Die Montagsdemonstrationen haben die politische Landschaft in
Deutschland aufgemischt. Vieles ist in Bewegung geraten. Der Zorn, die
Enttäuschung über die Politik der Herrschenden ist nicht mehr nur
untergründig, sondern hat sich in Aktion umgewandelt. Das ist ein
erster, wichtiger Schritt für eine Neuformierung der Arbeiterbewegung.
Doch leider wird diese positive Entwicklung überschattet von
Gruppenkämpfen und Egoismen. So ist es nun zu der grotesken Situation
gekommen, dass die gute Idee, eine bundesweite Demonstration
durchzuführen, zum Spielball verschiedener Interessengruppen geworden
ist, die alle auf den fahrenden Zug aufsprangen, um sich als Lokführer
zu präsentieren. Keiner will Kohlen schaufeln, damit der Zug in Fahrt
kommt, aber an Lokführern herrscht auf einmal Überfluss.
Undurchschaubar und teilweise kurios sind die gegenseitigen Vorwürfe.
Auf der einen Seite steht die MLPD mit einigen
Montagsdemonstrationsinitiativen, die für den 3. Oktober zu einem
Sternmarsch nach Berlin aufruft. Auf der anderen Seite stehen PDS,
attac und linke Gewerkschaftskreise, die für den 2. Oktober nach Berlin
rufen. Jeder behauptet, die Mehrheit der
Montagsdemonstrations-Initiativen hinter sich zu haben.
Inhaltlicher Kern der Differenzen ist wohl, dass die MLPD auf der
Forderung „Weg mit Hartz IV! Das Volk sind wir!“ besteht, während die
andere Seite eine zentrale Forderung wählt, die offen lässt, ob man
Hartz IV ganz weg haben oder nur Verbesserungen erreichen will. Damit
wird deutlich nach den Gewerkschaftsspitzen geschielt, deren
Unterstützung man offensichtlich gewinnen will, obwohl diese schon
lange ihre Beteiligung am Kampf gegen Hartz IV abgelehnt haben.
Für uns ist klar, dass wir wie die MLPD fordern: Weg mit Hartz IV! Im
Gegensatz zur MLPD halten wir dies aber für keinen guten Grund, die
bundesweite Demonstration zu spalten. Im Gegenteil! Die bundesweite
Demonstration gehört allen, die gemeinsam gegen Hartz IV kämpfen
wollen. Wie weit sie gehen wollen, das ist jedem und jeder
Organisation, Initiative usw. selbst überlassen. Für politische
Forderungen kann man nur durch Überzeugung gewinnen, nicht durch
Spaltung! Das gilt genauso für die andere Seite! Niemand hat das Recht,
anderen eine „zentrale Parole“ aufzuzwingen. Auf einer gemeinsamen
Demonstration soll jeder seine Ansichten frei vertreten und dafür
werben können! Die Redner müssen das gesamte Spektrum der Bewegung
repräsentieren.
Jedem politisch denkenden Menschen sollte eigentlich klar sein, dass
über den Erfolg der Bewegung gegen Hartz IV sowieso nicht die diversen
Gruppierungen mit ihren Parolen und ihrem Machtkampf entscheiden,
sondern die Masse der Menschen, die an diesem Kampf teilnehmen und sich
engagieren. Niemand kann im Voraus sagen, wie dieser Kampf ausgeht, ob
es nur einen Teilerfolg geben wird oder ob es gelingt, Hartz IV
vollständig zu Fall zu bringen. Noch ist alles möglich. Mit einer
Spaltung aber werden die Chancen für die Mobilisierung der Menschen
drastisch verringert und damit auch die Erfolgsaussichten. Wer also,
wie die MLPD es derzeit tut, mit einer weitgehenden Parole eine
Spaltung begründet, schadet damit objektiv der Durchsetzung der eigenen
Parole. Wer den Kampf gleich zu Anfang beschneiden will, wie es die
andere Seite tut, schadet dem Kampf ebenso.
Wir fordern deshalb im Interesse des Kampfes gegen Hartz IV, der
tausendmal wichtiger als die Gruppenegoismen ist, dass die Spaltung
umgehend beseitigt und für eine gemeinsame Demonstration mobilisiert
wird!
Für uns ist mit der bisherigen Spaltung eine schwierige Lage
entstanden. Wir werden konsequent unsere politische Meinung sowohl
bezüglich der Ziele als auch der Methoden, die die Bewegung haben
sollte, vertreten.
Solange keine Einigung erzielt ist, werden wir unsere Kräfte auf die
Demonstration am 2.10 konzentrieren, da daran voraussichtlich die
meisten Menschen teilnehmen und dort die Vertretung der offensiven
Forderung „Weg mit Harzt IV!“ am nötigsten ist. Wir wollen nicht, wie
die MLPD es offensichtlich tut, die aktivsten Kräfte von den Menschen,
die teilweise noch Illusionen haben, trennen und isolieren. Diese
Politik halten wir für sektiererisch. Wir werden allerdings, so weit es
unsere Kräfte erlauben, an der Demonstration am 3.10. teilnehmen und
dort für unsere Position und die Einheit der Aktion eintreten.
ernst
Antwort zum Artikel zur Berliner Montagsdemo:
Sorry, Leute ihr seid echt nicht auf dem Stand der Dinge. Länger im Urlaub gewesen oder so?
Dafür das ihr in den letzten Wochen einiges verpasst habt, redet ihr recht munter drauflos.
a) Der 3. ist zuerst ein Wunsch aus dem Osten. Weil das der „Tag
der deutschen Einheit“ ist, wo das Volk gerne mal SEINE Vorstellungen
darlegen möchte, gegen diese kaputte Herschaft des Kapitals. Das ist
erstmal das wichtigste warum wir z.B. am 3.10. fahren.
Und, stell dir vor, wir haben nichts gegen die, die am 2. fahren
wollen. Im Gegenteil, unser Wunsch ist es das Berlin an beiden Tagen
dicht ist !
Euer „Argument“ für den 2. ist, das da wohl mehr Menschen wären. Ist
nicht gerade viel als Entscheidungsgrundlage für eine kommunistische
Gruppe…..
Ich könnte noch einiges mehr anführen, das wird jetzt jedoch zu viel. Stehe gerne weiter zur Verfügung.
Reiht euch bitte nicht aus den von euch selbst kritisierten „Spielchen“
in der Bewegung in die Reihe der unreflektierten MLPD-Verteufler.
Bitte, bitte mehr Sorgfalt !!!
Bekanntlich spaltet der Klassenfeind und nicht die Aktivisten vor Ort.
Also sucht woher die Spaltung wirklich kommt und b) wie ist die Spaltung zu überwinden ? Tragt aktiv dazu bei.
Der Artikel geht über weite Strecken weit an der Realität vorbei. Leider.
Woher euer Pessimismus ?
Warum nicht getrennt maschieren und vereint schlagen ?????????
Andreas from Allgäu
Hallo Freunde,
hier noch ein Fortsetzung meiner Kritik zu eurer Stellungnahme „Berlindemo“.
Die Parole: Hartz muss weg. Bei uns vor Ort, Kempten, habe ich bisher
niemanden gehört, der mit Nachbesserungen o.ä. zufrieden wäre. Diese
Grundhaltung ist in der ganzen Montagsbewegung die weit überwiegende
Stimmung. Auf verschiedenen Fotos ist zu sehen, das oft PDS-Leute mit
Absicht die alten Plakate Weg mit Hartz tragen. Also ist diese
Grundsatzfrage nicht sektiererisch, sondern man fällt weit hinter das
Bewusstsein der Aktivisten zurück, wenn man darauf verzichtet.
Das entspricht nicht der Taktik von Kommunisten.
Lasst uns hart in der Sache diskutieren, seien wir sparsam mit direkten
Angriffen. Das ist ein Punkt in dem ich auch die MLPD bitte, sparsamer
mit persöhnlichen Abgriffen zu sein. Ich verfolge die
Diskussionen sehr intensiv und habe den Eindruck das eine Tendenz da
ist, ernster und sachlicher zu diskutieren. Das muss unbedingt
verstärkt werden. Euer Artikel ist da zumindest im Ton schon
verträglich, aber inhaltlich, sachlich bleibe ich bei meinen
Kritikpunkten.
Das Thema „Tag der deutschen Einheit“ am Sonntag, 3., berührt ihr leider gar nicht, ist aber ein zentraler Punkt.
Keiner beansprucht die Mehrheit der Montagsdemos „hinter sich“ zu
haben. Auch die MLPD nicht. Das ist eine falsche Interpretation der
Berichte.
Nur, und das ist der Unterschied, die MLPD und viele andere stehen
dafür ein, das nur ein Gremium der MoDemos selber (!), nicht aber eine
Versammlung von Organisationen, Gruppen oder was auch immer für die
MoBewegung spechen darf. Das sehen attac, PDS – Spitzen u.a.
offensichtlich anders. Sie wollen Stellvertreterpolitik. Dagegen steht
die neue Qualität der MoAktionen, das die Menschen selber für ihre
Sache einstehen.
Die Versammlung 28.8. hat z.B. immerhin 66 Städte vertreten. Das ist nicht die Mehrheit – aber die einzig legitime Form.
Die Versammlungen 28.8. Berlin und 11.9. Leibzig waren zum
weitaus überwiegenden Teil eben nicht von Montagsgruppen vor Ort
delegiert.
Spätestens der Polizeiüberfall auf die Montagsdemonstrierer in Berlin
am 20.9. in Berlin sollte klarstellen wo die Grenzen laufen. Oder ?
Eben nicht zwischen MLPD und Montagsdemonstranten, sondern zwischen der
ganzen Montagsbewegung und dem Kapital, seinem Staatsapparat und einer
Handvoll Schergen die spalten WOLLEN.
Nur z.B. kamen am Montag Teilnehmer unserer Demo vor Ort von der
„Frankfurter Konferenz“, die wir sehr schätzen, die wohl mehrheitlich
für den 2. gestimmt hat. Was ihr gutes Recht ist. Nicht jedoch die
Behauptung. die Beführworter des 3.10. seien umgeschwenkt, hätten ihre
Demo abgeblasen. So ist das bei uns am letzten Montag weiter gegeben
worden ! DAS ist tatsächlich eine bewusste Lüge um die Leute zu
spalten und zu demoralisieren. So etwas wird gezielt von profesionellen
Spaltern in die Welt gesetzt. Wie schon bei der 11.9. Konferenz, wo im
Vorfeld so getan wurde, als wäre es ein gemeinsames Treffen der beiden
Konferenzen vom 28.8. Was nicht so war. (s.o.)
Beteiligt euch nicht an diesem schmutzigen Spiel, Mit der Kritik an der
MLPD ist zu 95% gar nicht diese Partei gemeint, sondern etwas ganz
andreres …….
Wir alle lernen sehr viel in diesem Kampf.
Solidarische Grüsse, Andreas aus Kempten (parteilos !!!)
Lieber Freund,
vielen Dank für Deinen Beitrag. Wir können Dir allerdings bei Deiner
Argumentation nicht folgen. Du schreibst, dass die Beschlüsse für die
zentrale Demonstration demokratisch legitimiert sein müssten. Aber
keine der beiden Versammlungen, weder die in Leipzig, auf der die MLPD
die Richtung bestimmte, noch die in Berlin, wo PDS und linke
Gewerkschafter den Ton angaben, war dies nach unserer Meinung. Dazu
waren beide Versammlungen sehr kurzfristig und ohne reale Beteiligung
der Massenbewegung einberufen. Nach unserem Wissen waren auf beiden
Treffen nicht die gesamte Bewegung vertreten, sondern nur die
jeweiligen Teile, die mit der betreffenden politischen Richtung
sympathisierten und einige wirklich Unorganisierte, die jeweils nicht
durchschauten, welches Spiel da gespielt wurde. Wie soll überhaupt bei
so einer spontanen Massenbewegung wie den Montagsdemonstrationen, deren
Zusammensetzung von Woche zu Woche anders ist, eine „demokratische“
Vertretung aussehen? Ist es wirklich demokratisch, wenn der, der vor
Ort die jeweils meisten seiner Anhänger auf Vorbereitungstreffen
mobilisiert, dort auch die Führung und Vertretung verdient hat? In
Stuttgart hat die MLPD so die „Führung“ erobert, obwohl sie auf den
Montagsdemonstrationen einen zwar beträchtlichen Teil, aber eben eine
Minderheit darstellt. Können da nicht mit Fug und Recht die PDS, die im
Osten in vielen Städten die Organisation der Montagsdemonstrationen
übernommen hat, oder der DGB, der beispielsweise in Stralsund und
anderen Städten der offizielle Organisator ist, für sich beanspruchen,
diese Bewegung zu „führen“. Gerade darin liegt das Abstoßende und
Lächerliche, dass jetzt verschiedene politische Kräfte, die mit der
Entstehung der ursprünglich spontanen Bewegung nichts zu tun haben,
deren Führung für sich beanspruchen. Die überwiegende Zahl der
Unorganisierten, die das Rückgrat dieser Bewegung sind, spielen
offensichtlich wie immer nur eine Statistenrolle für die verschiedenen
Gruppen und ihre Machtansprüche.
Dabei sollte es wirklichen Vertretern der Massen um die Sache gehe,
darum dass Hartz IV möglichst verhindert oder wenigstens den
Herrschenden noch einige Zugeständnisse abgetrotzt werden. Was erreicht
wird, hängt allein von der Stärke der Bewegung ab. Eine gemeinsame
Demonstration wäre ein Ausdruck der Stärke! Dazu wären zunächst einmal
nur eine Einigung auf einen gemeinsamen Ort und Termin nötig gewesen.
Gut wäre vor Ort auch eine gemeinsame Kundgebung mit einem möglichst
breiten Kreis von Rednern, die die unterschiedlichen politischen
Richtungen repräsentieren. Wenn so was nicht möglich ist, wäre selbst
eine gemeinsame Demonstration mit zwei oder gar drei verschiedenen
Abschlußkundgebungen besser als eine getrennte Demonstration.
Die jetzige Spaltung kommt den Herrschenden gerade Recht. Warum glaubst
Du wohl, wurden Monika Gärtner-Engel, der Frau des MLPD-Führers Stefan
Engel, in der Tagesschau zur Hauptsendezeit 2-3 Minuten gewährt, um vor
einem Millionenpublikum diese Spaltung zu rechtfertigen? Wußten die
Chefredakteure der Tagesschau nicht, was sie taten? War das ein Triumph
der MLPD über die manipulierten Medien? Oder wurde die MLPD selbst von
den Medien benutzt, um die Bewegung zu manipulieren? Ganz
offensichtlich war das Letztere der Fall! Denn die Herrschenden
brauchten diese Spaltung dringend, um diese spontane Bewegung zu
schwächen und zu demoralisieren.
Wir würden uns freuen, wenn die beteiligten politischen Kräfte und auch
Du diese Entwicklung selbstkritisch betrachten und sich für Einheit
einsetzen würden.
Solidarische Grüße
dm