Wie
bereits im März von der zuständigen Richterin angekündigt, gab es für die
Angeklagten im spektakulärsten Wirtschaftsprozess in der Geschichte der BRD
beim Landgericht Düsseldorf Freisprüche.
Wie
mehrfach in unserer Zeitung berichtet, hatten die sechs Angeklagten die 180
Milliarden Euro teuere Übernahme von Mannesmann durch Vodafone Anfang 2000
genutzt, um Managern und Ex-Vorständen des Unternehmens Zahlungen in Höhe von
60 Millionen Euro zufließen zu lassen.
Esser,
der damalige Mannesmann-Chef erhielt z.B. 15 Mio. Euro als Bonus neben 15 Mio.
Euro Abfindung nach nur neunmonatiger Vorstandstätigkeit bei einem stattlichen
Millionen-Jahresgehalt. Die 15 Mio. Euro Abfindung waren „rechtens“ und standen
im Prozess nicht zur Debatte.
Der
Vorsitzende des Aufsichtsrats, Funk, vormals Mannesmann-Boss, bediente sich
selbst mit 6 Mio. DM. Diese Summe war länger unklar, bis Esser den
Vodafone-Chef Chris Gent fragte: „Soll Funk 9 Mio., 6 Mio. oder 3 Mio. DM bekommen?“ Wobei Gent im Vorbeigehen sagte: „Gebt
ihm 6 Mio., fertig“.
Funk
war am stärksten in der Bredouille, da er sich als Aufsichtsratsvorsitzender am
schamlosesten und offenkundigsten für längst verjährte „Verdienste“ bediente.
Interessant ist, dass die Gehälter und „Bezüge“ der Manager und auch diese
Prämien nicht vom Gesamtaufsichtsrat ausgeschüttet wurden, sondern vom
Präsidium des Aufsichtsrats, das aus 4 Personen bestand. In diesem „Kabinett“,
in dieser Dunkelkammer, saßen der Aufsichtsratsvorsitzende Funk, der Vertreter
der Deutschen Bank, ihr jetziger Boss Ackermann, der damalige Vorsitzende der
IGM, unser allseits bekannter Klaus Zwickel, Abwürger des Streiks für die
35-Stunden-Woche im Osten, und der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats, Ladberg.
Letzterer war an der entscheidenden Sitzung wegen Krankheit verhindert. Zwickel
war ebenfalls nicht anwesend, wurde aber telefonisch instruiert. Unter dem
eilig angefertigten Protokoll der Sitzung standen nur die Namen von Funk und
Ackermann, die alles in Zusammenarbeit mit Esser in die Wege geleitet hatten.
Laut Staatsanwaltschaft war Esser die treibende Kraft in diesem Spiel.
Das
schlampige Protokoll, auf Kondolenzpapier angefertigt, versehen mit „gez.
Zwickel“ – ohne Unterschrift – fiel der Sekretärin auf, welche die Gelder
zuweist. Sie wies die Wirtschaftsprüfer auf das eigentümliche Dokument hin und
brachte so den Stein ins Rollen.
Nach
Eingang einer Strafanzeige im März 2000 lehnte der Düsseldorfer
Oberstaatsanwalt Sallmann ein Ermittlungsverfahren ab. Diese, gelinde gesagt,
Nachlässigkeit, wurde von den Verteidigern weidlich ausgenutzt. Sie stützten
sich wiederholt auf die damalige Begründung für die Niederschlagung eines
Prozesses. Dieser kam dann doch noch zustande dank der intensiven Bemühungen
eines Stuttgarter Anwaltsbüros.
Nun
zu Zwickel und den Gewerkschaften: Zwickel spielte im Prozess den Trottel. Bei
der formal entscheidenden Präsidiumssitzung, zu der er telephonisch
zugeschaltet wurde, gab er seine Zustimmung mit der Aussage, es handle sich
zwar um sehr viel Geld, er habe aber damit letztlich kein Problem. Zur
Entschuldigung Zwickels sei gesagt, dass es die Linie und Praxis der
Gewerkschaften ist, sich bei der Frage der Vorstandsgehälter der Stimme zu
enthalten.
Die
entscheidenden Dinge werden beim Finanzkapital in einem exklusiven Zirkel
einiger Dutzender „Heroen“ beschlossen. Auch der Vorstand von Mannesmann wusste
nichts von den Prämien. Prinz von Sayn-Wittgenstein-Berleburg, einer der
Vorständler, sagte vor Gericht, er habe erst aus der „Bild-Zeitung“ von der
Prämie an den Vorstandschef Esser erfahren. Die Schlagzeile lautete damals: „60
Mio. – Und tschüss.“
Der
Prinz wusste auch nicht, dass der Vorschlag zur Esser-Prämie vom Mannesmann
Großaktionär Hutchinson Whampoa kam. Der Chinese Whampoa ist der größte
Aktionär Hongkongs und damit Chinas. Er war am Verkauf und der Übernahme durch
Vodafone interessiert.
Durch
die Abwehrschlacht gegen die feindliche Übernahme, die 400 Mio. DM kostete, vor
allem in Form einer Werbekampagne, „gelang es Esser“ den Wert der Aktien auf
360 Milliarden DM zu steigern. Auf Grund dieser Wertsteigerung nahmen sich die
Angeklagten das Recht, diese im internationalen Vergleich „bescheidenen
Prämien“ auszuschütten bzw. zu kassieren.
Whampoa
hatte rasch nach Einigung große Aktienpakete verkauft und einen unglaublichen
Gewinn erzielt. Die Aktien fielen natürlich deswegen ebenso rasch. Vodafone
erlitt in seiner Bilanz einen Buchverlust von 50 Milliarden Euro. Dieser soll
nun gegen die Gewinne verrechnet werden. Das heißt: Vodafone wird auf lange
Sicht keine Steuern mehr zahlen.
Die
ganze „Übernahmeschlacht“ zwischen Mannesmann und Vodafone war ein reines
Scheingefecht, um die Aktienkurse in die Höhe zu treiben.
Die
größte Übernahme aller Zeiten – ein gigantischer Schwindel! Hinter den
raffgierigen Managern steht das raffgierige Finanzkapital, das in
abenteuerlicher, krimineller Weise den globalen Aktien- und Finanzmarkt in eine
Spielhölle verwandelt hat.
Es
wäre doch gelacht, wenn es nicht gelänge, den Geldmarkt ins absolute Chaos zu
stürzen.
eni