Seit den offenen Kämpfen und
Gefechten im April 2004 in Falludscha und Nadschaf, seit dem Bekannt werden der
systematischen Folter durch US-„Spezial“einheiten, spätestens nach der
weitgehenden Zerstörung der Großstadt Falludscha und der Vertreibung von ca.
250.000 Einwohnern dürfte jedem einigermaßen Interessierten klar geworden sein,
dass das Besatzerregime in der zweiten Phase des Irakkrieges seinen „Job“
erledigen will, nämlich die Pax Americana durchzusetzen. Friedhofsruhe soll in
der geostrategisch so wichtigen Ölregion herrschen, Sicherheit für die
Geschäfte des Kapitals und der Businessmen. Die über 100.000 Toten reichen für
diesen Friedhof noch nicht aus. Die „Koalition der Willigen“, etwa 30 Staaten,
die mit ihren Truppen im Irak stehen, ist zu einer Koalition der Wackligen
geworden. Einer nach dem Anderen will von der Fahne gehen und sich aus dem
Schlamassel retten, in die die USA sich und ihre Söldner geführt haben.
Der Verlust von ca. 1.400
Soldaten, die psychische Traumatisierung von bislang etwa 200.000
Armeeangehörigen (laut Süddeutsche Zeitung), die gewaltigen Kosten des Krieges,
der rapide Verlust an Ansehen auf internationaler Ebene und die innenpolitischen
Risiken haben zur Politik der Irakisierung des Krieges geführt.
Bereits 2003 wurde ein
provisorischer Regierungsrat von den US-Verwaltern installiert. Die Mitglieder
dieses Rats wurden handverlesen. Ein Mitglied der Regierung Tschalabi – gesucht wegen Geldfälscherei – war der
60jährige Generalsekretär der „Kommunistischen“ Partei Iraks, Hamid Madschid
Mussa. Er gab dem Spiegel im Herbst 2003 ein Interview. Daraus einige Zitate:
Mussa: „…Übrigens handelt es sich bei den Anschlägen um die Folgen von bösen
Fehlentscheidungen der Amerikaner“ Spiegel: „Welche?“ Mussa: „US-Chefverwalter
Paul Bremer, der die Geschicke des Irak in der Hand hält, hat den unsinnigen
Befehl erteilt, die gesamten irakischen Streitkräfte aufzulösen. Da es eine
Million Angehörige von Armee und Sicherheitsdiensten gab und ein
irakischer Haushalt aus durchschnittlich fünf Personen besteht, hat Bremer mit
einem Federstrich über 5 Millionen Iraker brotlos gemacht…“ Und weiter:
Spiegel: „Washington verlangt von den arabischen Ländern, der UNO und Europa
mehr Engagement, auch militärisch.“ Mussa: „ Gut so, unser
Vorbild ist Europa, nicht Amerika. Im Irak leben Kurden und Araber,
Turkmenen und Nachkommen der Assyrer. Ein wahrhaft föderatives System, wie es
der EU zugrunde liegt, wäre die beste Zukunftsgarantie.“ Spiegel: „Was
passiert, wenn sich die Amerikaner den hohen Blutzoll im Irak nicht mehr
leisten und vorzeitig abziehen?“ Mussa: „ Das wäre das Fanal zum Chaos.“
Man sieht, dieser Chef der
Bruderpartei unter anderem auch der DKP beklagt die Auflösung des
Schergenapparats des Massenmörders Saddam Hussein, des Apparats, den er
„Sicherheitsdienst“ nennt. Welcher Sicherheit hat dieser riesige Krake gedient?
Doch dem blutigen Saddam-Regime, das unter anderem einen Interventionskrieg
gegen den Iran geführt hat, bei dem 1 Million Menschen umgekommen sind, das
tausende Kurden vergast hat und Zehntausende in den Kerkern verschwinden ließ.
Wie kann ein Kommunist, der angeblich gegen das Saddam-Regime gekämpft hat, die
Auflösung des brutalen Unterdrückungsapparats bejammern?
Die US-Amerikaner haben die
Klagen von Mussa und Konsorten erhört und haben mit Hilfe vor allem der
Bundesrepublik Deutschland Polizeieinheiten und neue Regimenter aufgestellt,
die von der neuen Regierung Allawi befehligt werden. Die erfahrenen
Geheimdienst-Leute und Agenten Saddams wurden schon längst dem CIA
eingegliedert, wie weiland Barbie, Gehlen und Co. Aus Gestapo und
Spionagedienst.
Auf Befehl der Amerikaner nahmen
Einheiten der Allawi-Regierung , die voll von der I“K“P unterstützt wird, an
der Erstürmung und Zerstörung Falludschas teil. An die 2.000 Kämpfer seien
dabei getötet worden, die Zahl der toten Zivilisten, die noch in der Stadt
geblieben waren, ist unbekannt.
Die Amerikaner schrecken nicht
davor zurück, irakische Söldner gegen ihre eigenen Landsleute zu hetzen. Sie
verweisen auf die Marionetten-Regierung Allawi. Ja, sie können sogar auf die
„Kommunisten“ zeigen, die im Gegensatz zu einer sunnitischen Partei das
Regierungsbündnis noch nicht verlassen haben. Sie können sich mit der
„demokratischen“ Regierung Allawi brüsten, die ja so liberal und progressiv
ist, dass sogar Marxisten darin mitarbeiten dürfen.
Als Marxisten-Leninisten können
wir nicht ruhig zusehen, wie unser eh schon ramponierter Ruf vor den arabischen
Massen und der internationalen Friedensbewegung in den Dreck gezogen wird.
Deswegen verurteilen wir
entschieden jede Unterstützung dieser Partei, wie sie von der Führung der DKP,
insbesondere ihrem Vorsitzenden Heinz Stehr, geboten wird. Wir begrüßen die
Kritik der Zeitung „Junge Welt“ an diesem Verhältnis und wollen die aufrechten
Kräfte in der DKP ermuntern, darauf zu dringen, die Beziehungen zu solchen
Schwesterparteien wie der I“K“P und zu solchen Brüdern wie Hamid Mussa
abzubrechen.
eni