verabschiedet, immer wieder wurden
„bessere“ Gesetze angekündigt und manchmal auch verabschiedet.
Grundsätzlich geändert hat sich dadurch nichts.
Und es kann sich ja auch nichts grundsätzlich ändern. Denn diese
Skandale, die da bekannt werden, sind ja nur ein Symptom eines Systems,
dass zwar offiziell eine „Demokratie“ ist, in dem in Wirklichkeit aber
eine kleine Gruppe von superreichen Großkapitalisten herrscht, die es
sich aus ihrer Portokasse leisten können, ein paar Politiker zu
„fördern“. Und das ist ja nicht ihr einziger Weg, die Staatsgeschäfte
in ihrem Sinne zu beeinflussen. Sie sitzen mit ihren Vertretern in
zahlreichen Ausschüssen, Kommissionen, Expertenrunden usw. Jede
Regierung muss bei ihren Entscheidungen über Investitionen und
Arbeitsplätze zittern, denn sie entscheiden über das Wohl und Wehe
ganzer Regionen und Länder. Sie fördern, dass ehemalige führende
Mitarbeiter aus ihren Reihen in Parlamente und Regierungen gehen. Sie
übernehmen ausgediente Minister und Parlamentarier, damit diese ihre
„guten Verbindungen“ für sie nutzen. So vielfältig sind diese
Verflechtungen und Möglichkeiten zur Einflussnahme, dass die nun
bekannt gewordenen Fälle von Korruption und Alimentation nur die Spitze
des Eisberges sind.

BILD nimmt sich nun seit einigen Tagen dieser Fälle an. Lautstark und
mit großen Lettern schimpft BILD über die Abzocker. BILD gibt sich
kämpferisch und fordert „Anti-Abzock-Regeln“ (12.1.05, S.2), von denen
wir viele voll unterschreiben können. BILD gibt sich volksverbunden und
zeigt 5 kleine Rentner, die zusammen nach Jahrzehnten harter Arbeit so
viel Rente erhalten wie einer der oben genannten Minister nach 8 Jahren
„allerhärtester Regierungsarbeit“. Wie hatte diese Zeitung vor einiger
Zeit plakatiert? „BILD kämpft für Dich!“ Liest man die knallharten
Artikel, so könnte man denken, dass dieser Werbeslogan der Wahrheit
entspricht. BILD spielt sich als der „Superman der kleinen Leute“ auf.
Was steckt wirklich dahinter? Redakteur Georg Streiter sagt es in
seinem Kommentar (12.1.05, S.2): „Die Mehrheit der Politiker leistet
ehrliche Arbeit. Ihr Ansehen wird aber von einer kleinen Minderheit von
Abzockern ramponiert.“ BILD will: „Die Bürger müssen verstehen, warum
und wofür ein Politiker Geld vom Staat erhält!“ BILD will „eine
ehrliche Debatte“.

BILD will also mit seinem Kampfgeschrei vor allem klar machen, dass es
sich um „Einzelfälle“ handelt, dass das System aber richtig und gut
ist. BILD will also genau von den wirklichen Ursachen im System
ablenken. BILD „kämpft“ nicht „für Dich“, sondern für den Erhalt eines
Systems, dass systematisch immer wieder Korruption hervorbringt, für
ein System, dass auf Ausbeutung und der Herrschaft einer kleinen
Kapitalistenschicht beruht. Die Kapitaleigner von BILD gehören zu
dieser Schicht. Kein Wunder, dass sie in ihrer Zeitung ihre Interessen
vertreten. Deshalb „kämpft BILD“ nicht „für Dich“, sondern BILD kämpft
für das Kapital und missbraucht den berechtigten Unmut der Menschen, um
ihn für den Erhalt dieses Systems zu nutzen.