Zwei
Volksabstimmungen sorgten in Bayern im November 2004 für Furore.
Am 21.11.2004
setzte sich die Initiative um den Alt-OB Georg Kronawitter (SPD) gegen das
Bündnis „München – Stadt mit Zukunft“ im Bürgerentscheid knapp durch. 101.678
Münchener unterstützten das Bürgerbegehren „Unser München“, das den Bau neuer
Hochhäuser auf 100 m begrenzt. Das Bündnis aus IHK, DGB, Stadtratsfraktionen
der SPD, CSU, FDP und Grünen unter Führung des OB Ude erhielt trotz massiven
materiellen Einsatzes 3.203 Stimmen (insgesamt 98.484) weniger und damit eine
herbe Niederlage.
Das Bürgerbegehren
wandte sich gegen „die Verschandelung Münchens durch Vierkantbolzen“ und Bürotürme angesichts riesiger Leerstände
von Büroflächen. Die engagierten BürgerInnen Münchens haben bei einer
Wahlbeteiligung von 21,9% dem gesamten Stadtrat eine kräftige „Watsch’n“
verpasst.
Das Bayernweite
Volksbegehren „Aus Liebe zum Wald“ ging mit 9,3% verloren. Innerhalb von
14 Tagen sollten sich 10% der Wahlberechtigten, d.h. ca. 920.000 BügerInnen in
den Ämtern eintragen, damit es zu einem Volksentscheid über die Forstreform
gekommen wäre. Dieses Ergebnis ist leider knapp an der hohen Hürde gescheitert.
Die Ursachen waren vielfältig. Zum einen war die Kampagne von Seiten des
Waldbündnisses unter Führung des Bund Naturschutz (BN) organisatorisch zu
schlecht vorbereitet, zum anderen gelang es der Regierung, die den Förstern
einen Maulkorb, ein Redeverbot verpasst hatte, das Bündnis des BN mit den
Forstbetriebsgesellschaften zu spalten. Diese hatten noch gemeinsam mit dem BN
im Dezember 2003 in München gegen die so genannte „Forstreform“ demonstriert,
waren dann aber mit der Aussicht auf Staatsgelder umgekippt, allen voran die Waldbarone, die
Grafen und Fürsten von und zu, die im Verband das Sagen haben und natürlich
auch das „richtige“ Parteibuch. Schlechte Eintragungszeiten in den kleinen
Gemeinden und Verbot der Werbung in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und
Fernsehanstalten durch den Bayrischen Verfassungsgerichtshof taten ihr Übriges.
Die Medien blieben weitgehend stumm, vor allem in der ersten Phase.
Die knappe
Niederlage war andrerseits doch ein großer Erfolg. Nach vier sang- und klanglos
verlorenen Volksentscheiden seit 1998, als der Senat abgeschafft wurde, konnte
wieder ein achtbares Ergebnis präsentiert werden. Hunderttausende BürgerInnen
sind wach geworden und werden dem Staat und der Regierung auf die Finger sehen.
Stoiber und
Co. wollen den Wald in eine Holzfabrik umwandeln, um Profite zu erwirtschaften.
In der zukünftigen Forstanstalt werden im Vorstand zwei Vertreter der
Wirtschaft sitzen. Sie werden darauf drängen, dass der hoch verschuldete Staat
seinen Wald verscherbelt. Daran sind die Waldbarone, die Sägereien und die
Holzwirtschaft interessiert.
Der Wald
bedeckt 30% der Fläche Bayerns, der Staatsforst 10%. Die Wälder besitzen eine
ungeheure ökologische und soziale Bedeutung. Dies wurde beim Volksbegehren
ansatzweise erkennbar und mobilisierte 854.178 BürgerInnen, den Weg in die
Ämter zu finden.
Der Wald, der
momentan in Skandinavien und Russland brutal und flächendeckend vernichtet
wird, ist für die Zukunft der
Menschheit von eminenter Bedeutung. Er muss und wird vergesellschaftet werden.
Er wird für seine Hege und Pflege allein in Bayern zehntausenden Menschen Arbeit
bieten.
Die Mitglieder
unserer Organisation haben sich nach Kräften an der Kampagne als Unterstützer und
Demokraten beteiligt. Wir haben die Flugblätter und Benachrichtigungskarten des
Bündnisses verteilt, waren an Ständen und haben bei Veranstaltungen auf die
Raffgier des Kapitals nach Wald und Wasser hingewiesen. Die Staatswälder sind
eigentlich Eigentum der Bevölkerung. Sie gehören nicht der Gruppe Stoiber, die
noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen ist. Ihre kapitalfreundlichen
und volksfeindlichen Gesetze und Maßnahmen stoßen auf immer stärkeren
Widerstand. Diesen gilt es zu unterstützen!
Wo aber waren
die Linken und ihre Organisationen in den letzten 15 Jahren, als die diversen
Volksbegehren gestartet wurden? Begonnen hatte es 1990 mit dem „Besseren
Müllkonzept“. Hinter dem verächtlichen
Schlagwort von „kleinbürgerlichen Bewegungen“ verbergen sich die
Intellektuellen, die Sektierer, die sich fernab vom Volk unter ihresgleichen
bewegen oder im Internet surfen.
Kleinbürgerliche
Bewegung: Das ist eine Verhöhnung von hunderttausenden ArbeiterInnen und
einfachen Menschen, die sich mittels Unterschrift auch registrieren ließen.
Sollen wir abwarten, bis sich die Faschisten engagieren?
Das
Bürgerbegehren in München wurde von Kapital, Regierung (Stadtrat) und DGB
einschließlich Verdi und GEW (?!) bekämpft.
Das
Volksbegehren „Aus Liebe zum Wald“
richtete sich politisch gegen Regierung, CSU, Bauernverband und die
Interessen des Kapitals.
Bürger- und
Volksbegehren sind eine hervorragende politische Schulung für die Menschen, die
Klassenkräfte zu erkennen – zu verstehen – wie sich diese Kräfte gruppieren.
Und dies ist wichtig im Hinblick auf die unvermeidlichen heftigen Konflikte der
nächsten Jahre.
eni