Die im Artikel „Das Kapital wird immer Dreister…“ geschilderten
Vorgänge bei Autocoro/Schlafhorst kann man gar nicht ernst genug
nehmen. Es ist allerdings nicht der erste betriebliche Angriff auf die
Gewerkschafts- und Betriebsratsrechte.
Bei Autocoro aber ist die Dreistigkeit, mit der sogar die Zustimmung
einer Belegschaft zu einem Arbeitsplatzabbau erpresst wird, bestechend,
zugleich aber auch die Parallele zu den von der CDU/FDP-Opposition
lancierten Angriffen auf die Tarifautonomie.
Die Opposition will erreichen:
- Die Streichung der Günstigkeitsklausel aus §4 Abs.3
Tarifvertragsgesetz! Diese Bestimmung verbietet es Betriebsräten,
Betriebsvereinbarungen abzuschließen, die geltende Tarifvertragsregeln
zu Ungunsten der Beschäftigten verschlechtern. Die CDU- und FDP
Demagogie: Sie wollen dem Betriebsrat scheinbar da mehr Rechte geben,
wo heute ein Verbot herrscht. „Verbot ist uncool!„ Betriebsräte sollen
deshalb auch „im Interesse der Arbeitsplätze„ tarifliche Regeln
verschlechtern dürfen, was sie heute nicht dürfen. In Wirklichkeit aber
wird dem Betriebsrat ein Recht aus der Hand geschlagen: nämlich das,
sich zu verweigern. Er wird der offenen Erpressung ausgeliefert. Siehe
Schlafhorst: „Weg mit der 35-Stundenwoche, her mit der 40-Stundenwoche
bei schlechterer Bezahlung!“ - Analog soll aus § 77 Abs.3 Betriebsverfassungsgesetz das Verbot
für Betriebsräte hinausgeworfen werden, Betriebsvereinbarungen über
Dinge abzuschließen, die in Tarifverträgen geregelt sind. Wieder ein
Scheinzuwachs an Rechten, der in Wirklichkeit nichts als offene
Erpressbarkeit der Betriebsräte schafft. Kümmert euch nicht um den
ganzen Tarifscheiß, jetzt machen „wir hier im Betrieb„, was „für die
Arbeitsplätze nötig ist“. Siehe Autocoro/Schlafhorst. - Und man will – Schlafhorst/Autocoro lässt wieder grüßen! – per
Gesetz die Belegschaftsabstimmung einführen. Wenn der Betriebsrat sich
immer noch nicht erpressen lässt, soll die Belegschaft „in freier,
geheimer Wahl„ diesem Beine machen können. Wieder ein „Recht„, das so
schön „demokratisch„ daher zu kommen scheint. In Wirklichkeit soll
notfalls der Kollege bzw. die Kollegin selbst ihrer Schlechterstellung
zustimmen. Hier ist der Autocoro-Vorgang deshalb so aussagekräftig,
eben weil es um eine drastische Verschlechterung geht.
Nach gewonnener Abstimmung will nun die Geschäftleitung von
Autocoro mit der IG Metall verhandeln. Nun soll die IG Metall
ihre tarifpolitische Niederlage auch noch unterschreiben. Ihre
Entmachtung zumindest in diesem Betrieb!
Der Augenblick des Roll-Back scheint gekommen. Das Kapital mobilisiert
gegen die Gewerkschaft. Und so ist das auch bei der Opposition gemeint!
Seit Wochen hasserfüllte Angriffe der Merz und Westerwelle auf die
gewerkschaftlich organisierten Kolleg/innen. Sie seien eine Landplage
und ähnliche Hetze mehr! Folgerichtig zielen diese Schüsse eben auch
auf sie. Tarifautonomie? Weg damit! Thatcher lässt grüßen! Und die
Verfassungsdebatte? Wie zitierte ARBEIT ZUKUNFT Nr. 3 den Spiegel zu
möglichen Verfassungsänderungen?
„Die Tarifautonomie von Gewerkschaften und Unternehmerverbänden kann
nicht vorbehaltlos gewährleistet bleiben. Regierung oder Parlament muss
die Möglichkeit bekommen, gegen maßlose Abschlüsse ein Veto
einzulegen.„(Spiegel 22/2003, S. 66).
Bis heute nehmen die „offizielle Gewerkschaft“, aber auch die
Gewerkschaftslinken nicht wahr, wie breit und grundlegend die
Bourgeoisie gegen unsere Gewerkschaftsrechte konspiriert!
Den neuen Hebel will man gleich bei der Arbeitszeit ansetzen! Heute
beginnt das Kapital, die Früchte seiner jahrzehntelangen Strategie in
Sachen Arbeitszeit zu ernten. Heute sind zehntausende Betriebe bzw.
Belegschaften in zehntausende Arbeitszeitmodelle gespalten und
zersplittert. Keiner weiß, wie der Nachbarbetrieb seine Arbeitszeit
organisiert und geregelt hat: Hier Langzeitkonten, dort
Flexi-Regelungen, da reine 7-Stundentage, wieder woanders
Freischichtenregelungen und und und…In der Arbeitszeit blickt mit
Verlaub keiner mehr durch. Nun wir immer deutlicher, dass das Kapital
dabei ist, diese für sie günstige Chaos so zu nutzen, dass das Roll
Back auf die 40 Stundenwoche ins Laufen kommt. Betrieb für Betrieb! Die
Krise der Gewerkschaften ist da sehr hilfreich!
Diese Lage ist keine Kleinigkeit! Die Gefahr ist real, dass diese
Forderungen der Opposition schon bei den Verhandlungen über Schröders
Sozialabbau im Vermittlungsausschuss auf den Tisch kommen! Ihre Taktik:
Zustimmung der Opposition zu diesen oder jenen „Reformen„ nur unter der
Bedingung, dass Schröder den geschilderten Angriffen auf unsere Rechte
zustimmt!
Es ist zu befürchten, dass Schröders Rot-Grün sich für unsere Rechte
noch nicht einmal so viel interessiert wie für das Schwarze unter den
Fingernägeln!
Deshalb geht dieser Kampf genauso gegen Rot-Grün wie gegen die Rechten!
Wenn Porsche-Kollegen schon darum kämpfen müssen, dass die
IG-Metall-Führer eine solche Kritik an ROT-Grün in der Betriebszeitung
zulassen, zeigt das nur, wie gefährlich die Lage ist.
Aber die Kolleg/innen sind keineswegs wehrlos! In den letzten Wochen
gab es heftige Protestaktionen in Betrieben gegen die Pläne der
Opposition und Schröders Politik. Hier Beispiele:
- Porsche Zuffenhausen: Streik von über 1.000 Beschäftigten am 7.10.2003 gegen Sozialabbau, für den Erhalt der Tarifautonomie.
- Bosch Stuttgart: Streik von über 1.500 Beschäftigten am 8.10.2003 gegen Sozialabbau, für den Erhalt der Tarifautonomie.
- Daimler/Chrysler Stuttgart: Streik von über 1.800 Beschäftigten
am 8.10.2003 für den Erhalt der Tarifautonomie und gegen
Sozialabbau. - DaimlerChrysler Sindelfingen, ca. 10.000 Beschäftigte, am
9.10.2003 für den Erhalt der Tarifautonomie und gegen Sozialabbau. Es
spricht Gesamtbetriebsratsvorsitzender Erich Klemm. - Daimler/Chrysler Mettingen: In der vorletzten September-Woche
legten einige Hundert Arbeiter von Daimler/Chrysler Mettingen gegen
geplante Verlagerungen die Arbeit nieder. - BMW Regensburg: Ebenfalls in der vorletzten September-Woche
protestierten über 2.000 Arbeiter von BMW in Regensburg während der
Mittagspause gegen weitere Flexibilisierungen der Arbeitszeit. Sie
zogen vor das Vorstandsgebäude, in dem der gesammelte Vorstand tagte
und erreichten die sofortige Zurücknahme der geplanten
Verschlechterung. (Quelle: Labournet/Stuttgarter Zeitung)
Es ist klar, dass sich in diesen Aktionen in kampfstarken Belegschaften
auch die Sorge der offiziellen IG-Metallbetriebsräte um ihre eigenen
Rechte und Handlungsmöglichkeiten widerspiegelt. Aber es darf kein
Zweifel bestehen, dass der Angriff auf die Rechte der Gewerkschaften
wie der Betriebsräte immer Angriffe auf die Rechte aller Kolleg/innen
sind. Deshalb ist dieser Kampf, so wie er ist, wichtig und muss
unterstützt werden!
Diesem Beispiel müssen sich alle anschließen!
Alle Gemeinsam gegen Sozialabbau und Rechteklau!